Die Pressekonferenz am Freitagmittag eröffnete Trainer Michael Frontzeck mit einer Personalie: Stephan Straub wird beim Auswärtsspiel in Wolfsburg am kommenden Sonntag das Tor der Alemannia hüten. „Er ist in hervorragender Verfassung. Ich erhoffe mir von dem Wechsel ein paar Prozent mehr Erfahrung und ein paar Prozent mehr Glück“, so der Coach.
Frontzeck hat am Donnerstag lange mit beiden Torhütern gesprochen und die Mannschaft von der Umstellung unterrichtet. „Ich habe Kristian bewusst nicht nach dem Spiel in Berlin aus dem Tor genommen, als es jeder gefordert hat. Mit seiner Erfahrung kann Stephan aber Ruhe auf die Mannschaft ausstrahlen. Kristian ist 24 Jahre alt, er wird bei der Alemannia in Zukunft noch eine große Rolle spielen.“ Straub selbst sieht die Sache nüchtern: „Ich habe immer darauf hingearbeitet, wieder zu spielen. Jetzt will ich beweisen, dass ich es noch kann.“ Die Erwartung, mehr Ruhe ins Spiel der Alemannen zu bringen, schreckt ihn nicht. „Ich habe in den letzten über sechs Jahren hier schon so viel erlebt“, gibt er zu bedenken.
Am Sonntag trifft die ersatzgeschwächte Alemannia in Wolfsburg auf die Minimalisten der Bundesliga. Wolfsburg hat mit zehn geschossenen Toren schon 19 Punkte erreicht und steht auf Tabellenplatz elf, vier Punkte vor Aachen. Die Liste der verletzten und fraglichen Spieler bei den Schwarz-Gelben ist lang. „Eins möchte ganz klar sagen. Es gibt keinen Grund zum Jammern. Die Situation ist angespannt, aber wir werden eine gute Mannschaft stellen und uns gut präsentieren, ganz egal wer spielt. Das ist kein Zweckoptimismus, sondern tiefe Überzeugung“, glaubt Frontzeck an sein Team.
Der 42-Jährige muss auf Sascha Rösler (Mittelfussbruch) und Reiner Plaßhenrich verzichten. Der Kapitän wurde Mittwoch in Köln von Dr. Peter Schäferhoff operiert. Bei dem Eingriff wurde eine so genannte „Gelenktoilette“ durchgeführt. „Alles ist gut gelaufen. Ich habe Reiner besucht, wie es aussieht, ist er im Trainingslager Anfang Januar dabei“, so Frontzeck. Szilárd Nemeth fehlt weiterhin (Lungenembolie) und Sascha Dum ist aufgrund seiner fünften Gelben Karte aus dem Frankfurt-Spiel gesperrt. Sergio Pinto fehlte in dieser Woche aufgrund einer Magen-Darm Infektion. „Sergio wird nicht in der Anfangsformation stehen. Ich hoffe aber, dass er eine Option für den Kader wird“, hofft Frontzeck den Rechtsfuss mit nach Wolfsburg zu nehmen. Matthias Lehmann zog sich aufgrund eines Pferdekusses eine Oberschenkelprellung zu, soll aber in der VW-Arena auflaufen. Die Hierarchie im Team wurde entgegen anders lautender Berichte übrigens nicht geändert. Vize-Kapitän nach Reiner Plaßhenrich bleibt Moses Sichone, es folgen Sascha Rösler, Jan Schlaudraff und Marius Ebbers als Mitglieder im Mannschaftsrat.
„Wolfsburg verfügt über eine gute Mannschaft, die aufgrund ihres Hauptsponsors über riesiges finanzielles Potential verfügen. Sie verfügen über eine Mannschaft mit hoher Qualität“, schätzt der Ex-Nationalspieler die Mannschaft aus der VW-Metropole stark ein. „Sie haben alle Mann an Bord und werden offensiv ausgerichtet sein“, glaubt Frontzeck. So sieht es auch Laurentiu Reghecampf: „Die anderen Spieler, die hinten dran sind, müssen versuchen, das Ding zu übernehmen. Wir fahren nach Wolfsburg und werden alles geben“, gibt sich der Rumäne kämpferisch. Einer wird auf jeden Fall in Wolfsburg spielen, und auch noch viele weitere Spiele für die Alemannia in der Rückrunde bestreiten: Jan Schlaudraff. Sportdirektor Jörg Schmadtke hat einen endgültigen Riegel vor die Winter-Wechselgerüchte um den Youngster geschoben: „Die Sache ist erledigt. Jan bleibt in Aachen. Basta.“
Schiedsrichter der Partie Michael Kempter, ihm assistieren an den Seitenlinien Jan-Hendrik Salver und Volker Wezel.
VfL Wolfsburg: Boakye (32. Madlung), Hofland, Jentzsch, Klimowicz (69. Hanke), Krzynowek (86. Santana), Makiadi, Menseguez, Möhrle, Quiroga, Stegmayer, van der Leegte / Trainer: Klaus Augenthaler
Alemannia Aachen: Ebbers, Fiel, Heidrich (68. Ibišević), Herzig, Klitzpera, Lehmann (46. Krontiris), Leiwakabessy, Reghecampf, Schlaudraff, Stehle (68. Pinto), Straub / Trainer: Michael Frontzeck
1:0 Madlung (50.), 1:1 Reghecampf (72.), 1:2 Herzig (78.)
Lehmann (17.), Quiroga (21.), van der Leegte (24.), Quiroga (28.), Leiwakabessy (49.), Krontiris (64.)
5 / 5
Michael Kempter, Jan-Hendrick Salver, Volker Wezel
19.891 (davon ca. 700 aus Aachen)
heiter, 6 Grad
Die Alemannia hat beim VfL Wolfsburg in der Volkswagenarena mit einem 2:1-Sieg wichtige drei Punkte entführt. Vor 19.891 Zuschauern sah Facundo Quiroga früh die Gelb-Rote Karte. Trotz der numerischen Überzahl geriet die Elf von Trainer Michael Frontzeck zunächst durch Alexander Madlung in Rückstand. Durch Treffer durch Laurentiu Reghecampf und Nico Herzig konnten die Aachener das Spiel jedoch wenden.
Im Vergleich zur 2:3-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt änderte Trainer Michael Frontzeck die Startelf auf gleich vier Positionen: Keeper Stephan Straub, Thomas Stehle, Laurentiu Reghecampf und Matthias Heidrich bekamen ihre Chance von Beginn an. Frontzeck schickte somit gegen Wolfsburg eine bewusst defensivere Aufstellung aufs Feld. Thomas Stehle und Jeffrey Leiwakabessy auf den Außen sowie Nico Herzig und Alexander Klitzpera im Zentrum bildeten die Viererabwehrkette. Moses Sichone blieb aufgrund von durchwachsenen Leistungen zunächst auf der Bank. Mit Matthias Heidrich und Matthias Lehmann als „doppelte Sechs“ vor der Abwehr sollte mehr Stabilität ins Spiel der Alemannen kommen. Im offensiven Mittelfeld begann Cristian Fiel zunächst zentral - unterstützt von Jan Schlaudraff und Laurentiu Reghecampf auf den Flügeln. Marius Ebbers war nominell die einzige Spitze.
Auf der Gegenseite konnte „Wölfe-Coach“ Klaus Augenthaler aus dem Vollem schöpfen: Diego Klimowicz, Tom van der Leegte und Jacek Krzynowek kehrten ins Team zurück. Vor Simon Jentzsch im Tor begannen somit Uwe Möhrle, Facundo Quiroga, Kevin Hofland und Michael Stegmayer in der Viererkette. In der Raute im Mittelfeld spielte Tom van der Leegte vor der Abwehr. Auf den Außenbahnen kamen Juan Menseguez und Jacek Krzynowek zum Einsatz. Cedrick Makiadi unterstützte im zentralen Mittelfeld die beiden Spitzen Diego Klimowicz und Isaac Boakye. Nationalstürmer Mike Hanke blieb trotz auskuriertem Knie zunächst nur auf der Bank.
Wie es die Aufstellung vermuten ließ, begann die Alemannia in den ersten Minuten abwartend und stand kompakt in der eigenen Hälfte. Über Konter wurden jedoch die ersten Duftmarken in der Hälfte des VfL gesetzt, die zunächst ungefährlich blieben. Reghecampf (2.) und Ebbers (4.) erreichten mit Steilpässen ihre Mitspieler noch nicht. In der siebten Spielminute setzte sich Ebbers allerdings schön auf Links durch: Sein Pass an die Strafraumgrenze erreichte Fiel, der nur knapp verzog. In der Folgezeit zog sich die Alemannia weiter tief in die eigene Hälfte zurück und überließ dem Gastgeber das Spiel. Der VfL ließ aber die Feldüberlegenheit ungenutzt und so schaltete sich die Alemannia wieder ins Offensivspiel ein: Die erste Ecke von Reghecampf verlängerte Ebbers mit dem Kopf und Stehle verpasste am langen Pfosten nur knapp (15.). Trotz der Feldüberlegenheit der Wölfe und einer Halb-Chance durch Klimowicz (19.) blieb unser Team die gefährlichere Mannschaft. Nach einem Freistoß vom Mittelkreis erreichte der Ball Schlaudraff im Sechzehner. Der junge Stürmer bediente Ebbers mustergültig am langen Pfosten. Seinen Kopfball aus fünf Metern konnte VfL-Keeper Jentzsch nur mit allerhöchster Not entschärfen (21.).
Die Alemannia wurde jetzt mutiger und wagte mehr. Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten: Die Wolfsburger fanden kein Mittel gegen die engagierten Aachener und wussten sich nur durch Fouls gegen den Aufsteiger zu wehren. Folglich flog Quiroga nach seinem zweiten Foul mit der Gelb-Roten Karte vom Platz (28.). Der Wolfsburger Verteidiger hatte Schlaudraff unfair von den Beinen geholt. Trainer Augenthaler handelte sofort und brachte Innenverteidiger Alexander Madlung für den offensiven Boakye. Die Grün-Weißen reagierten auf den Platzverweis mit wütenden Angriffen: Die planlos nach vorne geschlagenen Bälle stellten aber keine Gefahr für die Aachener Defensive dar. Im Gegenzug waren die Alemannen selbst gefährlich: Einen Freistoß von Reghecampf nahm Ebbers direkt. Das Leder ging jedoch über das Tor von Torwart Jentzsch (33.).
Die Elf von Trainer Michael Frontzeck bestimmte jetzt die Partie. Der Ball zirkulierte gut in den eigenen Reihen, um dann zu versuchen einen gefährlichen Pass in die Tiefe zu spielen. Leider führte die numerische Überlegenheit noch zu keiner gefährlichen Aktion vor dem Wolfsburger Tor. Unsere Elf hatte sogar noch Glück: Der bereits verwarnte Lehmann foulte Menseguez in der eigenen Hälfte. Schiedsrichter Michael Kempter beließ es aber bei einer letzten Verwarnung. Kurze Zeit später waren die ersten 45 Minuten abgelaufen.
Wie gewohnt kam die Alemannia wieder einige Minuten eher als notwendig aus der Kabine, um nach der Pause wieder hellwach das Spiel anzugehen. Michael Frontzeck reagierte auch personell: Der gelb-rot-gefährdete Lehmann blieb in der Kabine. Emmanuel Krontiris kam für ihn ins Spiel und fügte sich sofort ein: Mit einem schönen Solo machte er nach nur sechzig Sekunden auf sich aufmerksam. Im Strafraum wurde er jedoch fair von Hofland gestoppt (46.). Wolfsburg blieb davon jedoch unbeeindruckt: Menseguez startete auf Rechts durch und konnte nur durch Leiwakabessy gestoppt werden. Der Niederländer sah für das Foul die Gelbe Karte. Den anschließenden Freistoß brachte Krzynowek in die Mitte, wo Madlung zum 1:0 für die Gastgeber einköpfte (50.).
Die Alemannia war kurz verunsichert und hatte Probleme im Spielaufbau, weil die Niedersachsen kompromisslos dagegen hielten. Die Wölfe hatten sogar noch eine weitere gute Möglichkeit: Nach einem Freistoß von Krzynowek kam der Abpraller zu Madlung. Sein Schuss aus sechzehn Metern ging nur knapp am Kasten der Alemannia vorbei (59.). Im Vergleich zur ersten halben Stunde hatte sich das Bild jetzt komplett geändert: Die Alemannia setzte sich in der Hälfte der Gastgeber fest und bestimmte das Spiel. Die Wolfsburger machten es der Alemannia aber nicht leicht, denn es zogen sich alle Spieler tief in die gegnerische Hälfte zurück. Um noch mehr Druck zu erzeugen, brachte Michael Frontzeck Sergio Pinto und Vedad Ibisevic für Stehle und Heidrich (70.).
Eine Minute später ging die Rechnung auf: Bei einem schnellen Angriff wurde Herzig von Pinto angespielt und kurz vor der Strafraumlinie regelwidrig von den Beinen geholt. Reghecampf schnappte sich den Ball und zirkelte den Ball Richtung Tor - traf aber in die Mauer der Wölfe, von wo die Kugel ins Tor der Wolfsburger sprang (72.). Sichtlich beflügelt spielte die Alemannia weiter nach vorne, konnte sich jedoch noch nicht gegen die Abwehr der Gastgeber durchsetzen. In dieser Phase war Krontiris sehr auffällig im Mittelfeld: Stets anspielbar verteilte er klug die Bälle im Mittelfeld. In der 78. Minute dann der Lohn für Aachens engagierte Leistung: Reghecampf flankte von Rechts und Jentzsch verschätzte sich. Der VfL-Keeper berührte zwar noch das Spielgerät, welches aber auf Umwegen zu Herzig gelangte. Aus zwei Metern hatte der Verteidiger an seinem 23. Geburtstag keine Mühe den Ball über die Linie zu bringen (78.).
In der Schlussphase versuchte das Team von Klaus Augenthaler die Niederlage abzuwenden und riskierte alles. Die Aachener Abwehr stand jedoch sicher und auch Stephan Straub musste nur zweimal bei hohen Bällen eingreifen. In der letzten Minute hatte Ibisevic sogar noch die Chance zum 3:1 für den Gast aus Aachen. Sein Schuss aus fünf Metern ging jedoch knapp am Tor von Jentzsch vorbei.
Durch eine tolle Moral kann die Alemannia das Spiel noch drehen. Trotz eines frühen Platzverweises geriet unser Team in Rückstand, kämpfte sich jedoch ins Spiel zurück und konnte nach zwei Toren dann doch verdient als Sieger vom Platz gehen.
Michael Frontzeck: Erst einmal muss ich der Mannschaft ein Kompliment aussprechen. Wir haben ein sehr gutes Auswärtsspiel gemacht. Mich freut es für die Jungs, denn sie haben in den letzten Partien mit sehr großem Aufwand gespielt und sind am Ende nicht belohnt worden. $cut Heute haben wir gegen Wolfsburg über neunzig Minuten ein gutes Spiel gemacht. Auch wenn das erste Tor ein wenig glücklich war, freuen wir uns alle über diese drei Punkte. Ich bin froh, dass wir unsere Negativserie endlich beenden konnten.
Klaus Augenthaler: Es ist klar, dass wir uns den Spielverlauf ganz anders vorgestellt haben. Wir wollten Aachen unter Druck setzen, was uns überhaupt nicht gelungen ist. Vielleicht war der Respekt vor Aachen oder Jan Schlaudraff zu groß. Nach der gelb-roten Karte ist komischerweise ein Ruck durch die Mannschaft gegangen und wir sind in Führung gegangen. Danach haben wir zwei Gegentore kassiert, die in der Entstehung sehr unglücklich waren. Wir hätten uns im letzten Heimspiel gerne anders von den Fans verabschiedet. Jetzt wollen wir am Sonntag zumindest in Bremen was mitnehmen, da traut uns ohnehin niemand etwas zu.
Nico Herzig: Mein erstes Liga-Tor heute für die Alemannia war natürlich ein wichtiges. Dass es ausgerechnet heute passiert ist, war mir eigentlich egal. Wir wollten hier drei Punkte mitnehmen und dies haben wir geschafft. Dass ich dann mit einem Tor dazu beitragen kann, freut mich dann doppelt. Im Spiel waren auch wir zunächst ein bisschen verunsichert, denn wir haben nun mal acht Spiele hintereinander nicht gewonnen. Umso schöner ist es dann für mich und die Mannschaft, dass wir die drei Punkte mitnehmen können. Für mich was es heute der schönste Geburtstag. Denn ich habe immer als kleines Kind davon geträumt in der ersten Liga zu spielen. Dass ich jetzt in meinem ersten Jahr auch mein erstes Tor gemacht habe, ist für mich einfach super.
Stephan Straub: Ganz zufrieden bin ich nicht, denn wir haben hinten nicht zu Null gespielt. Insgesamt war es für mich ein recht kalter Abend auf Grund des Spielverlaufes. Aber es zählt nur, dass die Mannschaft gewonnen hat. Man hat gesehen, dass die Mannschaft trotz der schlechten Bodenverhältnisse den Kampf angenommen hat und auch noch versucht hat Fußball zu spielen. Nach dem Rückstand haben wir das Spiel noch verdient umgebogen und wir sind heute endlich für unseren Einsatz belohnt worden.