Ein voraussichtlich ausverkauftes Haus, frühlingshafte Temperaturen: Wenn die Alemannia am Sonntag den FC St. Pauli empfängt, scheinen die Rahmenbedingungen für das sechsletzte Spiel auf dem Tivoli zu stimmen. Nach den unglücklichen Last-Minute-Niederlagen gegen den MSV Duisburg und den SC Freiburg ist die Marschroute für das kommende Heimspiel für Alemannias Coach Jürgen Seeberger klar: „Wir wollen auf die Siegerstraße zurückkehren.“
Da die Alemannia bekanntlich an heimischer Spielstätte eine Macht ist, scheint mit dem FC St. Pauli ein sehr gelegener Gegner an den Tivoli zu kommen. Der Tabellensiebte aus Hamburg ist auswärts seit nunmehr sechs Auftritten sieglos und markiert mit 45 kassierten Gegentoren den Liga-Spitzenwert. Davon möchte Alemannias Übungsleiter allerdings nicht viel hören. Ziel sei es vielmehr, vor heimischer Kulisse wieder die bekannte „Tivoli-Atmosphäre zu entfachen“ und sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren. „Wir müssen wieder unsere Leistung bringen und von Beginn an konzentriert in die Partie gehen. Ich erwarte einen couragierten Auftritt meiner Mannschaft und hoffe, dass es uns gelingt unsere Siegermentalität wiederzuerlangen“, fordert der Alemannen Coach.
So erwartet Seeberger, dass seine Truppe eine höhere Durchschlagskraft an den Tag legt, mehr Power einsetzt und den Gegner von Beginn an unter Druck setzt. Unterschätzen wolle man die Hamburger jedoch nicht. Zwar haben sich die „Kiezkicker“ auf fremden Plätzen nicht oft mit Ruhm bekleckert, doch sind sie am heimischen Millerntor eine Macht und zeigten schon des Öfteren, dass sie in der Lage sind, verloren geglaubte Spiele noch zu drehen. Aufgrund der personellen Engpässe beim FC St. Pauli ist es für den Alemannen Coach allerdings schwierig „eine potenzielle Aufstellung des Gegners rauszufiltern. Wir müssen abwarten, was auf uns zu kommt. Durch die vielen Ausfälle wirft ihre Aufstellung noch einige Fragezeichen auf“, so der 43-Jährige. Ein Auge werde man jedenfalls auf St. Paulis jungen Stürmer David Hoilett werfen. Mit seinen beiden Toren in der Partie gegen den FC Hansa Rostock war der 18-jährige Kanadier am vergangenen Freitag der Matchwinner in einer schon verloren geglaubten Partie.
Zu einem Wiedersehen mit Ex-Alemannia Stürmer Marius Ebbers wird es am Sonntag wohl nicht kommen. Wegen einer Sprunggeelenks-Verletzung kann „Ebbe“ die Reise nach Aachen nicht antreten. Zudem muss St. Paulis Coach Holger Stanislawski möglicherweise auf Filip Trojan verzichten. Der Tscheche meldete sich Mitte der Woche mit einer Grippe ab und muss um seinen Einsatz bangen.
Auf Seiten der Schwarz-Gelben kann Trainer Seeberger nahezu wieder aus dem Vollen schöpfen. Zwar fehlen weiterhin die Langzeitverletzten Markus Daun, Reiner Plaßhenrich und Thomas Stehle, doch kann der Alemannen Coach Verteidiger Hrvoje Vukovic nach abgesessener Rot-Sperre wieder im Kader begrüßen. Ein Fragezeichen steht noch hinter Szilárd Nemeth. Der Slowake plagte sich unter der Woche mit einer Infektion herum, konnte aber am Freitag wieder mir der Mannschaft trainieren. Einen Spieler konnte Seeberger wieder von der Verletztenliste streichen. Faton Popova stieg früher als erwartet wieder ins Mannschaftstraining ein und absolviert erstmals seit fünf Monaten wieder vereinzelt Übungseinheiten mit dem Team.
Die Partie wird von Tobias Welz geleitet. Ihm assistieren Markus Pflaum und Matthias Zacher.
Für das Spiel gegen den FC St. Pauli gibt es noch Tickets für den Aachener Wall. Karten sind in den Alemannia-Shops, an allen bekannten Vorverkaufsstellen und online über www.alemannia-tickets.de erhältlich. Die Frühkassen öffnen am Spieltag um 10 Uhr. Bisher wurden rund 20.300 Karten verkauft.
Alemannia Aachen: Stuckmann – Casper (46. Nemeth), Szukala, Olajengbesi, Achenbach – Fiel, Polenz, Brinkmann (71. Milchraum), Müller – Auer, Holtby (64. Lasnik) / Trainer: Jürgen Seeberger
FC St. Pauli: Hain – Rothenbach, Eger, Gunesch, Lechner – Hoilett (89. Morena), Schultz, Bruns, Brunnemann – Ludwig (79. Ebbers), Hennings (75. Schnitzler) / Trainer: Holger Stanislawski
0:1 Hoilett (16.), 0:2 Hoilett (49.), 0:3 Ludwig (56.), 1:3 Müller (68.)
Eger (33.), Hoilett (43.), Auer (54.), Holtby (59.), Schultz (66.), Polenz (89.)
Tobias Welz (Wiesbaden) – Markus Pflaum, Matthias Zacher
21.200 (davon ca. 2.000 aus St. Pauli)
heiter bis wolkig, 10 Grad
In einem über weite Strecken schwachen Zweitligaspiel verlor die Alemannia gegen den FC St. Pauli mit 1:3. Zweifacher Torschütze der Gäste war der Kanadier David Hoilett (17., 49.), der zum dritten Treffer von Alexander Ludwig die Vorlage beisteuerte (56.). Die enttäuschend aufspielenden Aachener verkürzten zwar durch Florian Müller (68.), die Niederlage gegen die clever spielenden Hanseaten konnte aber trotz eines Pfostenschusses von Benny Auer (87.) nicht mehr abgewendet werden.
Da die Alemannia in der zweiten Halbzeit bei Tabellenführer Freiburg überzeugte, schenkte Jürgen Seeberger genau diesen elf Spielern sein Vertrauen. Das garantierte Florian Müller einen Einsatz von Anfang an, Szilárd Nemeth musste auf der Bank Platz nehmen. Lewis Holtby rückte für den Slowaken in die Spitze, zusammen mit Benny Auer bildete Aachens Jüngster das Sturmduo. Das zentrale Mittelfeld teilten sich wieder Cristian Fiel und Daniel Brinkmann, auf den Flügeln kamen Jérôme Polenz und Müller zum Einsatz. Im defensiven Bereich änderte sich nichts: Vor Keeper Thorsten Stuckmann verteidigte die Viererkette um Mirko Casper, Lukasz Szukala, Seyi Olajengbesi und Timo Achenbach. Auf der Gegenseite erhielten die ehemaligen Aachener Florian Bruns, Ralph Gunesch und Marius Ebbers noch einmal die Gelegenheit sich vom alten Tivoli zu verabschieden.
Der erlebte in seinem sechstletzten Spiel eine stürmische Heimelf. Von der ersten Minute an pressten die Schwarz-Gelben, die Hanseaten kamen nur selten aus der eigenen Hälfte. Die erste Chance des Spiels ließ jedoch auf sich warten - und zur Überraschung der 21.200 Zuschauer ging die auf das Konto der Gäste: Lukasz Szukala hatte seinen Rückpass zu kurz angesetzt, Thorsten Stuckmann konnte den Ball in letzter Sekunde für seinen Verteidiger klären (10.). Sekunden später kamen auch die Alemannen zu ihrer ersten Möglichkeit: Cristian Fiel blieb mit seinem Freistoß aus 18 Metern aber knapp an der Pauli-Mauer hängen.
Auch im weiteren Verlauf ging es nur in eine Richtung - Richtung Würselener Wall, auf das Pauli-Gehäuse zu. Genau das wurde der Seeberger-Elf in der 17. Minute jedoch zum Verhängnis: Nach einem schnellen Konter landete der Ball vor den Füßen von FC-Angreifer David Hoilett. Nachdem der 18-jährige Kanadier Timo Achenbach düpiert hatte, ließ er Stuckmann mit seinem platzierten Schuss keine Chance - 0:1. Die Alemannen reagierten auf den Rückstand mit wütenden Angriffen. Da Marcel Eger den Schuss von Florian Müller, der zuvor spektakulär von Lewis Holtby in Szene gesetzt worden war, blocken konnte, blieb es beim 0:1 (20.). An der gut organisierten Hintermannschaft der Gäste bissen sich die Aachener auch in den weiteren Minuten die Zähne aus, so dass das Spiel vor sich hin siechte.
Da der letzte entscheidende Pass auch nach rund einer halben Stunde nicht ankam, versuchte es Aachens Toptorschütze aus der Ferne: Mit einem Drehschuss prüfte Benny Auer Paulis Keeper, Mathias Hain hatte den Ball im Nachfassen sicher (32.). Die Stanislawski-Elf lauerte auch in der letzten Viertelstunde in Halbzeit 1 auf Konter - eine davon bot sich ihnen drei Minuten vor dem Pausenpfiff: Nach einem Kopfball von Rouwen Hennings landete der Ball jedoch in Stuckmanns Armen. Auch die letzte gute Möglichkeit sicherten sich die Hanseaten: Da Florian Bruns aus guter Position am Aachener Kasten vorbei schoss, ging es mit dem knappen Rückstand in die Kabine.
Mit einem taktischen Wechsel versuchte Jürgen Seeberger die Ideenlosigkeit im Angriffsspiel abzustellen. Szilárd Nemeth kam für Mirko Casper in die Partie, Polenz gab den neuen Rechtsverteidiger und Holtby rückte auf den rechten Flügel. Die Umstellung sollte zu Beginn der zweiten Hälfte aber keine Früchte tragen. Im Gegenteil: In der 49. Minute erzielten die Gäste ihren zweiten Treffer. Wieder war es Hoilett, der sich den Ball nach einem Abschlag von Hain schnappte. Zuerst tanzte der Kanadier Seyi Olajengbesi aus, im Anschluss fälschte Müller dessen Schuss ab, so dass der Ball an den rechten Innenpfosten sprang und von dort aus ins Tor trudelte. Sechs Minuten später kam es noch schlimmer: Mit einem Konter wie aus dem Lehrbuch, den Alexander Ludwig abschloss, gingen die Hanseaten mit 3:0 in Führung. Erst nach dem dritten Gegentreffer wachten die Schwarz-Gelben auf, Florian Müller erzielte per Kopf den Anschlusstreffer (65.). Im Anschluss hatten Benny Auer (70.) und der eingewechselte Andreas Lasnik (80.) die Chance, es noch einmal spannend zu machen. Da beide jedoch zu hoch gezielt hatten, blieb es beim 1:3. Der Aufschrei des Entsetzens ging noch ein letztes Mal durch die Ränge, als Benny Auer in der 87. Minute mit seinem Schuss den rechten Pfosten traf - das war es dann aber auch!
Zwei Dinge hatte Jürgen Seeberger seinem Team mit auf den Weg gegeben: Den 21.200 Leuten eine gute Leistung anzubieten und auf St. Paulis Shooting-Star David Hoilett aufzupassen. Beides ging in die Hose. „Das ist richtig enttäuschend“, kommentierte Seeberger das Gesehene. „Ich kann die Verärgerung der Fans verstehen.“ $cut
Der Trainer analysierte das Gesehene mit äußerst klaren Worten. „Nach dem 0:1 hat es viel zu lange gedauert, bis wir uns erholt haben. Einige haben sich versteckt, wollten den Ball nicht mehr haben. Uns fehlte komplett die Durchschlagskraft nach vorne“, so der Coach. Die Umstellungen in der Halbzeit waren schon wenig später hinfällig, als Hoilett zum zweiten Mal zuschlug. „Der Ball ist abgefälscht, o.k. - aber wir hätten die Situation viel früher unterbinden müssen. Dass Hoilett kicken kann, wissen wir nicht erst seit gestern, und es war klar angesprochen“, ärgerte sich Seeberger, der die Phase nach dem 0:2 so beschrieb: „Da haben einige ihr eigenes Spiel erfunden.“
Einziger Lichtblick für den Coach war die Leistung von Florian Müller: „Er hat Gas gegeben, seinen Gegenspieler beschäftigt und nicht umsonst das Tor gemacht“, lobte Seeberger. Über sein erstes Tor für die Alemannia konnte sich Müller logischerweise nicht richtig freuen. „Ich hätte lieber den Sieg mitgenommen, als mein erstes Tor zu erzielen. Wir haben uns viel vorgenommen nach zwei Niederlagen in Folge und wollten endlich mal wieder einen Dreier einfahren - gerade vor heimischem Publikum. Dass die Sache dann mit 1:3 in die Hose geht, ist natürlich sehr enttäuschend“, so der Rechtsfuß. Benny Auer, der zu allem Überfluss am nächsten Sonntag in Mainz wegen seiner 5. Gelben Karte fehlen wird, mahnte: „Solche Tage wie heute sollten wir uns nicht allzu oft erlauben.“