Ligaklasse - Saison 1909/1910 - 12. Spieltag - Sonntag 19.12.1909  - 14:30 Uhr
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Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Laumen – M. Breuer, Riechert – J. Boeven, Roolf, Essers – Wolff, T. Boeven, J. Wesché, H. Wollgarten, Rex

Duisburger SpV: u.a. Hoen (Tor) – Bonnmann, Ludewigs, Schilling, Fischer II

Tore

0:1, 0:2, 0:3 Schilling, 1:3 Riechert, 1:4 Fischer II, 1:5 Schilling, 1:6 Schilling, 1:7 Schilling, 1:8

Schiedsrichter:

Wahn

Zuschauer:

(auf dem Sportplatz Tivoli)

19.12.1909: Alemannia Aachen - Duisburger SpV 1:8

Ich stehe noch jetzt, nach den Freuden und Aufregungen des mit Recht so beliebten Weihnachtsfestes unter dem peinlichen Eindruck, den dieses lächerliche Resultat hervorrief. Man ermesse daran den grimmen Schmerz, den jeder echte Alemanne empfinden musste und die Wucht des Sturzes von der Höhe, auf die die beiden letzten guten Resultate die Erwartungen aller Parteigänger des Vereins gehoben hatte. Was nützt es, wenn man immer wieder betont, dass das Torverhältnis auch nicht entfernt die Spielstärke der Gegner ausdrückte. Semper aliquid haeret! Und das unvergängliche aliquid bei Fussballspielen, sind die nackten Resultate. Der etwas umfangreiche Rest wird naturgemäss bald schweigen.

Das allein schon vernichtet die Riechertsche These "3:1 oder 13:1 ist egal dieselbe Sache" die der "Vater des Gedankens" bei Beginn der 2. Hälfte an die Pfosten seines Tores schlug, um dann nach vorne zu geben (man weiss nicht recht ob in die Stürmer- oder Läuferreihe) mit der, gelinde gesagt, törichten Hoffnung, seinem Verein dadurch den Sieg zu geben. Ich möchte das nämlich zu seinem Besten annehmen, oder wollte er nur einer vorübergehenden Lust "mal zu stürmen" fröhnen? Eine andere Frage! Handelte Riechert im Einverständnis mit dem Spielführer?? (Ich vermeide mit Absicht den für Herrenmenschen, oder für solche, die es werden wollen, anstössigen Ausdruck "auf Anordnung"). Ich glaube kaum. Und das wäre das allerwesentlichste dieser Torheit, auf die ich hauptsächlich das abominable Resultat zurückführe und mit der sich die Leitung unseres Vereins noch zu beschäftigen haben wird. Ich spreche Riechert ein für alle mal den zum Spiel nötigen Ernst klar und bestimmt ab. Der event. Ausrede des Einbackspiels, das nebenher bemerkt den Duisburgen gegenüber ein kompletter Unsinn gewesen wäre, wollte man sich gefl. nicht bedienen. Denn es gingen systematisch entweder Essers oder J. Boeven zurück, je nachdem Breuer die linke oder rechte Flanke angriff. Das brachte eine heillose Verwirrung in die Aachener Mannschaft, ganz abgesehen davon dass Riechert vorne eher hinderte als unterstützte. Die 4 ersten Tore der 2. Hälfte setzte ich daher auf das persönliche Konto dieses desertierten Backs, wobei ich mir allerdings nicht verhehle, dass ihm das wahrscheinlich fürchterlich gleichgültig bleiben wird.

Ueber den Spielverlauf bemerke ich kurz, dass Duisburg unbestritten und fast durchweg überlegen war, vornehmlich durch das höchst energische, intelligente stets nach vorne drängende Spiel seiner Stürmer. Seine Verteidigung spielte sehr sicher und, im Gegensatz zu Läufer- und Stürmerreihe, auffallend fair, während diese sich stets äusserster Härte und Rücksichtslosigkeit, bisweilen sogar ganz gefährlicher Tricks befleissigten. Der Rechtsaussen war Ersatz für Hoen, der den Torwächter vertrat. Es fiel allgemein auf, dass die Gäste so häufig und so hübsch laut alles mögliche reklamierten, selbst als sie mit grossem Vorsprung führten und wenn gar kein Grund vorhanden war. Ich schliesse daraus auf eine für einen demnächstigen Verbandmeister sehr hässliche Gewohnheit.

Alemannia lieferte im Felde ein passables Spiel. Essers und J. Boeven hatten beide oft hervorragende Momente. Auch die Stürmer spielten in ihrer Art nicht übel. Aber diese Art, dieses bisweilen sehr geschickte Kombinieren im Zickzack, im Kreis, in ganz verteufelt schwierigen geometrischen Figuren, nach hinten, zur Seite, aber nur nicht oder doch nur sehr selten nach vorne ist ich werde verlegen so etwas selbstverständliches, banales wieder einmal sagen zu müssen grundfalsch und dient, wie man auch diesmal sehen konnte, zu gar nichts. Besonders bei fähigen Verteidigungen, gegen welche technisch schwächere aber zielbewusstere Stürmerreihen als die Alemannias, mitunter Erfolge erzielen, fällt die Unhaltbarkeit dieser Methode ins Auge, die dem Gegner genug Zeit lässt, wenn er will, seine ganze Mannschaft vor sein Tor zu ziehen.

Dass Wollgarten immer noch zu lange den Ball hält, fällt nicht mehr auf, da Joe ihn bei weitem darin übertrifft. Laumen ging aus diesem Spiel rein hervor. Das ist bildlich zu nehmen, denn er tauchte verschiedentlich mit Erfolg in den ungeheuerlichen "Matsch". Er konnte, abgesehen von dem letzten Tor, wo er nicht herausgehen durfte, an den kurzen, plazierten Schüssen nichts machen. Zuerst haut Essers, dann Riechert kurz vor dem Tore drüber; jedesmal sass das Leder. No. 3 wurde von Laumen gestoppt aber von dem ungedeckten Rechtsinnen Schilling ins Netz gedrückt. Derselbe Spieler bucht auch die ersten 4 Tore nach der Pause, da Riechert, der ihn bewachen sollte, auf Wanderschaft war. Ich liess mir erzählen, dass selbst die Duisburger nicht aus der Verwunderung kamen, dass ihr Schilling, entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten, so reichlich skorte. Das letzte Tor folgte aus einem weit vorgegebenen Ball Aachen stand in cumulo in des Gegners Hälfte den der Rechtsaussen über den herausgelaufenen Laumen ins Tor hob. Ein weidlich schlecht getretener Elfmeter Riecherts brachte Alemannia das Ehrentor. Der Keeper sprang der Herr sei gelobt in die verkehrte Ecke. Ein gutes Dutzend Schüssen von Joe und einige von Wollgarten und Rex hätten eher Erfolg verdient.

Der Platz war zum protestieren schlecht. Desgleichen der Herr Schiedsrichter. Die Position, aus der das 5. Tor fiel, könnte als erste und grundlegende Figut in einem event. Anschauungsunterricht über Abseitsstellungen dienen.

(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 1 / 1. Januar 1910)

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