Falls es irgendjemanden gibt, der nach dem Sieg der Alemannia in Wolfsburg von einem lockeren Hinrunden-Ausklang ausgeht, so wird er von Michael Frontzeck eines Besseren belehrt. „Uns erwartet ein schwieriges und kompliziertes Spiel. Gegen den HSV ist das wahre Pokalspiel“, legt der Coach höchste Priorität auf den 17. Spieltag der Bundesliga.
Die Ausgangslage ist klar: Der HSV kämpft nach verkorkster Hinrunde ums nackte Überleben, die Alemannia überwintert auf jeden Fall über den Abstiegsrängen und hat gar die Chance, sich ein kleines Polster zu verschaffen. Dabei werden die Schwarz-Gelben nicht auf Biegen und Brechen stürmen. „Wir werden kontrolliert und geduldig spielen. Das hat mir in Wolfsburg zuletzt sehr gut gefallen. Die Mannschaft hat dort nach dem Rückstand nicht den Kopf verloren“, lobt Frontzeck. Situationen wie gegen Frankfurt, in denen die Alemannen ausgekontert wurden, sollen sich nicht wiederholen.
Verzichten muss der Aachener Trainer auf Szilárd Nemeth (Lungenembolie), Sascha Rösler (Mittelfußbruch) und Kapitän Reiner Plaßhenrich (Knie-OP). Sascha Dum ist nach abgelaufener Gelbsperre wieder spielberechtigt und kehrt in den Kader zurück. Laurentiu Reghecampf und Cristian Fiel klagten während der Woche über muskuläre Probleme: „Reghe kehrt heute wieder zurück ins Mannschaftstraining. Fielo trainiert heute abseits der Mannschaft. Er hat Probleme mit den Adduktoren“ so der 42-Jährige. Auch Stephan Straub plagt sich mit Problemen an der Bauchmuskulatur herum und absolviert Sonderschichten mit Christian Schmidt.
Viel geredet wird natürlich über die Situation beim Hamburger SV. Trotz aller Diskussionen warnt Frontzeck: „Gegner, die mit dem Rücken zur Wand stehen, sind immer gefährlich“, glaubt der Übungsleiter an kein leichtes Spiel. Die Ausfall-Liste der Hamburger ist prominent besetzt und sehr lang: Raphael Wicky (Waden-OP), René Klingbeil (Bänderriss), Juan-Pablo Sorin (Muskelfaserriss), Guy Demel (Sehnenanriss), Vincent Kompany (Achillessehnen-OP), Mario Fillinger (Meniskus-OP), Raphael van der Vaart (Rotsperre), Thimothee Atouba (interne Sperre) und Nigel de Jong (Knie-OP) fehlen. „Trotz der vielen Verletzten und Gesperrten verfügen die Hamburger immer noch über immense Qualität auf dem Platz“, mahnt Frontzeck.
Taktisch sollte auf Seiten der Alemannia nicht viel ändern, mit den beiden „Sechsern“ war Frontzeck in Wolfsburg durchaus zufrieden: „Das Wechselspiel zwischen Matze Heidrich und Matze Lehmann hat hervorragend geklappt. Heidrich ist das beruhigende Element, Lehmann stößt immer wieder nach vorne. Es gibt keinen Grund, das zu ändern.“ Bleibt nur abzuwarten, ob fiel, Reghecampf und Straub rechtzeitig wieder fit werden, um die erfolgreiche Startelf des letzten Sonntags wieder aufbieten zu können.
Und das Spiel gegen die Bayern? „Das interessiert mich überhaupt nicht“, sagt Frontzeck, der ankündigt: „Wir werden am Samstag alles reinwerfen und dann sehen, wer noch laufen kann.“ Klare Prioritäten also bei der Alemannia.
Schiedsrichter der Partie ist Manuel Gräfe (33) aus Berlin, ihm assistieren an den Seitenlinien Markus Scheibel und Stefan Lupp. Vierter Offizieller ist Sönke Glindemann.
Alemannia Aachen: Ebbers, Fiel, Heidrich, Herzig, Klitzpera, Lehmann (65. Ibišević), Leiwakabessy (87. Krontiris), Reghecampf, Schlaudraff, Stehle (65. Pinto), Straub / Trainer: Michael Frontzeck
Hamburger SV: Benjamin, Berisha (69. Ljuboja), Jarolim, Laas, Mahdavikia (88. Klingbeil) (88. Klingbeil), Mathijsen, Reinhardt, Sanogo, Schmidt, Trochowski (84. Karl), Wächter / Trainer: Thomas Doll
0:1 Berisha (32.), 1:1 Reghecampf (63.), 1:2 Benjamin (67.), 1:3 Ljuboja (75.), 2:3 Fiel (76.), 3:3 Reinhardt (90.)
Laas (29.), Klitzpera (40.), Leiwakabessy (55.), Ibišević (65.), Jarolim (74.)
8 / 11
1 / 3
Manuel Gräfe, Markus Scheibel, Stefan Lupp
20.800 (davon ca. 2000 aus Hamburg)
Regenschauer, 8 Grad
Die Alemannia hat gegen den Hamburger SV am ausverkauften Tivoli ein 3:3-Unentschieden errungen. Vor 20.800 Zuschauern brachten Besart Berisha, Colin Benjamin und Danijel Ljuboja den HSV zeitweise mit 3:1 in Führung. Durch Tore von Reghecampf per Elfmeter, Cristian Fiel und ein Eigentor durch Bastian Reinhardt in der letzten Minute sicherten sich die Aachener noch einen Punkt vor der Winterpause.
Nach dem 2:1-Erfolg gegen den VfL Wolfsburg änderte Trainer Michael Frontzeck die Startformation nicht. Torwart Stephan Straub stand nach fehlerfreier Leistung wieder zwischen den Pfosten. In der Viererabwehrkette vertraute der Coach erneut Thomas Stehle, Alexander Klitzpera, Nico Herzig und Jeffrey Leiwakabessy, die gegen die „Wölfe“ eine ordentliche Leistung abgeliefert hatten. Davor sorgte das „Abräumer-Duo“ Matthias Lehmann und Matthias Heidrich für eine stabile Defensive und für Impulse nach vorne. Im offensiven Mittelfeld spielten Laurentiu Reghecampf, Cristian Fiel und Jan Schlaudraff. Marius Ebbers kam im Sturm zum Zug.
Auf der Gegenseite änderte HSV-Trainer Thomas Doll seine Anfangself nur auf einer Position. Viele Verletzungen (Nigel de Jong, Guy Demel, Juan Pablo Sorin, Raphael Wicky, Vincent Kompany) und Sperren (Rafael van der Vaart, Thimothee Atouba) ließen eine größere Rotation nach dem torlosen Unentschieden gegen Nürnberg nicht zu. Somit rückte lediglich Boubacar Sanogo für Danijel Ljuboja ins Team, womit der Gast mit einem „4-4-2“ auf dem Tivoli begann: Vor Stefan Wächter im Tor spielten Volker Schmidt, Bastian Reinhardt, Joris Mathijsen und Colin Benjamin in der Viererkette. Alexander Laas begann defensiv davor und unterstützte Medhi Mahdavikia und David Jarolim auf den Außen. Piotr Trochowski spielte hinter den Spitzen Besart Berisha und Sanogo.
In strömendem Regen erwischte die Alemannia den besseren Start: Lehmanns Schuss aus 20 Metern (1.) und Fiels Flanke (2.) stellten aber noch keine ernsthafte Gefahr dar. In der sechsten Minute kam der HSV das erste Mal gefährlich vors Aachener Tor: Sanogo flankte von der rechten Seite. Torwart Staub war zur Stelle und brauchte nicht eingreifen, als der Ball noch den Außenpfosten berührte. Vier Minuten später musste sich der Aachener Keeper allerdings lang machen, um den Ball noch zu erreichen: Trochowski hatte einen Freistoß vors Aachener Tor geflankt. Heidrich versuchte zu klären, köpfte das Leder in Richtung eigenes Tor. Unser Keeper entschärfte den Ball aber in gekonnter Manier (9.). Obwohl die Alemannia jetzt mehr Spielanteile im Mittelfeld hatte, kam der Gast aus Hamburg immer wieder zu guten Torchancen. So in der 13. Minute als Berisha auf Sanogo verlängerte. Sein Schuss aus zehn Metern ging jedoch deutlich über das Tor. Fast im direkten Gegenzug hatte die Alemannia die bis dahin größte Chance des Spiels. Nach einer schönen Hereingabe von Leiwakabessy verfehlte Ebbers mit einem Schuss aus der Drehung das Tor nur um Zentimeter.
Michael Frontzeck: Der HSV war heute die bessere Mannschaft. Sie haben lediglich vergessen, den Sack zuzumachen. Mein Team hatte trotz des Rückstandes dennoch gute Torchancen. Nachdem 1:3 sind wir wieder zurückgekommen und haben einen glücklichen Punkt geholt. Mit unserem Abschneiden bin ich nach der Hinrunde unterm Strich zufrieden und sehe optimistisch in die Zukunft.
Jan Schlaudraff: Wir haben uns heute sehr schwer getan. Obwohl wir sehr gut begonnen haben, hatten wir Glück nach dem 0:1 nicht noch ein Gegentor zu kassieren. Wir haben aber nach der Pause versucht nachzulegen und kommen dann auch wieder zum Anschluss. Danach kriegen wir wieder ein Gegentor, nach einem dummen Fehler. Wir können mit dem Punkt zufrieden sein, denn nach dem 1:3 war es sehr schwer, wieder zurück zukommen.
Stephan Straub: Ich bin nicht ganz zufrieden. Hamburg war eine starke Mannschaft und ich hatte heute sehr viel zu tun. Mit etwas Glück hätte ich vielleicht das dritte Tor halten können und dann sähe das Ergebnis anders aus. Letztlich muss man aber auch sagen, dass wir den Punkt heute verdient haben.
Thomas Doll: Wir sind gegen die Alemannia gut ins Spiel gekommen. Meine Mannschaft hat sich viele Chancen herausgespielt, aber auch die Aachener hatten gute Tormöglichkeiten. In der zweiten Halbzeit haben meine Spieler Leidenschaft gezeigt. Sie haben sich zerrissen und das ist das, was ich von ihnen erwarte. Natürlich hatten wir die Möglichkeit, das Spiel für uns zu entscheiden. Das späte 3:3 ist dann sehr enttäuschend. Untern Strich haben wir gezeigt, dass wir da unten raus kommen wollen. Wir müssen uns jetzt sammeln und die ganze Sache analysieren.