So, 27. Oktober 2019

The lion sleeps tonight

Kolumne von Sascha Theisen

Im Interview kursiert ein vier Jahre altes Video eines verrückten Engländers, der am Spieltag mit seinen Kollegen im Zug von Leeds nach Burnley unterwegs ist. Der Clip hat mehr als 750.000 Aufrufe, was ein bisschen schräg ist. Denn dieser verrückte Engländer singt darin ebenso schräg zur Melodie von „The lion sleeps tonight“ einen Chant zu Ehren eines belgischen Mittelstürmers, eben mitten in einem spärlich besetzten Zugabteils. Dieses Internet verstehe, wer will – denn das Video blieb nicht lange alleine. Neben einigen betrunkenen U-Bahn-Passagieren zog zum Beispiel ein Bauarbeiter nach, der den gleichen Song direkt auf der Baustelle zum Besten gab. Zwar erntete er dafür nur vergleichsweise schwache 5.000 Klicks, aber der Text war immerhin so eingängig, dass er wahrscheinlich zum Ohrwurm auf dem Bau wurde: „There was a striker, a belgian striker, called Christian Ben-tek-e.“ – gefolgt von einem langegezogenen „Uuuuhhhuuuhuuuu“. Mehr geht eigentlich nicht, wenn Du gegen einen Ball trittst. Einen eigenen Song bekommen am Ende nicht viele.

Ich hatte auch mal einen, aber der zählt nicht wirklich. Denn ich war der einzige, der ihn in meinen Kreisliga-Tagen unter der Dusche nach verlorenen Spielen sang: „Wir brauchen keinen Schuster. Wir brauchen keinen Bein. Wir haben Sascha Theisen, der haut die Dinger rein. Ole…“. Da ich die Dinger eigentlich nie rein machte, schwiegen die anderen aber beharrlich und duschten lieber gründlich, bevor es in die Dorfkneipe ging.

Und trotzdem habe ich seitdem eine Schwäche für kreative Chants, die diesem oder jenem Spieler gewidmet sind. Wenn in Liverpool für Virgil van Dijk gesungen wird, geht mir ähnlich einer ab, wie dann, wenn die United-Fans (und damit meine ich nicht all die Touristen, die zum Vergnügen ins Old Trafford kommen) mit wundervollen Strophen an George Best erinnern: „Going on up to the spirits in the sky, It's where I wanna go when I die, When I die and you lay me to rest, I wanna go on the piss with Georgie Best.“

Leider sind es in erster Linie vor allem englische Fans, die den Stadionbesuch mit kreativen Songs bisweilen etwas aufpeppen. Wer könnte zum Beispiel abstreiten leicht debil in sich hinein zu grinsen, wenn die gegnerischen Anhänger beim Auswärtsspiel bei Arsenal London lautstark intervenieren: „ Mesut Özil, his eyes are offside.“. Ein Königreich für den Schiedsrichter, der daraufhin nur so zum Spaß einmal abpfeifen würde.

Wie auch immer – am Tivoli gibt es zwar auch bewährtes Liedgut, das durchaus Gänsehaut-Charakter besitzt. Aber für einzelne Spieler wird eher selten gesungen. In diesen Tagen ist das auch etwas viel verlangt, da viele der Jungs mit Strophen-Potential eben schneller wieder weg sind als Mesut Özil mit den Augen zwinkern könnte. Aber auch früher als echte Helden wie Montanes, Meijer, Landgraf gegen das Leder traten, ging es selten über das Rufen des einfachen Namens gefolgt von Applaus-Rhythmen hinaus. Kein Vorwurf. Es ist, wie es ist und man hat ja auch nicht immer Zeit, sich Gedanken zu machen welcher Bob-Marley-Song am besten zu Peter Hackenberg oder Matti Fiedler passt.

Nun aber habe ich neue Hoffnung. Denn der Bruder des Mannes, der auf der Strecke Leeds-Burnley gleich eine dreiviertel Million neuer Fans fand, spielt seit letzter Woche in schwarz-gelb. Okay – die Hoffnung, dass er es länger als ein halbes Jahr tut ist nicht gerade groß, aber trotzdem bleibt Zeit genug, ihn ordentlich abzufeiern. Der Song dafür ist ja quasi auch schon fertig. Die Melodie steht, der Text auch: : „There was a striker, a belgian striker, called Jonathan Ben-tek-e.“ – gefolgt von einem langegezogenen „Uuuuhhhuuuhuuuu“. Mehr geht eigentlich nicht – es sei denn, er macht die Dinger auch noch rein. Das allerdings wäre ein bisschen mehr als nur Musik in meinen Ohren. 

 

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