Mo, 28. November 2016

"Make Alemannia great again"

Die Kolumne von Sascha Theisen zum Heimspiel gegen Siegen

Evo Morales ist Bolivianer, wahrscheinlich ein ziemlich stolzer dazu. Zudem ist er ein Mann, der offenbar das runde Leder liebt. Denn nachdem er als junger Mann in der zweiten bolivianischen Liga einigermaßen passabel gekickt hatte, schaffte er es mit satten 41 Jahren immerhin in die dortige erste Liga. Eine beträchtliche Leistung, sollte man meinen – schließlich hatte ich selbst mit 41 Jahren längst Rücken, Knie und Kreislauf. Allerdings kann man über Morales Weg zum Profikicker geteilter Meinung sein, wenn man nämlich etwas genauer hinsieht. Denn der war seinerzeit nicht nur ambitionierter Kicker, sondern ganz nebenbei auch Staatschef seines Landes. Und als solcher regierte er sein Land, wie man das in Südamerika halt so macht: hart und meist ungerecht, was eine kleine Anekdote bestätigt: Denn als Morales einmal während eines Freundschaftsspiels in La Paz genug von seinem etwas zu ehrgeizigen Gegenspieler hatte, trat er diesem kurzerhand und mit Karacho in den Unterleib, woraufhin der Getretene zuerst des Feldes verwiesen und anschließend konsequenterweise festgenommen und in den Kerker geworfen wurde. Klare Botschaft für den übereifrigen Verteidiger: Leg Dich nicht mit Evo an! Und für alle anderen: Wer das Sagen hat, hat das Sagen!

Nun hat Bolivien auf den ersten Blick nicht viel mit Alemannia, der Regionalliga West und überhaupt mit dem zu tun, was wir hier so Fußball nennen – von ostdeutschen Brause-Clubs, bayerischen Aufsichtsräten oder internationalen FIFA-Strukturen einmal abgesehen. Aber eben nur auf den ersten Blick. Denn als ich vor kurzem mit dem Auto zum Feierabend nach Hause fuhr, vermeldete der Radio-Nachrichtensprecher meines Vertrauens kurzerhand einen Hoffnungsschimmer für alle Alemannen. Man musste genau zuhören, denn er war gut zwischen den gesprochenen Zeilen versteckt. Seine Top-Meldung: Ein Mann namens Martin Schulz würde in die Bundespolitik einsteigen und sich möglicherweise anschicken, in Zukunft die hiesigen Regierungsgeschäfte anzuleiten. So weit, so gut. Mit einem Ohr hörte ich hin, bis ich plötzlich aufgrund eines Nebensatzes scharf in die Eisen stieg und mit quietschenden Reifen rechts ran fuhr. Denn – so erzählte mir der Radiomann über den Äther, dass eben jener Schulz in seiner Jugend einen recht passabler Linksverteidiger bei Rhenania Würselen gegeben hatte, dessen absoluter Herzenswunsch ein Engagement bei – wir ahnen es bereits – Alemannia Aachen war.

Bäm! Jetzt begann das Kopfkino! Denn dieser Nebensatz bedeutete nicht weniger, als dass – wenn wir alle richtig wählen – nächstes Jahr das Kanzleramt schwarz und gelb gestrichen wird. Anders ausgedrückt: Ab Ende 2017 sitzt ein Alemanne an den Hebeln der Macht. Der Gang durch die Institutionen wäre also abgeschlossen. Millionen-Transfers am Tivoli würden ab dann nicht mehr an der Krefelder Straße beschlossen, sondern von windigen Staatssekretären am Rande von getragenen Staatsbesuchen eingetütet. Ein bisschen was aus dem Verteidigungshaushalt hier, ein bisschen was aus der Sozialkasse da und schon spielen wir mit bissigen irischen Außenverteidigern, flinken brasilianischen Ballzauberern sowie treffsicheren argentinischen Mittelstürmern und geben armen Schluckern wie Red Bull Leipzig im Vorbeigehen sechs Stück – pro Halbzeit.

Als ich die frohe Botschaft der goldenen Zukunft gleich per SMS an meinen alten Freund und Kupferstecher Axel weitergab, kam eine Antwort, die eben auch kein Zufall sein konnte. Recht fern von meiner Euphorie schrieb er „Martin Schulz ist der Onkel des Nachbarn meines Bruders. Wenn Du eine Nachricht hast, kann ich sie ihm zustellen.“ Gleich noch mal: Bäm! Und ob ich eine Nachricht für ihn hatte: „Lieber Martin Schulz, gute Entscheidung das mit der Bundespolitik. Bitte machen Sie Alemannia great again! Ein bisschen mehr Ordnungspolitik schon bleibt das ein oder andere Milliönchen für die nächsthöhere Liga übrig. Mit Ihrer bescheidenen Hilfe schaffen wir es in nur einer einzigen Legislaturperiode in die Champions League - Minimum.“ Und off the record: Wenn sich einer dran stört – rote Karte und Festnahme. Oder wie Evo Morales sagen würde: Wer das Sagen hat, hat das Sagen!

Die aktuelle Kolumne von Sascha Theisen lesen Sie auch in der neuen Ausgabe des Tivoli Echo. Das offizielle Stadionmagazin der Alemannia ist am Spieltag an den Stadioneingängen beim Team Tivoli oder im Fanshop erhältlich.

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