2. Bundesliga - Saison 2004/2005 - 5. Spieltag - Sonntag 19.09.2004  - 20:30 Uhr
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Keine Zeit zum Genießen

Gegen 9 Uhr am Morgen trafen die Busse aus Brüssel ein. Zunächst die Fanbusse, zuletzt der Mannschaftsbus, da unsere Spieler am Flughafen noch auf ihr Gepäck warten mussten. Der Rückflug aus Reykjavík verlief angenehm ruhig und Mannschaft und Fans hatten exakt 2 Stunden und 50 Minuten Zeit für Augenpflege und anderes.

Mit der Ankunft begann dann aber schon die Vorbereitung auf das Schlagerspiel der 2. Bundesliga am Sonntagabend gegen den 1. FC Köln. "Leider haben weder die Trainer noch die Spieler Zeit, das Erlebnis und vor allem das Ergebnis von Island so richtig zu genießen", meinte Cheftrainer Dieter Hecking nach der Ankunft. Bereits am Abend wird sich Dieter Hecking das Spiel Ahlen gegen Trier anschauen, während Co-Trainer Dirk Bremser auf dem Weg nach Offenbach ist,
wo heute in der Regionalliga Süd das Gastspiel der Bayern Amateure am Bieberer Berg stattfindet.

Wahrscheinlich ist aber genau so ein Spiel wie gegen 1. FC Köln genau das, was jetzt die Mannschaft braucht, um nicht allzu lange in UEFA Pokal-Erinnerungen zu schwelgen. Doppeltorschütze Kai Michalke winkte bereits am Flughafen Keflavík auf die Frage nach dem Rückspiel gegen Hafnarfjördur ab. "Das Rückspiel ist jetzt gar kein Thema. Ich denke jetzt nur an die Partie gegen Köln. Auf dieses Spiel freut sich jetzt die ganze Mannschaft." Die Personalsituation ist unverändert. Dieter Hecking: "Erfreulicherweise haben wir keine Verletzungen aus Island mitgebracht. Bis auf Jens Scharping, der noch an seinen Wadenproblemen laboriert, sind alle fit." Da sich die Verletzung unseres Stürmers jetzt schon länger hinzieht, wird sich Jens Scharping einer Kernspintomografie unterziehen und somit gegen den 1.FC Köln am Sonntag nicht zur Verfügung stehen.

Nach so einem Spiel wie am Donnerstag auf Island herrscht natürlich Optimismus am Tivoli und es ist die Hoffnung spürbar, dass unser Team an die letzten guten Leistungen anknüpfen kann. "Ich hoffe", so der Alemannia Coach, "dass wir die gute Leistung von Island auch in das Derby mit dem 1.FC Köln trans-portieren können. Meine Mannschaft weiß aber auch, dass Köln nicht Hafnarfjörder ist. Köln ist für mich schon seit Saisonbeginn der Top-Favorit auf den Aufstieg."

Dem kann und will FC-Trainer Huub Stevens nicht widersprechen. "Ich bin davon überzeugt, dass wir den Aufstieg realisieren können. Wir haben unser Ziel formuliert und werden alles daran setzen, dieses Ziel zu erreichen." Einer der interessantesten Spieler beim rheinischen Nachbarn ist zweifelsohne zur Zeit Jung-Nationalspieler Lukas Podolski, der am ersten Spieltag der letzten Saison noch mit der Kölner U19 am Tivoli gastierte. Huub Stevens allerdings versucht - wohl richtigerweise - den Druck von Deutschlands großem Stürmertalent zu nehmen. "Natürlich fokussiert sich in Medien und im Umfeld viel Interesse auf ihn. Aber wir versuchen ihn davon zu befreien, damit er sich auf sein Spiel konzentrieren kann." Personelle Probleme plagen den FC, denn nach Attila Tököli fallen nun auch noch Roland Benschneider mit gebrochenem Zeh und Stefan Wessels mit einem Knochenanriss an der Hand verletzt aus. Mit Alexander Bade steht allerdings ein "Ersatz" zwischen den Pfosten, der diesen Begriff eigentlich gar nicht verdient.

Große Stimmung wird also wieder einmal am Tivoli herrschen, der mit 21.200 Zuschauern restlos ausverkauft sein wird und Dieter Hecking blickt nach vorne: "Die Vorfreude auf das Spiel am Sonntag ist bei allen auf jeden Fall groß und unsere Zielsetzung sind drei Punkte. Dazu setzen wir natürlich auf unsere Fans, die uns mit Sicherheit wieder großartig unterstützen werden." Aber auch der Kölner Anhang ist für guten Support bekannt und so wird sich das Kräftemessen nicht nur auf dem Rasen, sondern hoffentlich friedlich, aber bestimmt stimmgewaltig auch auf den Tribünen abspielen. Derby, Flutlicht, Live: Alles ist angerichtet für einen weiteren Leckerbissen im Fußballtempel Tivoli.

Als Unparteiischen begrüßen wir Sonntagabend Michael Weiner aus Giesen (Niedersachsen). Michael Weiner ist 35 Jahre alt und steht seit 1993 auf der DFB-Liste. Seit 1995 leitet der Polizeibeamte, dessen Heimatverein der TSV Ottenstein ist, Spiele der 2. Bundesliga (bisher 82), seit dem Jahr 2000 Spiele in der Ersten Liga (bisher 60). Vor zwei Jahren stieg Michael Weiner in die FIFA-Rangliste auf und leitete bisher fünf Europapokalspiele. In der Bundesliga zeigte der Unparteiische in der Spielzeit 2003/2004 eine rote und zwei gelb-rote Karten und insgesamt 70 Verwarnungen in 15 Spielen stehen in seiner Statistik. Die letzte Partie auf dem Tivoli unter seiner Leitung war das 1:3 gegen den VfL Bochum im Mai 2002. In guter Erinnerung ist das letzte Spiel der Schwarz-Gelben mit dem Referee. Im Mai 2004 gewann Alemannia mit 2:1 bei RW Oberhausen.

An der Linie werden Michael Weiner am Sonntag die Herren Bernd Hauer (42, Hambühren/Niedersachsen) und Kuno Fischer (22, Leer/Niedersachsen) als SR-Assistenten begleiten.

Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Blank, Fiel, Klitzpera, Landgraf, Meijer, Michalke, Pinto, Plaßhenrich, Rolfes, Sichone, Straub / Trainer: Dieter Hecking

1. FC Köln: Bade, Cullmann, Guie-Mien, Podolski, Scherz, Schindzielorz, Sinkala, Sinkiewicz, Springer, Streit, Voigt / Trainer: Huub Stevens

Tore

1:0 Kai Michalke (25.), 1:1 Carsten Cullmann (61.), 1:2 Lukas Podolski (65.), 2:2 Kai Michalke (78.), 2:3 Marius Ebbers (83.)

Verwarnungen

  Matthias Scherz (18.),   Stefan Blank (19.),   Lukas Podolski (68.),   Erik Meijer (73.),   Lukas Sinkiewisz (90.)

Ecken

4 / 8

Abseits

1 / 5

Schiedsrichter:

Weiner Michael

Zuschauer:

21.200 (davon ca. 3000 aus Köln) - ausverkauft -

Wetter:

heiter, 15°

10 tapfere Aachener unterliegen unglücklich dem Aufstiegsfavoriten

Die Aufstellungen der beiden Mannschaften bargen keine Überraschungen, die Schwarz-Gelben spielten zu Beginn an so, wie schon in den letzten Wochen und auch der Zweitligist aus der anderen Domstadt trat in der Besetzung an wie erwartet, also auch mit Jung-Nationalspieler Lukas Podolski, um dessen Zeh es in Köln zwei Tage einige Aufregung gab.

Im ausverkauften Tivoli herrschte eine tolle und faire Stimmung, zunächst, denn einige Ereignisse lösten dann doch eine hitzige Atmosphäre aus. In der Anfangsviertelstunde zeigten beide Mannschaften technisch guten Fußball. Alemannia hatte etwas mehr vom Spiel, das sich der FC doch zunächst etwas mehr in die eigene Hälfte zurückzog. Cristian Fiel hatte die erste Chance im Spiel, als er nach einer Flanke von Willi Landgraf den Ball in den Winkel zirkelte. Alexander Bade aber zeigte sich als guter Ersatz von Stammkeeper Wessels und lenkte den Schuss akrobatisch um den Pfosten.

Aber auch der Gast versteckte sich nicht und bei einem allerdings zweifelhaften Freistoß von einem heute etwas übermotiviertem Podolski musste Stephan Straub beherzt eingreifen und auch das Nachsetzen per Kopf von Cullmann abwehren. Dann folgten die Schlüsselszenen des Spiels, die die Partie entscheiden sollten. Kurz vor dem zweiten Aachener Eckball beging Matthias Scherz eine Tätlichkeit (Ellenbogencheck) an Stefan Blank, doch Schiedsrichter Weiner zeigte dem Täter nur die Gelbe Karte. In der folgenden Szene - der Eckstoß musste neu ausgeführt werden - war Stefan Blank der Übeltäter (Wegschubsen als zwei Kölner auf ihn zustürmten). Diesmal zückte der Unparteiische die Rote Karte. Es war die 19. Minute und von da an war das Spiel natürlich nicht mehr das, was es eigentlich sein sollte.

Doch unsere Mannschaft zeigte Moral und wehrte sich. Fünf Minuten später schlug Stephan Straub einen Abstoß weit in die gegnerische Hälfte, Erik Meijer gewann das Kopfballduell gegen Sinkiewicz und Sergio Pinto legte per Rückzieher zurück auf Kai Michalke. Unser offensiver Mittelfeldspieler - schon zweifacher Torschütze im UEFA Cup - hatte die Zeit, sich den Ball zurecht zulegen, hielt einfach mal drauf und traf zur vielumjubelten Führung für die Hausherren. Im Anschluss reagierte Cheftrainer Dieter Hecking sofort auf die Unterzahl. Cristian Fiel musste vom Platz und für ihn kam Thomas Stehle ins Spiel und übernahm die linke Abwehrseite. Sergio Pinto rückte jetzt mehr in die Mitte und jetzt war die Frage, wie lange die Kraft nach dem anstrengenden Donnerstag-Trip nach Island reichen würde.

Bis zur Halbzeit sahen die Zuschauer dem Spiel der Kölner jedenfalls nicht an, dass der FC eigentlich Überzahl hatte. Die Schwarz-Gelben spielten sehr geschickt und massierten auch keineswegs nur hinten die Abwehr. In der 38. Minute hatte Alexander Klitzpera sogar das zweite Tor auf dem Fuß, doch nach einem Stehle-Kopfball war in letzter Sekunde noch ein Kölner Bein dazwischen und blockt den Schuss aus der Drehung ab.

FC-Trainer Huub Stevens war ganz und gar nicht mit dem Spiel seiner Mannschaft zufrieden und wechselte schon kurz vor der Pause sowie in Halbzeit aus. Für Springer und Schindzielorz kamen Feulner und Ebbers in die Partie. Im Verlauf der 2. Halbzeit bekam der Gast jetzt Übergewicht und hatte mehr Spielanteile, ohne jetzt aber die Alemannia Abwehr vor allzu große Probleme zu stellen. Lediglich bei einem Fernschuss von Feulner musste sich Stephan Straub strecken, um zur Ecke abzuwehren.

Dann brachte aber doch ein Doppelschlag den Gast auf die Siegerstraße. Cullmann und Podolski schafften innerhalb von vier Minuten die Wende. Nach dem 1:2 schien das Spiel entschieden, doch unsere Mannschaft zeigte sich gefestigt und charakterstark und fightete zur Überraschung der Kölner zurück. Nach gewonnenem Kopfballduell von Erik Meijer zog Kai Michalke aus spitzem Winkel ab, doch diesmal ließ sich der Gästeschlussmann aber nicht überlisten (72.). Der nicht mehr für möglich gehaltene Ausgleich fiel nur wenige Minuten später. Kai Michalke schlug einen Freistoß angeschnitten in den Strafraum und ohne dass noch jemand das Leder berührte, trudelte der Ball zum Entsetzen der Kölner ins Netz.

Der Fußballgott aber zeigte sich nicht gerecht an diesem Abend. Sieben Minuten vor Schluss nutzte Podolski einen Ballverlust an der Mittellinie zu einem Solo Richtung Aachener Tor und Mario Ebbers stocherte den von Stephan Straub zunächst abgewehrten Ball über die Linie. Noch immer aber gab sich der UEFA Cup-Teilnehmer nicht geschlagen, doch die Latte rettete in der letzten Spielminute dem Gast einen glücklichen Dreier. Alemannia hatte aber trotz der Niederlage mit diesem Spiel, mit dieser Moral und mit der gezeigten Einstellung wieder einmal viele Sympathien in Fußballdeutschland gewonnen.

Zum Spiel

Ich kann nur beipflichten, dass wir heute Abend ein tolles Zweitligaspiel gesehen haben. Zwei Mannschaften, die am Ende sehr weit oben sein können, wenn sie das, was sie heute gezeigt haben, in den nächsten Spielen auch abrufen. Für uns natürlich insofern unglücklich, wenn man zehn Minuten vor Schluss mit zehn Mann noch den Ausgleich erzielt, dass man dann noch in den Konter hineinläuft. Zwar ein Fehlpass von Kai Michalke, aber der Kai hat ein Riesenspiel gemacht. Eigentlich wollte ich darüber hinweg sehen, aber es war natürlich die spielentscheidende Szene gegen uns. Ich kann der Mannschaft wirklich nur ein Riesenkompliment machen. Sie hat mit zehn Mann nicht nur versucht, zu kämpfen. Sie hat versucht, die Unterzahl mit spielerischen Mitteln zu lösen. Selbst das ist uns gelungen und das stimmt mich doch sehr, sehr zuversichtlich, dass wir wirklich auf einem guten Weg sind und dass wir diesen ersten Rückschlag mit unserer intakten, harmonischen Mannschaft auch verkraften werden. Es war kein Rückschlag, es war für mich schon wieder ein positiver Schritt nach vorne, wie die Mannschaft dagegen gehalten hat, wie sie hier versucht hat, das Spiel durchzubringen. Ein Kompliment dazu und deswegen bin ich nicht so unzufrieden, obwohl wir verloren haben.

Huub Stevens

Man weiß, wenn man auf dem Tivoli spielt, dass es ein hitziges Spiel werden kann. Das haben wir auch heute gesehen. Ich denke, dass das Publikum dieses Spiel genossen hat. Natürlich sind wir der glückliche Sieger. Aber trotzdem kann ich auch sagen, dass wir fußballerisch nicht das gebracht haben, was wir uns vorgestellt haben. Gegen zehn Leute haben wir in der ersten Hälfte sicherlich zu wenig Druck gemacht. Wir haben den Gegner mit zehn Leuten spielen lassen. Das war der Grund, warum wir einige Male gewechselt haben. Trotzdem ein Kompliment an Aachen, die nach Donnerstag mit zehn Leuten gekämpft haben. Sie wurden aber nicht belohnt und wir sind natürlich zufrieden mit drei Punkten.

Erik Meijer

Ich denke, dass die Rote Karte in der schweren Englischen Woche natürlich ausschlaggebend war, dass wir in der zweiten Hälfte nicht mehr das machen konnten, was wir wollten. Wenn er auf der einen Seite Gelb gibt für ein Sperren oder etwas, was nicht gut ist und auf der anderen Seite Rot, dann finde ich das ein bisschen komisch für einen Polizisten. Ich glaube, ein Polizist sollte sich an eine Regel halten, nicht an zwei Regeln. Wenn ich zu schnell fahre, muss ich ein Bußgeld zahlen. Aber man kann nicht dem einen ein Bußgeld geben und dem anderen nicht. Trotzdem machen wir noch das 2:2 und dann macht unser bester Mann den Fehlpass. Das ist schon schade. Kai hat super gespielt. Naja... in drei Tagen kommt wieder der Nächste.

Kai Michalke

Ich glaube, man braucht niemandem zu erzählen, dass man nach diesem Abend super enttäuscht ist. Wir haben riesig gekämpft und den Kölnern alles abverlangt. Es ist einfach unglücklich gelaufen. Als ich nach Aachen kam, habe ich immer betont, dass ich nach den vielen Verletzungen in Nürnberg noch nicht richtig fit war. Die Fitness habe ich zurzeit mehr denn je und ich habe einfach den Spaß am Fußball. Ich spiele sehr gern hier und ich glaube, das sieht man.

Christian Klitzpera

Das ist natürlich ganz bitter für uns. In der ersten Halbzeit haben wir überragend gespielt. Nach 20 Minuten waren wir ein Mann weniger und haben trotzdem das Spiel beherrscht und gut kombiniert. In der zweiten Hälfte haben die Kölner dann doch mehr Druck gemacht und mit vier Spitzen gespielt. Dadurch sind sie zu der einen oder anderen Chance und nach einer Standardsituation zum Ausgleich gekommen.

Stephan Straub

Generell ärgere ich mich immer, wenn ich Tore reinkriege. Aber wenn man dann sieht, wie frei die da standen, dann ist das das, was mich geärgert hat. Die ersten beiden Schüsse waren ja drin, da hatte ich schon einen Hals. Dann kommt natürlich noch einiges mehr, weil man dann halt noch mehr versucht. Aber letztendlich waren die Gegenspieler einfach zu frei. Das haben wir ihnen zu einfach gemacht.

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