Fr, 26. Februar 2016

"The time of my life"

Die Kolumne von Sascha Theisen zum BVB-Heimspiel

Neulich dachte ich über mein Comeback nach, in vielfacher Hinsicht. Groß denken, klein wird es von ganz alleine. Schließlich fand ich mich beeindruckend in den letzten Wochen – nicht zuletzt als ich beim Trainingsturnier meiner E-Jugend mitkickte und mit einigen geschmeidigen Bewegungen, die mir sicher nicht mehr jede Spielermutter in der Form zugetraut hätte, vom Trainer der Mannschaft – also von mir selbst – zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt wurde. Nicht weniger erstaunlich war mein Auftritt auf dem fünfzigsten Geburtstag eines Freundes, als ich ziemlich spät am Abend zu Patrick Swayzes „I had the time of my life“ die obligatorische Hebefigur einsprang und auch dabei eine extrem gute Figur abgab. Keine Frage – ich bin in Form, derzeit vielleicht mehr denn je. Ich will nicht sagen, dass ich mehr Tinte auf dem Füller hätte als früher, aber es läuft einfach gut im Moment. Das zeigt übrigens auch die Güte der Misserfolge. Denn der einzige wirkliche Rückschlag in den letzten Wochen war die ausbleibende Bestätigung meiner XING-Kontaktanfrage an den Alemannia-Geschäftsführer. Aber hey – man kann nicht alles haben, auch dann nicht, wenn an einem scheinbar stinknormalen Mittwoch Abend der Tunnel gegen einen zehnjährigen Torwart mühelos gelingt.

Nun könnte man meinen, wenn die Sonne Dir einmal ihr strahlendes Lächeln dermaßen in den Allerwertesten schickt, dann gäbe es nichts zu meckern. Gibt es eigentlich auch nicht, wäre da nicht das Wissen darum, dass derartige Situationen nichts für mich sind, führen sie doch immer auch dazu, dass ich zu viel möchte, alles zu rosarot sehe, meist den zweiten Schritt vor den ersten setze und dabei Gefahr laufe, ziemlich übel auf die Fresse zu fallen.

Fragt mich derzeit jemand, wie es bei Alemannia aussieht, ertappe ich mich dabei, wie ich ganz klammheimlich schon die Spiele bis zum April durch rechne, um dann Mitte bis Ende April erstmals die Tabellenführung zu übernehmen. „Der neue Trainer, der scheint gar nicht schlecht zu sein“, versuche ich mich dann in einem Understatement, das allerdings alles andere als Understatement ist, sondern viel mehr der so oft erlebte Euphorieschub nach zwei Spielen, die mal nicht in die Hose gegangen sind. Läuft super – Unentschieden und Heimsieg. Grund genug lautstark ins Optimismus-Horn zu pusten und die Rückkehr in den bezahlten Fußball schon mal vor zu feiern. 1:0 gegen Oberhausen: „I had the time of my life. Hebefigur. High Five! Wiederaufstieg! Zweite Liga! Der Bob ist in der Bahn! Spiele, die wegen unbespielbaren Plätzen in Hamm oder Kray abgesagt werden, sind gefühlte Auswärtssiege und wenn Du auf der Webseite des Vereins liest, dass an einem Montag gleich zwei Trainingseinheiten angesetzt werden, dann gehen nicht nur die Pferde mit Dir durch, sondern Du gehst ohne Umwege auf transfermarkt.de und schaust Dir die Spielerprofile der vielversprechenden Kicker an, die in Kürze die Rückkehr in die zweite Liga mit Dir angehen.

Zugegeben: Das ist gefährlich. Denn eigentlich müsstest Du es besser wissen. Ist ja schließlich Alemannia hier – die Alemannia, die Dich schon so oft an der Nase herum geführt hat. Die Alemannia bei der gute Phasen nur die Vorbereitung auf die schlechten Phasen sind. Das weißt Du genau und doch denkst Du: „Fuat Kilic – Du bist mein Mann!“

Ja – Fuat Kilic! Jedem, der es zwischen Hebefigur und „E-Jugend MVP“ von mir hören und nicht hören will, erzähle ich, dass Du schon mit Saarbrücken in der Relegation warst. Ich erzähle davon, dass Du direkt von der Sporthochschule in Köln kommst, da wo mein Kleiner zuletzt seine Judo-Nikolausfeier zelebrierte und wo nur die wirklichen Fachleute am Start sind. Gemeinsam regeln wir das Ding und wir müssen nicht mal geduldig sein, um zu wissen, dass es nicht mehr lange dauert.

Wie gesagt: Ich denke gerade über mein Comeback nach – worin, das weiß ich noch nicht. Keine Ahnung! Aber im Grunde ist das ja auch egal. Denn wenn es mal läuft wie ein Länderspiel, dann läuft es halt wie ein Länderspiel. Für mich und dann eben auch für Alemannia. Am Ende muss man ja auch mal genießen können. Also – tunnel ich halt weiter meinen Torwart beim Trainingsturnier, springe ich halt weiter die Hebefigur auf Geburtstagen ein und ernenne mich selbst weiter zum wertvollsten Spieler des Turniers. Groß denken, Leute! Klein wird es von ganz alleine!

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