Irgendwie hat es sich eingebürgert, dass Dieter Hecking am Anfang der Pressekonferenz vor dem jeweiligen Spiel als erstes die Personalien abhandelt. Am Freitag hatte er speziell für diesen Punkt einen Spickzettel mit den verletzten Spielern vorbereitet. „Damit ich auch keinen vergesse“, erklärte der Trainer.
Zum Mitschreiben hier also die aktuelle Verletztenliste der Alemannia: Neben Keeper Stephan Straub fallen am Sonntag gegen Energie Cottbus auch Simon Rolfes, Sergio Pinto, Frank Paulus, Alexander Klitzpera, Thomas Hengen und Florian Bruns aus. Bruns hat zwar in dieser Woche wieder mit der Mannschaft trainiert, ein Einsatz kommt aber nach der langen Rückenverletzung noch nicht in Frage. Mirko Casper ist zudem nach seiner Gelb-Roten Karte in Essen gesperrt. Cristian Fiel konnte zu allem Überfluss wegen einer Grippe auch am Freitag nicht trainieren. „Sein Einsatz ist stark gefährdet“, musste der Trainer einräumen. Bei Rolfes, Klitzpera und Paulus hofft Hecking zumindest, dass sie am Anfang der Woche wieder ins Training einsteigen. Einen Vorteil hat die Sache: Große Gedanken um die Aufstellung muss sich das Aachener Trainergespann nicht machen. „Die ergibt sich fast zwangsläufig, denn so viele Alternativen haben wir ja nicht mehr.“
Eine feste Größe in den Planungen des Coaches wird nicht nur am Sonntag Moses Sichone spielen, der seinen Vertrag am Tivoli verlängert hat. Der Abwehrspieler aus Sambia wird für zwei weitere Jahre an der Krefelder Straße spielen. „Es macht mir großen Spaß, in dieser Mannschaft und vor diesem Publikum zu spielen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit Alemannia Aachen noch viel erreichen können. Also war es keine Frage, dass ich verlängere“, sagte Sichone am Freitag. „Moses weiß, was er an der Mannschaft und dem Verein hat. Er ist einer der konstantesten Spieler bei uns und eine feste Größe in unserer Hintermannschaft“, freute sich Trainer Dieter Hecking. Damit besteht die Abteilung Innenverteidigung auch in der kommenden Spielzeit aus Sichone, Klitzpera und Thomas Stehle. „Kontinuität ist gerade in diesem Mannschaftsteil wichtig“, freute sich Hecking über die positive Nachricht von Sportdirektor Jörg Schmadtke, der die Gespräche mit Sichone geführt hatte.
Mit sechs ungeschlagenen Spielen im Rücken überrascht es kaum, dass Hecking mit Blick auf die Partie gegen Cottbus am liebsten gar nichts ändern will. „Wir tun gut daran, an dem festzuhalten, was wir in den vergangenen Wochen verfolgt haben“, meint der Fußball-Lehrer nach zuletzt drei Begegnungen ohne Gegentor. Natürlich ist den Aachenern die Situation der Lausitzer bekannt, im Abstiegskampf muss das Team von Petrik Sander noch ein paar Pünktchen sammeln, um völlig aus der Gefahrenzone zu sein. „Sie haben jetzt zwei Auswärtsspiele und werden mit Sicherheit alles dafür tun, um schon hier in Aachen zu punkten“, vermutet Hecking.
Dem steht die Zielsetzung der Alemannen natürlich entgegen: „Wir werden alles versuchen, vor hoffentlich wieder ausverkauftem Haus die Punkte hier zu behalten, um uns die kleine theoretische Chance offen zu halten, noch einmal in den Aufstiegskampf einzugreifen.“ Geduld wird gefragt sein, um die Cottbusser, die den Tivoli wohl nicht im Hurra-Stil erobern werden, in die Schranken zu weisen. „Die Maxime für das Spiel ist klar: Auf die Chance lauern, die erste wenn möglich gleich nutzen, um Cottbus aus der Abwehr zu locken, dann aus ein einem Konter das 2:0 machen und drei Punkte einfahren“, umreißt der Trainer die Vorstellungen für Sonntag. Das Hinspiel hat die Alemannia ja bekanntlich mit 2:1 gewonnen, nachdem ein gewisser Laurentiu Reghecampf Cottbus mit 1:0 in Führung gebracht hatte. Heute spielt der Rumäne am Tivoli und bekommt von seinem neuen Trainer einen äußerst knappen Rat mit auf den Weg ins Spiel gegen die ehemaligen Kollegen. „Er soll Gas geben, soll Tore vorbereiten, soll Tore schießen. Dann ist alles in Ordnung.“
Auf den Rängen kann sich die Alemannia mal wieder auf die Unterstützung ihrer Fans verlassen. Der Ansturm auf Karten für die letzten beiden Heimspiele der Spielzeit ist nach wie vor groß. Für die Begegnung gegen Cottbus wurden bis Freitagabend rund 17.500 Tickets verkauft. Neben Stehplatzkarten für die Blöcke V, X, N und K sind noch vereinzelte Sitzplatzkarten erhältlich. Die Alemannia erwartet am Sonntag rund 20.000 Zuschauer auf dem Tivoli. Für das letzte Heimspiel dieser Saison gegen Greuther Fürth am 22. Mai haben sich bereits 15.500 Fans eine Karte gesichert. Die überdachten Sitz- und Stehplätze sind komplett ausverkauft. Es sind jedoch noch Karten für den Würselener und Aachener Wall zu haben.
Für die kommenden Auswärtsspiele in München und Burghausen haben Fans die Möglichkeit, mit dem Bus anzureisen. Die Fahrkarten kosten jeweils 40 Euro. Abfahrt nach München ist am 8. Mai um 4 Uhr morgens ab Tivoli. Nach Burghausen geht es am 15. Mai um 3 Uhr in der Früh los. Die Karten für München kosten 10,50 Euro (Stehplatz Vollzahler/8,50 Euro ermäßigt) bzw. 25,50 Euro für den Sitzplatz (20,50 Euro ermäßigt). In Burghausen kostet der Stehplatz 8,50 Euro (5,50 Euro ermäßigt) und der Sitzplatz 13,50 Euro. Die Karten sind beim Heimspiel gegen Cottbus am Stand der IG sowie ab Montag im Fanshop zu erhalten.
Alemannia Aachen: Gomez, Landgraf, Meijer, Michalke, Nicht, Noll, Plaßhenrich, Reghecampf, Schlaudraff, Sichone, Stehle / Trainer: Dieter Hecking
FC Energie Cottbus: Baumgart, Berhalter, da Silva, Gunkel, Hysky, Jordache, Mokhtari, Piplica, Rost, Schöckel, Szelesi / Trainer: Eduard Geyer
1:0 Emil Noll (11.), 2:0 Kai Michalke (34.), 3:0 Erik Meijer (44.), 4:0 Daniel Gomez (80.)
Jan Schlaudraff (10.), Emil Noll (20.), Daniel Gunkel (20.), Kenan Sahin (21.), Tomislav Piplica (40.), Björn Brunnemann (50.)
3 / 4
6 / 3
Dingert Christian, Bauer, Christ
18.833 (davon ca. 150 aus Cottbus)
sonnig, 30°
Die Vorzeichen zu diesem Spiel waren jedoch alles andere als gut. Mit der längsten Verletztenliste in dieser Saison hatte Trainer Dieter Hecking keine großen Auswahlmöglichkeiten. „Ich habe noch nie so eine offensive Mannschaft auf den Platz schicken müssen. Aber die Jungs haben alles richtig gemacht. Schade nur, dass wir mit diesem überzeugenden Sieg nicht noch mehr belohnt worden sind und enger an Platz 3 herangekommen sind“, so der Coach nach dem Spiel. Kristian Nicht stand wie auch gegen Essen von Anfang an zwischen den Pfosten, da Stephan Straub wegen seines Innenbandanrisses noch bis auf weiteres ausfällt. Auch in der Innenverteidigung blieb es bei der Anfangsaufstellung wie gegen Essen. Thomas Stehle rückte wieder für Alexander Klitzpera ins Team, der nach seiner Schambeinentzündung noch nicht wieder fit ist. Für den Grippenkranken Cristian Fiel durfte heute Kai Michalke ran. Damit agierte vor der Abwehr statt der gewohnten zwei mit Reiner Plaßhenrich nur ein Abfangjäger. Auch Laurentiu Reghecampf konnte gegen seinen Ex-Klub zeigen, warum Jörg Schmadtke ihn nach Aachen geholt hatte. Neben Straub, Fiel und Klitzpera komplettieren Thomas Hengen, Florian Bruns, Simon Rolfes, Sergio Pinto und Frank Paulus das Lazarett der Alemannia-Spieler.
Die Partie begann schwungvoll: Vor 18.333 Zuschauern versuchte die Alemannia von Anfang an den Ton anzugeben. Aber auch Cottbus versteckte sich keineswegs. Mit einem Sieg hätten die Lausitzer den Klassenerhalt perfekt machen können - zwei Punkte fehlen dem Team von Trainer Petrik Sander noch zur magischen 40 Punkte-Marke. Nicht nur wegen der Stimmung, sondern auch wegen der heißen Temperaturen hatten beide Mannschaften in einem Hexenkessel zu kämpfen. Den Schwarz-Gelben gelang in der Hitze eindeutig der bessere Start. Mit seinem dritten Saison-Tor köpfte Emil Noll die Kicker vom Tivoli in Führung. Nach einer Ecke von Kai Michalke stand der Defensivmann genau richtig und markierte nach nur 11 Minuten das 1:0. Nach der Führung ließ es die Alemannia etwas ruhiger angehen, ohne das Heft aus der Hand zu geben. Cottbus hatte zwar ab der 20. Minute mehr Spielanteile, doch wirklich zwingend waren die Aktionen nicht. Spätestens am Sechzehner war für die Rot-Weißen Schluss. Alleine Youssef Mokhtari wurde mit einem satten Schuss aus 20 Metern, der nur knapp über den linken Winkel flog, gefährlich (26.).
Der Ex-Cottbuser Reghecampf, der ein engagiertes Spiel auf der rechten Seite machte, war es dann, der in der 34. Minute mit einer schönen Flanke aus dem Halbfeld Kai Michalke bediente. Dieser versenkte den Ball per Kopf im unteren linken Toreck. Großer Jubel nur fünf Minuten später. Auf der Anzeigetafel wurde das Zwischenergebnis aus Duisburg eingeblendet. Der MSV lag gegen Burghausen mit 1:2 zurück. Dieser Jubel brandete dann in 43. Minute nochmals auf. Duisburg lag schon mit 1:3 hinten. Die Zuschauer kamen aus dem Jubeln nicht mehr heraus: Erik Meijer markierte per Foulelfmeter den verdienten Halbzeitstand von 3:0. Pilpica hatte im Strafraum Jan Schlaudraff „umgesenst“. Der Niederländer ließ dem Keeper keine Chance und schob die Kugel ins Netz.
Nach der Pause ließ es die Alemannia ruhig angehen. Nach der Kraft raubenden ersten Hälfte beschränkte sich die Mannschaft von Dieter Hecking darauf, Energie zu sparen und das Ergebnis zu halten. Cottbus übernahm somit die Partie. Der FCE hatte durchaus Möglichkeiten zu verkürzen - durch Baumgart (51.) oder Hysky, der Lattentreffer per Kopfball verzeichnete (54.). Besser machte es dann kurz vor dem Ende der quirlige Stürmer Daniel Gomez. Der eingewechselte Jens Scharping schaltete nach einem Foul am schnellsten und schickte mit einem 30-Meter-Pass den Spieler mit der Nummer 9 auf die Reise. Frei vor Keeper Tomilav Piplica behielt der Franzose die Nerven und markierte das 4:0.
In der Summe ist das Ergebnis hoch verdient, denn die Aachener entschieden durch eine sehr starke Leistung schon in der ersten Hälfte die Partie. Cottbus versuchte nach der Pause sich noch einmal gegen die drohende Niederlage zu wehren, doch die schlechte Chancenauswertung der Lausitzer verhinderte dies. Cottbus muss nun in den letzten drei Spielen den Klassenerhalt sichern. Die Alemannia ist durch den Sieg weiter im Aufstiegsrennen dabei. „Wir waren heute effektiv, auch wenn nicht alles geklappt hat“, fasste Kapitän Erik Meijer die 90 Minuten ziemlich treffend zusammen. Nur eins trübte die Stimmung: die Kunde vom 4:3-Sieg der Duisburger. Dieter Hecking hatte dennoch ein Lob für die Fans parat. „Wir haben auf dem Rasen ja gespürt, wie heiß es ist. Aber die Fans haben heute trotzdem wieder alles gegeben. Kompliment“, sagte der Coach. Als Tabellenvierter fährt Alemannia jetzt nach München. Mit welchen Zielen? „Natürlich wollen wir auch dort gewinnen“, sagt Hecking.