Ligaklasse - Saison 1911/1912 - 9. Spieltag - Sonntag 26.11.1911  - 14:30 Uhr
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Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Hennes – Emunds, Riechert – X. Baurmann, J. Wesché, Janser – Vogeno, Löhr, H. Wollgarten, Cl. Baurmann, Altenkamp

Düsseldorf 1899: u.a. Prager (Tor) – Leak, Grass, Faßbender (zu neunt angetreten)

Tore

0:1, 1:1 Altenkamp, 2:1 Altenkamp, 3:1 Baurmann (90.)

Schiedsrichter:

Raffenberg (Köln)

Zuschauer:

(auf dem Sportplatz Tivoli)

Besondere Vorkommnisse:

Prager hält Elfmeter (nach dem 2:1)

26.11.1911: Alemannia Aachen - Düsseldorfer FC 1899 3:1

Gegen folgende Alemannia-Elf: [...] stellte Düsseldorf unverantwortlicher und sehr bezeichnender Weise ganze 9 Mann ins Feld.

Sagen wir es gleich, dass diese neun Vertreter der Stadt der Parterreakrobaten ihr Bestes taten und sich nett aus der Affaire zogen. Man möchte von moralischen Siegern sprechen, wenn dies Wort unter Fussballern nicht so abgedroschen wäre. Mit 9 Mann, 1:0 für, bei Halbzeit ist jedenfalls allerhand.

Sieht man ab von Joe, der unbestritten turmhoch über seinen sämtlichen Conspielern steht, und von Altenkamp, der ausgesprochen ungenügend war, was auch niemand bestreitet, so fiel mir bei der Alemanniamannschaft vom 26. November etwas auf, was schlimmer ist als alles andere: eine niederdrückende, abscheuliche Mittelmässigkeit. Spielt eine Elf schlecht, so kann sie sich ja bessern; ist sie gut, polykrates-mässig gut, so steht immer zu befürchten, dass das nicht lange dauern wird.

Die normale Fussballerseele muss nun mal immer etwas zu hoffen oder zu befürchten haben. – Aber vor so einem charakter- und hoffnungslosen Durchschnittskönnen, angesichts einer derartigen Farblosigkeit steht einfach das Herz still, so dass man weder zum Bangen noch zum Fürchten die Kraft hat.

Keiner von ihnen ist eigentlich schlecht und noch viel weniger gut zu nennen. Alle neun sind jenseits von Gut und Böse. Keiner, selbst der blutjunge Vogeno nicht, lässt Hoffnung auf Verbesserung aufkommen.

Der Fussballsommer Riecherts, Emunds' und Wollgartens ist längst vorbei. Das weiss man schon lange. Aber natürlich giebt es immer noch Leute, die so töricht sind, nach einem mehr oder minder verregneten Sommer auf einen schönen und sonnigen Spätherbst zu rechnen.

Janser ist ja recht brauchbar, eifrig und sehr aufmerksam. Zwei sehr hübsche Eigenschaften, die allerdings den Kohl nicht fett machen.

Von Clemens Baurmann und noch viel mehr von seinem Bruder Xaver weiss man bereits, dass sie nicht erfüllten und nie erfüllen werden, was sie einstmals versprachen. Dem Nachruhm Schlots kann weder der eine noch der andere gefährlich werden. Von Xaver sagt man ausserdem, dass er manchmal spontan sei. Diesmal war das nicht der Fall.

Löhr hat einiges Talent zum Durchbrechen, ist aber nicht imstande, sich die nötige Uebersicht über das Spiel zu bewahren.

Schliesslich dann noch die sog. Schwimm. Man hat soviel Gutes und Schönes von ihm berichtet, besonders aus Duisburg, dass ich nach der schwachen Betätigung, zu der ihn diesmal die Düsseldorfer zwangen, kein abschliessendes Urteil über ihn abgeben will. Ich muss jedoch bekennen, dass ich immer das Gefühl gehabt habe, dass sein Torwächterruhm hauptsächlich von den Leuten in die Welt gesetzt wurde, die in lobenswerter Herzensgüte ein Aequivalent für seine syntaktischen Sprachfehler suchte. Offen gestanden, ich halte ihn nicht für einen typischen, für einen geborenen Keeper. Seine "lichten Momente" sind fast durchweg Gewaltsachen. Aufopferndes Hinwerfen, mutiges, nicht ungeschicktes An-den-Mann-gehen. Es ist zu wenig Spiel in seinem Spiel. Als neuer Besen kehrt er vorläufig noch gut. Die Reaktion wird schon kommen, wenn er erst einmal warm geworden ist in der Ligamannschaft, wenn sein Können notorisch geworden, wenn seine Bewunderer alle Bälle, die er durchlassen wird, in Bausch und Bogen für unhaltbar erklären werden. (Jeder gute Torwächter erlebt eine derartige Periode von mehr oder minder langer Dauer). Dann sinkt allgemach das heilige Feuer, das ihm heute brennt, und seine normalen, natürlichen Fähigkeiten allein reichen eben nicht aus, für Ligaspiele wenigstens nicht.

Den Spielverlauf selbst will ich nur ganz kurz festlegen, denn es lohnt sich kaum, die gleichmässig uninteressanten Phasen des Spiels, das sich zu 9/10 in der Düsseldorfer Hälfte abspielte, festzuhalten.

Das Tor der Gegner fiel so ziemlich am Anfang der Spielzeit. Ein Elfmeter im Anschluss an eine bekannte, zwar harmlose aber unschöne Geste Emundsens. Wer kennt nicht das köstliche, behagliche, centrifugale Nachhaken "unseres lieben Veres", wenn ein Stürmer an ihm vorbei geht? Wer aber hat schon einmal erlebt, dass er damit etwas ausrichtete, von Strafstössen gegen Alemannia abgesehen. Die Bewegung ist übrigens auch garnicht utilitär gewollt. Es giebt Leute die dauernd mit den Augen zwinkern, auch wenn garnichts zu zwinkern ist. Andere wieder zucken mit den Mundwinkeln usw. usw. und kein Mensch weiss warum. Die Zwinkerer und Zucker am allerwenigsten. Nun wohl! Die einen zwinkern, die andern zucken und Veres hakt nach, hat immer gehakt und wird weiter haken, bis er ausgehakt hat.

Um zum Spiel zurückzukommen und zu schliessen, bestätige ich gerne, dass Alemannia zwar mässig spielte, aber auch allerlei Pech entwickelte. Ein halbes Dutzend totsicherer Kisten wurden nicht verwandelt, zwei davon dadurch, dass Wollgarten Löhr in die Füsse lief. Die zwei ersten Tore buchte Altenkamp aus kurzen Entfernungen, das dritte Cl. Baurmann mit langem flachen Schuss wenige Sekunden vor Schluss.

Bei Düsseldorf fiel der alte bewährte Leak dadurch auf, dass er nach den Jahren immer noch auf dem Posten ist. Grass ist weniger schnell als früher; jedenfalls hat er an Startvermögen eingebüsst. Der Platz war übrigens auch in schlechter Verfassung durch die vorhergehenden nassen Tage. (Eine Menge kleiner Löcher und Unebenheiten sollen beseitigt werden). Der beste Mann der Gegner war der Torwächter Prager. Ruhig, besonnen, kräftig und trickig ersparte er seiner Mannschaft eine böse Abfuhr und rettete wenigstens die Ehre. Raffenberg Köln war ein talentierter Schiedsrichter.

Also schön war das Spiel nicht, aber zwei Punkte hats doch gebracht, und das scheint der Hauptzweck der Uebung zu sein.

(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 23 / 1. Dezember 1911)

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