Besser als je zuvor
Nach über einem Jahr Pause spielt Thomas Stehle auf konstant hohem Niveau
Thomas Stehle muss nicht lange überlegen. „Marco Höger“, sagt er wie aus der Pistole geschossen auf die Frage nach seinem persönlichen Spieler der Hinrunde. „Weil er in seinem Alter schon Verantwortung übernimmt und sich zu einem Spieler entwickelt hat, der Woche für Woche eine sehr hohe Qualität an den Tag legt.“ Das Lob für den jungen Mitspieler ehrt den erfahrenen Stehle, dabei ist er selbst so etwas wie ein Spieler der Hinrunde. „Ja, mit meiner Hinrunde bin ich auch sehr zufrieden. Ich bin froh, dass es so gut funktioniert hat.“
15 Monate war der Innenverteidiger nach seiner schweren Knieoperation weg vom Fenster, jetzt hat er so viele Einsätze in einer Halbserie absolviert wie in seiner gesamten Profikarriere zuvor noch nie. „In meiner Verletzungszeit habe ich mich persönlich weiterentwickelt“, sagt der 30-Jährige. „Ich bin auf dem Platz ruhiger geworden – und konzentrierter.“ Sein Spitzname „die Axt“ trifft es längst schon nicht mehr, auch wenn der Hobby-Golfer mit der rustikalen Bezeichnung kein Problem hat. „Ich kann heute Situationen besser einschätzen“, sagt Stehle, dessen Fortschritte in der Spieleröffnung von Peter Hyballa ausdrücklich gelobt werden. „Wir spielen halt nicht nach dem Motto: Lang und weit bringt Sicherheit“, erklärt der Verteidiger. Die Umstellung auf das System Hyballa im Sommer kam beim Comeback als zusätzliche Herausforderung obendrauf.
Nicht nur die wurde gemeistert, heute ist Stehle ein echter Führungsspieler. Wenn der Trainer in den Tagen des Trainingslagers in Spanien Ansagen zu machen hat, so sind zwei Spieler seine ersten Ansprechpartner: Kapitän Benny Auer und eben Thomas Stehle. Gefordert hat diese Leader-Rolle niemand vom routinierten Abwehrspieler. „Aber mir war bewusst, dass der Trainer es von mir erwartet“, erklärt er. Wobei die Hierarchie bei der Alemannia alles andere als verkrustet ist, auch Akteure wie David Hohs, Timo Achenbach oder Marco Höger machen durchaus auf sich aufmerksam. „Und ein Manuel Junglas würde sich vermutlich auch von Michael Ballack nichts sagen lassen“, vermutet Stehle – ganz ohne negativen Unterton.
Es passt ins Bild, dass Stehle am Donnerstag als Sieger des teaminternen Wettbewerbs vom Trainingsfeld ging. Wohlgemerkt in der Kategorie Torabschluss nach Flanke. Gemeinsam mit Partner Thomas Zdebel – auch nicht als Vollstrecker bekannt – ließ er das Duo Thorsten Burkhardt/Erik Meijer hinter sich. Der Manager hatte am Morgen die Schuhe geschnürt, um mit dem Team zu trainieren. Am Nachmittag reichte dann auch Meijers Klasse nicht, um die 3:6-Niederlage der Aachener Sponsoren gegen die von Fortuna Düsseldorf zu verhindern. Aimen Demai und Andreas Korte sind weiter angeschlagen, Tobias Feisthammel, Narciso Lubasa und Daniel Hofmann ließen es wegen leichter Blessuren am vorletzten Trainingstag etwas ruhiger angehen.
Ausgegebenes Ziel für die Rückrunde ist, mehr Siege und weniger Unentschieden einzufahren. Auch der eine oder andere Dreier gegen ein Spitzenteam wäre mal angesagt, findet der Trainer. An „vielen Kleinigkeiten“ habe es gelegen, dass die spielerische Klasse in der ersten Halbserie zu selten umgemünzt wurde. „Wenn du in einen Lauf reinkommst – siehe Erzgebirge Aue – dann kannst du auch den Michel Förster in den Sturm stellen und der macht sein Tor“, scherzt Stehle. Ein Spiel auch mal in Ruhe nach Hause spielen, das wünscht er sich für die Rückrunde. „Wir wehren uns sehr gut bei Rückschlägen, aber wir bekommen auch zu viele Gegentore nach Führungen“, analysiert er. Persönlich will er an die Hinrunde anknüpfen und „noch eine Schippe drauflegen“. Spätestens dann ist die Vertragsverlängerung nur noch Formsache. Eine lose Absprache mit Erik Meijer besteht bereits. „Er weiß, dass ich nicht um 1000 Euro feilschen werde. Ich will ja nirgendwo anders spielen“, sagt Stehle. Klarer kann ein Bekenntnis zum Verein wohl nicht ausfallen.