Di, 8. November 2016

Warum Jodtabletten bei radioaktiver Strahlung helfen

Die Menschen in der StädteRegion Aachen sollen mit Jodtabletten vor den Auswirkungen eines Atomunfalls in Tihange geschützt werden. Über gesundheitlich relevante Aspekte sprach Ralf Steinbrecher von der actimonda krankenkasse mit uns.

Wieso hilft eine Jodtablette bei radioaktiver Strahlung?

„Jodtabletten schaffen im Körper eine Jodblockade. Bei einem Reaktorunfall kann radioaktives Jod freigesetzt werden. Dieses radioaktive Jod gelangt schnell in unseren Körper. Es kann durch die Haut dringen, eingeatmet werden oder auch in Nahrungsmitteln stecken, die wir verzehren. Unsere Schilddrüse nimmt das radioaktive Jod auf und reichert es an. Die Gefahr an Schilddrüsenkrebs zu erkranken steigt dadurch erheblich. Die Tablette versorgt die Schilddrüse mit so viel Jod, dass sie kein radioaktives Jod mehr aufnehmen kann. Der Zugang zur Schilddrüse ist für das radioaktive Jod also blockiert, was das Risiko von Schilddrüsenkrebs wiederum mindert.“

Können Jodtabletten vorsorglich eingenommen werden?

„Davon raten wir dringend ab. Jodtabletten sollten erst eingenommen werden, wenn die zuständigen Behörden dazu auffordern. Ein eigenmächtiger Gebrauch kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen.“

Jodtabletten gibt es in jeder Apotheke. Schützen diese vor radioaktivem Jod?

„Jodtabletten aus der Apotheke sollen oftmals einen Jodmangel ausgleichen oder diesem vorbeugen. Die Dosierung dieser Tabletten ist also nicht darauf ausgerichtet, vor radioaktivem Jod zu schützen.“

Woher bekommt man Jodtabletten, die bei einem Atomunfall helfen?

„Wirksame Jodtabletten werden ausschließlich von unseren Kommunen ausgegeben, und sind nur dann einzunehmen, wenn behördlich dazu aufgerufen wird.“

Sind die Jodtabletten für jeden geeignet?

„Radioaktives Jod gefährdet insbesondere Schwangere, Kleinkinder und Jugendliche. Sie sollten im Ernstfall zu Jodtabletten greifen, wenn dazu aufgerufen wird. Menschen über 45 Jahre sollten kein Jod einnehmen. Die Gefahr von Nebenwirkungen – zum Beispiel in Form einer Schilddrüsenüberfunktion – wiegt schwerer als das Risiko später an Schilddrüsenkrebs zu erkranken.

Sind wir mit den Jodtabletten also rundum geschützt?

„Jodtabletten schützen die Schilddrüse vor radioaktivem Jod. Das ist auch sehr wichtig. Die Tablette ist aber kein Allheilmittel gegen radioaktive Strahlung, insbesondere wenn der Körper direkter Strahlung ausgesetzt ist. Dann sind weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Sich nur in geschlossenen Räumen aufzuhalten gehört zum Beispiel dazu. Die Strahlenschutzkommission des Bundesministeriums für Umwelt hat für solche Fälle Richtlinien erlassen.“

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