Testspiele - Saison 1920/1921 - 18. Spieltag - Samstag 14.05.1921  - 16:00 Uhr
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Spieldaten

Aufstellung

Münchener SV: u.a. Hirle, Falk, Wurm

Alemannia Aachen: Hennes – Schaps, Walchenbach – Hager, F. Schmitz, Altenkamp – Hansen, Korffmacher, F. Fincke, Goblet, Fürguth

Tore

0:1 Fürguth, 0:2 Fincke, 1:2 Falk, 2:2 Hennes (45.Eigentor)

Zuschauer:

(auf dem MTV-Platz)

14.5.1921: Münchener SV - Alemannia Aachen 2:2

Freitag, 13.5.

In mehr oder minder gelungenem Touristenanzug, zu dem man auch den Leutnantskragen des ehemaligen "Animierungssoldaten" Alex und die Gamaschen des "Fuhrmanns Hentschel" rechnete, fanden sich in der Frühe des 13. am Bahnhofe ein die Spieler:Baurmann, Schmitz, Fincke, Korffmacher, Altenkamp, Hager, Walchenbach, Schaps, Hennes, Fürguth und Hansen, sowie die Reisebegleiter Kessel und Smeets. Ihnen gesellte sich in Düren der Spielführer Wesche und in Köln-Deutz noch Goblet hinzu. Dafür verliess uns aber auch schon am Hauptbahnhofe Kölns Frau F. Schmitz, da der Zug sie in eine andere Richtung des Südens führte. Ihr lebhaftes Taschentuchschwenken bei der Ausfahrt des Zuges aus der Halle veranlasste den Herrn Gemahl zu den Worten: "Na, jetzt merkst Du mal erst, was ich Dir wert bin".

In Köln-Deutz harrte unser eine unangenehme Überraschung. Für die 15 Teilnehmer waren ab Dortmund als der Ausgangsstadion des D-Zuges nach München 2 Abteile reserviert und auch bezahlt worden, allein beim Einlaufen des Zuges war dem Fahrpersonal von einer Vorbestellung nichts bekannt. Es blieb uns also nichts anderes, als in den überfüllten Gängen Platz zu nehmen, was übrigens unter sehr vernehmlichem Knurren und Murren geschah, und uns in dem Verbindungsflur zweier Wagen einstweilen lustig schaukeln zu lassen. Dieses Hin und Her (sonst nichts, l. Franz?) wirkte nach kurzer Zeit bereits auf die Magenfunktionen eines der Teilnehmer derart, dass er die Werke eines bekannten Dichters zum Fenster hinaus zu studieren begann, sehr zum Leidwesen der mit ihm in fürchterlicher Enge zusammensitzenden Fahrtgenossen wie auch des Schaffners. In Würzburg endlich waren alle im glücklichen Besitze eines Sitzplatzes, einige hübsche Vorträge auf der Geige seitens unseres l. Felix sorgten für Abwechslung im Unterhaltungsprogramm, sodass der Rest der Fahrt [Ankunft 11 Uhr abends) schnell verlief.

Nach herzlicher Begrüssung durch zahlreiche Herren der Münchener Sportvereinigung und auch einiger Aachener [junges Ehepaar Herff, "alter", nein, dicker Consten] erfolgte die Fahrt zum Hotel, allwo wir gleich die Bekanntschaft des holden Zimmermädchens Roooo–sa machten. [Motto: Ich bin vom Land ein dralles Kind ....]. Nach Einnahme eines Abendessens [Neulinge staunten ob der "fabelhaft" billigen Preise] ging man zu Bett.

Samstag, 14.5.

Lachender Sonnenschein, der uns übrigens auf der ganzen Tour nur für wenige Stunden verliess, weckte uns am nächsten Morgen, an dem wir unter Begleitung mehrerer Herren der Sp.V. eine kurze Besichtigung der Hauptsehenswürdigkeiten Münchens unternahmen. Nach Anhörung des "wunderbaren" Glockenspiels im Rathausturm ging's zum Hofbräu – alte Sünder sollen Auto gefahren sein, nicht wahr Clé? – wo "Kochtöpfle" auf einem Masskrug das Lied anstimmte: Was blasen die Trompeten ....! Nachmittags um 4 stieg unser 1. Spiel gegen die Münchener Sportvereinigung, zu dessen Schilderung ich unserm 1. Spielführer das Wort erteile.

Unsere Mannschaft betrat durch zwei Ersatzleute geschwächt, zum erstenmal einheitlich gekleidet, wirklich schmuck, den Platz des M.T.V. 1860. Zu Ehren ihren 10. Stiftungsfestes überreichten wir den Münchenern einen schönen Lorbeerkranz mit Schleife in unseren Farben und jedem Spieler eine Nadel. Der Vorsitzende Münchens ehrte uns in gleicher Weise und feierte zwei Spieler seiner Mannschaft zu ihrem 400. bezw. 500. Spiele. Es waren Freundschaftsbezeugungen, die zu Herzen gingen, und das Spiel selbst bewegte sich in diesen Grenzen.

Der Schiedsrichter nimmt Platzwahl vor und München erhält die bessere Seite.

Nach Anstoss kommt der Ball gleich in gefährliche Nähe unseres Tores, Schaps befreit nicht und schon geht ein scharfer Schuss knapp neben die Haustüre Schwimms. Fürguth bekommt als Linksaussen auf ungewohntem Posten gleich Beschäftigung. Eine gute Vorlage Altenkamps nimmt er an, geht durch, nützt die Unentschlossenheit des gegnerischen Verteidigers aus und bucht, diesen umgehend, in der 6. Minute aus kurzer Entfernung das erste Tor. München ist sofort wieder an unserem Strafraum, doch Schaps unterbindet; der feindliche Mittelläufer legt mit dem Kopf seinem Sturm schön vor, und schon hängt ein scharfer Schuss unter der Latte. Man glaubte Tor, Hennes rührte sich nicht [Sicherheit oder Schlaganfall oder Stehvermögen?], desto lebhafter dachte Schaps und haut weit über Hirle weg zu unserem Sturm. Goblet bringt einen schönen Schuss an, der aber gehalten wird. Den wegbeförderten Ball stoppt Schmitz, gibt zu Fincke, der einen Gegner umgeht und unhaltbar einsendet. Wir führen 2:0.

Nach Anstoss ist München gleich wieder an unserem Tor; eine günstige Chance wird von ihm durch schlechte Annahme ausgelassen. Das Spiel wogt auf und ab, beide Stürmerreihen oft an und im Strafraum, doch brauchen die Keeper wenig einzugreifen. München kommt wieder schön vor, der Schiedsrichter übersieht abseits im Strafraum, und verärgert muss Hennes den ersten aus seinem Netz holen.

Anstoss. Fritz erhält den Ball und will auf eigene Faust durchgehen, sein Angriff verpufft in nichts. Typisch ist's bei uns, dass die linke Flanke bedeutend mehr beschäftigt wird, als die rechte. Dies liegt z.T. an Hager, der mit seiner Flanke garnicht arbeitet, z.T. am Mittelläufer; das Beschäftigen der Flanken ist mangelhaft, man kennt bloss einen Innensturm, dem Gegner damit einen Gefallen tuend. So auch heute. Hirle, Münchens Mittelläufer, machte dadurch manchen Angriff zu nichte, er bekam sehr viele Bälle besonders von Schmitz direkt in die Füsse gespielt, Bälle, die alle zum Innensturm gehen sollten. Hansen hatte bis jetzt noch keinen Ball erhalten, selbst Korffmacher als Innen wurde vollständig vernachlässigt, dabei beging letzterer noch den Fehler, die wenigen Bälle, die er bekam, derart zu künstelen, als ob er als Seiltänzer aufträte, und ebenfalls an seinen Aussen nicht zu denken. Einen Vorstoss Münchens wehrt Walchenbach erst mit dem Fuss, dann mit dem Kopf ab. In letzter Zeit ist seine Kopfarbeit besser als seine Fussarbeit. Eine Schwäche tritt bei uns ein und damit schlechte Kombination, sodass München eine Zeitlang drängt und gefährlich wird; doch Schaps arbeitet und was nicht ausgeht, hat Schwimm. Nach dieser kurzen Schwäche denkt man mal an Hansen, doch die Vorlage von Schmitz ist zu hoch, und Ersterer muss dabei noch die traurige Erfahrung machen, dass er abseits steht. Einzelkämpfe: Riese Hirle gegen das kleine Fritzchen, gleich darauf Hirle gegen Schmitz; in beiden Fällen siegt der Münchener. Der gegnerische Linksaussen geht durch, umspielt Schaps, gibt zur Mitte, und Hennes lenkt zur ersten Ecke, die hinter die Linie getreten wird. München fängt den Abstoss auf, Schaps leistet sich ein Würmchen bis zu unserer linken Eckfahne, aber keiner setzt nach. Hennes will raus, geht aber wieder in seinen Kasten, der gegnerische Linksinnen holt sich in aller Seelenruhe den Ball, centert und Hennes ist so freundliche, diese seltene Situation in ienem Fussballspiel durch ein Eigentor zu krönen, er glaubte sicher den Gegner an sich und wollte zur Ecke landen. Pause.

Wir stellten um, Schmitz in den Sturm, Korffmacher Läufer und Altenkamp Mittelläufer.

Ein ganz anderes Bild zeigt die zweite Hälfte. Altenkamp legt seinem Sturm so präzise vor, dass Hirle nicht mehr aufkommt, der Sturm gibt zu den Läufern zurück, und diese haben wieder schöne Combination unter sich; dadurch waren wir dem Gegner über und hatten in der 2. Hälfte mehr vom Spiel.

Zu Beginn der 2. Hälfte gibts brenzliche Situationen vor unserem Tor, endlich rettet Hager, und schon sind wir am gegnerischen Tor. Hier muss der Keeper eingreifen, seine schlechte Abwehr stoppt Fincke und schiesst über das leere Tor. Wir halten längere Zeit das Heft in der Hand, kommen aber zu keinem Resultat. [Herr Stierle, Herr Stierle!] München bringt bald wieder einen Schuss an, Walchenbach lenkt gefährlich zur Torecke ab, doch Hennes rettet noch durch Hinwerfen. München will sich wieder fester machen bei uns, was Walchenbach durch schlechtes Wegbefördern des Balles unterstützt. Weshalb nicht mehr Vertrauen zu eurem Torwächter, meine Herren Verteidiger? Ein öfteres Zurückgeben wäre angebracht, Hennes lauert so oft darauf. Fincke will auf eigene Faust einen Vorstoss machen, verliert aber den Ball, ärgerlich darüber lässt er das Leder liegen. Der linke Läufer Münchens gibt zu seinem Aussen, Hager beschäftigt sich mit diesem, Schaps geht ihn unterstützen, doch beiden kommt der Gegner durch, centert und Hennes kann einen scharfen Schuss noch zur Ecke lenken. Ein grosser Fehler ist dies, lieber Schaps, und recht oft wird er gemacht. Wenn ein Mann am Ball ist, so genügt dies; die Mitte darf nur freigegeben werden, wenn keiner am Gegner ist und angegriffen werden muss. Kurz darauf ist Münchens Mittelsturm umgedreht; doch Korffmacher sorgt für Unterbindung des Angriffs, der sich in der zweiten Hälfte als Läufer gut mit Altenkamp verständigt. Hansen ist zu langsam, Fincke unterstützt ihn diesmal, legt ihm wieder vor, Centerball und Schmitz verwandelt. Schiedsrichter entscheidet abseits. Mit dem Strafstoss geht München auf und davon, Schaps köpft Hennes in die Hände, worauf der Schlusspfiff ertönt.

Das Spiel stand beiderseits nicht über dem Durchschnitt. Beim Gegner war besonders in der ersten Hälfte Hirle gut, bei uns überragten Altenkamp und Schaps.

Nachstehend der Bericht der 'Münchener Neuesten Nachrichten' vom 17. Mai:
Das Spiel selbst hatte sehr unter der heissen Witterung zu leiden, wie sich auch der herrschende Wind teilweise unangenehm bemerkbar machte. Die Westdeutschen, eine recht sympathische Mannschaft, waren, den Spielverlauf im ganzen genommen, vielleicht etwas besser als die Münchener, bei denen Einzelleistungen überwogen. Schon in der sechsten Minute konnte der Gäste Linksaussen, bei einem guten Vorstoss, der durch einen Fehlschlag eines Münchener Verteidigers begünstigt war, den ersten Erfolg für Aachen erzielen. 2 Minuten später dachte man an einen Ausgleich, als ein weiter Schuss des Münchener Mittelläufers scharf aufs Gästetor kam, der Ball sprang aber von der Torlatte ins Spielfeld zurück. Die Gäste schufen weiterhin bei ihren Angriffen mehr gefährliche Situationen vor dem Münchener Tore und konnten nach viertelstündiger Spielzeit durch ihren Halbrechten den zweiten Treffer buchen. Erst in der Mitte der ersten Halbzeit war es den Einheimischen durch Falk nach Zuspiel von Rechtsaussen nach mehrmaligem Schuss vergönnt, den ersten Erfolg aufzuholen, dem 3 Sekunden vor dem Abpfiff zur Pause durch Wurm, der den Ball vom Eckpfosten aus scharf hereingab, wo ihn der westdeutsche Torhüter zwischen Torpfosten und sich hinter die Linie brachte, der Ausgleich folgte. Die zweite Spielzeit brachte wie vor Seitenwechsel, gleichzeitig verteilten Kampf, ohne nennenswerte Ereignisse, sodass keine Aenderung des Ergebnisses mehr erzielt wurde und die Gegner sich die Ehren des Tages teilten. – Im Vorspiel zu Aachen war bekanntlich die Münchener Elf mit 3:2 erfolgreich gewesen.

Hierzu möchte ich noch bemerken, dass auf unserer Seite die "Glatz'l" eines Spielers komisches und das Auftreten eines "Stierle" entrüstetes Aufsehen erregte.

Abends folgte anlässlich des 10jährigen Stiftungsfestes des gastgebenden Vereins eine grosse Festlichkeit, zu deren Verschönerung die schwungvolle Rede unsere l. Max (gev 'em ens der Stummel) und die musikalsichen Vorträge von Schmitz und Hannes sehr beitrugen. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass urplötzlich "Casperle" auf der Bildfläche erschien, um fortan ein treuer Begleiter zu sein.

Sonntag, 15.5.

Für Pfingstsonntag war auf 11 Uhr den nachdürstenden Kehlen ein Frühschoppen im Hofbräu angestzt, zu dem sich im Garten bei Radi und Gesang auch alles einfand; nur "Stierle" fehlte. Nach dem Essen erfolgte die Besichtigung des grossen Festzuges bayrischer Trachtenschau, dessen Vorbeimarsch nahezu 2 Stunden erforderte. Von einem gemieteten "Federwägele" aus sahen wir uns bei einem Maass das "glänzende, wunderbare, fabelhaft, klotzige usw." Schauspiel an. Anschliessend gings im Auto zum Spiel Männer-Turn-Verein 1860 – Kölner V.f.R. (4:1), in dem Köln eine einfach klägliche Rolle spielte und mit obigem Resultat noch sehr schmeichelhaft davonkam. – Allmählich erreichte die Stimmung bei uns grosse Höhe, was sich abends beim Essen in wahren Lachsalven kundtat. (Nun lasst doch endlich das "Pflaumen" sein!) Spät abends noch fuhren wir am Vereinsheim der 1860er vor, um es uns nach Besichtigung der prunkvollen Räume und noch prunkvolleren Preise einige Zeit an wirklichem Friedensbier gütlich zu tun (1 l = 3.50 M.).

(Vereinszeitung des Aachener Turn- u. Sportvereins Alemannia 1847 / Sondernummer; Juni 1921)

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