Testspiele - Saison 1908/1909 - 1. Spieltag - Sonntag 30.08.1908  - 16:45 Uhr
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Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Riechert – M. Breuer, Emunds – J. Boeven, Roolf, Essers – Wolff, Leussler, Sowden, J. Wesché, H. Wollgarten

FC Dordrecht: Beuwkes – P. Koopman, van der Pol – H. Koopman, A. Kleyn, Gonzalves – Beschop, C. Kleyn, F. Koopman, Bouvy, Spaan

Tore

0:1, 0:2, 0:3, 0:4, 1:4 Wesché, 2:4 Sowden, 2:5 Koopman

Schiedsrichter:

Commer (Alemannia)

Zuschauer:

1.000 (auf dem Sportplatz Tivoli)

Besondere Vorkommnisse:

weitere Tore für Dordrecht: u.a. Bouvy (2)

30.8.1908: Alemannia Aachen - Dordrechter FC 2:5

Zur Eröffnung der Fussballsaison 1908/09 hatte sich unsere I. den Dordrecht'sche F.C., dem sie in der vorigen Saison mit 3:1 in Dordrecht bezw. 2:1 in Aachen unterlegen war, als Gegner auserkoren.

Die Holländer, mit denen wir seit den Spielen im vorigen Jahre recht herzliche Beziehungen unterhalten, trafen schon Samstag, den 29. August um 2:16 Nachm. hier ein, am Bahnhofe von einer Anzahl Alemannen herzlich begrüsst. Nach kurzer Erfrischung im Clubhôtel wurde ein Spaziergang durch die Stadt unternommen. Der Abend vereinigte die Gäste mit einer stattlichen Korona unserer Mitglieder beim Konzerte im Karlshaus, wo sich eine feuchtfröhliche Stimmung entwickelte. Mit Rücksicht auf das Spiel am anderen Tage trennte man sich früh.

Am Sonntag Vormittag besichtigten die Gäste einige Sehenswürdigkeiten unserer Stadt, u.a. das Rathaus. Wohl mancher von uns der an den vorhergehenden Tagen mit Besorgnis das Barometer beobachtet hatte, freute sich ob des schönen Wetters am Sonntagmorgen, um nachher um so enttäuschter im strömenden Regen nach Tivoli hinauszuwandern, wo sich inzwischen schon eine beträchtliche Zahl Zuschauer eingefunden hatten. Beim Spielbeginn, der infolge des Regens bis 4 3/4 Uhr hinausgeschoben wurde, waren etwa 1000 Personen anwesend

Der Spielplatz befand sich trotz des Wetters in tadellosem Zustande, von dem Grün des Rasens stach die rot-weisse Sportskleidung unserer Gäste wirkungsvoll ab. Nach einigen photographischen Aufnahmen, während denen Frau Sonne in voller Pracht die Wolken durchdrang, nahmen die Mannschaften folgende Aufstellung: [...]

Aachen hat Anstoss, verliert aber gleich den Ball und es beginnt ein interessantes lebhaftes Spiel. Die Dordrechter, deren Stürmer ein achtbares Tempo vorlegen, greifen wiederholt an, auch die Unsrigen, nicht minder schnell, statten dem feindlichen Tore mehrere Besuche ab. Hin und her wogt der Kampf und beide Verteidigungen haben mächtige Arbeit. Das Spiel bleibt meistens offen, es scheint zeitweise, als ob Alemannia das Spiel mehr auf Holland's Seite verlegen wollte. Die namentlich von rechts schön eingeleiteten Angriffe bleiben aber erfolglos, wohl auch deshalb, weil zu wenig oder zu schlecht geschossen wird. Inzwischen fallen aber auf unser Tor manche Prachtschüsse, die Riechert sehr gut hält, viele gehen auch neben oder pber die Stangen. Einigemal in gefährlichen Augenblicken rettet Riechert grossartig. Auch die Eckstösse, die beiderseits gegeben werden, bringen noch kein Tor, sodass man beim Stande 0:0 die Seiten wechselt.

Dordrecht spielt nun mit der Sonne im Rücken, jedoch anfangs bleibt das Spiel immer noch offen, die Angriffe beider Parteien scheitern meist schon bei den Läufern. Dordrecht's Stürmer lassen jedoch nicht nach, blitzschnell kombinierend setzen sie sich allmählich in unserer Hälfte fest, aber immer noch hält unsere Verteidigung, was zu halten ist. Endlich, 19 Minuten vor Schluss fällt aus einem Gedränge das erste Tor für Dordrecht, dem innerhalb 6 Minuten drei weitere folgen, Bombenschüsse von Bouvy, Dordrecht's bestem Stürmer. Zunächst scheint es, als ob unserer I. darob der Schreck in die Glieder gefahren wäre, aber der unermüdliche Leussler reisst immer wieder den Angriff vorwärts, er und Wolff bringen den Ball vor Dordrecht's Tor, letzterer centert knapp vor den Pfosten, Leussler und Sowden verfehlen den Ball und Wesché knallt ihn ins Netz. Die Spannung der Zuschauer löst sich in lauten Beifall, der jedoch auch den vorhergehenden Erfolgen Dordrecht's nicht versagt blieb. NAch dem Anstoss Dordrecht's haben unsere Stürmer gleich wieder den Ball. Wiederum zentert Wolff und Sowden, der gänzlich ungeschickt steht, stoppt, schiebt den Ball gemütlich einige Schritte vorwärts und verwandelt mühelos. Inzwischen ist das Spiel lebhafter geworden, Dordrecht ist noch ein Erfolg durch seinen Mittelstürmer beschieden, dem unsere I. trotz eifriger Arbeit nichts bis zum Schlusspfiff entgegensetzen kann.

Das Spiel war durchaus fair und spannend bis zum letzten Augenblick, wohl keiner von den Spielern und Zuschauern hätte erwartet, dass in den letzten 19 Minuten noch 7 Tore fielen. Dordrecht's Mannschaft ist schnell und ballsicher und spielte ausgeglichen. Die Stürmer kombinieren mehr nach den Flanken, jedoch ist der Angriff stets einheitlich. Einige der Dordrechter, z.B. der Torwächter, der Mittel- und der Linksinnenstürmer, die der holländischen Repräsentativ-Mannschaft angehören, ragten durch ihr Können gewaltig hervor, namentlich verfügt Bouvy über einen grossartigen Schuss; wie denn überhaupt die Holländer viel schossen. Auch der Mittelläufer war vorzüglich, der Rechtsaussen war Ersatz und stach von der Mannschaft sehr ab.

Bei uns ist viel zu loben aber auch viel zu tadeln. Ich hoffe, das unsere Stürmer den Holländern das Schiessen recht genau abgesehen haben, in der ersten Hälfte hätten 3 Tore sicher gesessen, aber das alte Übel  es wurde nicht geschossen. Sehr gut waren Wolff uns Leussler, die Seele unseres Angriffs, Bouvy's Schuss und Leusslers energisches Angreifen vereinigt, wäre das Ideal eines Stürmers, Wollgarten war zeitweise etwas träge, von Sowden hätte ich auch mehr erwartet, Joe befriedigte, alle drei müssen aber mit Wolff und Leussler mehr zusammengehen, die letzteren waren manchmal weit vor zum Schaden des Angriffs. Die Läufer befriedigten, Boeven war wohl der Beste, er spielt durchaus zuverlässig. Emunds müsste oft viel zeitiger angreifen. Breuer spielte in bekannt guter Manier. Riechert kann mit seinem Debut zufrieden sein, er hielt, was zu halten war, nur das letzte Tor hätte er vielleicht verhindern können. Er weiss namentlich die Lage zu erfassen und im rechten Augenblick einzugreifen, auch bringt er den Ball gut weg.

Die Zuschauer verhielten sich anerkennenswert, einige Zwischenrufe sind der Erregung zuzuschreiben. Karl Kommer leitete das Spiel sachlich und zur Zufriedenheit beider Parteien.

Am Abend hatten wir die Dordrechter zu einem Abendessen im Clublokal eingeladen, an dem auch etwa 30 Alemannen teilnahmen. Während des Essens begrüsste unser stellv. Vorsitzender Emunds die Gäste und gab der Hoffnung Ausdruck, dass die alten und herzlichen Beziehungen, durch das jetzige Beisammensein gekräftigt, weiter erhalten und gepflegt würden. Der Vertreter Dordrecht's erwiderte in gleichem Sinne. Es entwickelte sich eine echte Bierstimmung zu der allgemeine Lieder, sowie die Darbietungen unseres Soloquartetts, unter bewährter Leitung unseres Spielfreundes Süss, wesentlich beitrugen. Spielfreund Gilson bot ein mit Bravour geblasenes Pistonsolo und Geilenkirchen erfreute durch einige Lieder. Man blieb noch lange beisammen; wie ich höre, soll sich auch noch ein Nachtbummel in die Cafés angeschlossen haben.

Die Dordrechter haben sich, wie sie versicherten, sehr wohl in unserer Mitte gefühlt, ein Teil verliess uns am Montagnachmittag, die letzten blieben sogar noch bis Dienstag. Man trennte sich mit dem Wunsche: Auf Wiedersehen in Dordrecht am 27. September.

(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 18 / 16. September 1908)

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