Alemannia empfängt am Sonntag (13.30 Uhr) Tabellenführer SpVgg Greuther Fürth
Letzter gegen Erster, die Mannschaft mit den wenigsten Toren (1) gegen die zweitbeste Offensive (17) mit dem besten Sturm-Duo. Die Vorzeichen vor dem Heimspiel der Alemannia gegen die SpVgg Greuther Fürth (Sonntag, 13.30 Uhr) könnten kaum unterschiedlicher sein. „Vielleicht könnten sie auch kaum besser sein“, sagt Interimstrainer Ralf Aussem.
318 Zweitliga-Spiele hat der 51-Jährige als Profi bestritten, am Sonntag folgt sein erstes als Trainer. Auf einer „Mission Impossible“ sieht sich der etatmäßige Coach der Aachener U23 dabei nicht. „Vielleicht sieht es für einige so aus, als sei es unmöglich, dass wir am Sonntag gewinnen. Dann müssen wir das Unmögliche eben möglich machen“, sagt Aussem. Den Glauben daran strahlt der erfahrene Fußball-Lehrer zumindest aus. „Ich habe hier eine Mannschaft vorgefunden, die am Sonntag unbedingt ein Spiel gewinnen will“, erklärt er. Wie das gegen den Tabellenführer aus Franken, der mit sechs Siegen am Stück an den Tivoli kommt, gelingen soll, darüber hüllt sich der Coach in Schweigen. „Mike Büskens kennt mich nur aus dem Trainerlehrgang. Es könnte unser entscheidender Vorteil sein, dass sie nicht wissen, wie wir spielen werden“, meint Aussem.
Wohl auch deshalb schickten die Kleeblätter einen Beobachter zum Training am Freitagmorgen. Der blieb auch den Verantwortlichen der Schwarz-Gelben nicht verborgen. „Wer weiß, ob das schon unsere endgültige Idee war“, schickt Aussem einige Rätselaufgaben hinterher. Dass er Änderungen im Kopf hat, verneint der 51-Jährige nicht. Wichtig sei ihm aber vor allem, dass „die Mannschaft 90 Minuten lang alles gibt. Jeder Spieler muss nach dem Spiel in den Spiegel schauen können, weil er läuferisch und kämpferisch das Maximum gebracht hat“. Tore fielen zumindest am Freitag sowohl beim Elf gegen Elf als auch danach beim Abschlusstraining. „Es kann nicht sein, dass wir keine Tore mehr schießen“, glaubt der Coach an ein Ende der schwarzen Serie mit nur einem Treffer aus sieben Spielen.
Die Stärken des Gegners spult Aussem routiniert ab: Gute Offensive, schnelle, technisch starke Spieler, brandgefährliche Stürmer. „Aber auch sie haben Schwächen“, haben Beobachtung und Studium diverser DVDs ergeben. Personell muss der Trainer ohne die Langzeitverletzten Tim Krumpen, Florian Müller, Bilal Cubukcu und Kevin Maek auskommen. Dazu kommt Mario Erb, der sich am Donnerstag im Training eine Bänderverletzung im Sprunggelenk zugezogen hat. Auch der Einsatz von Thomas Stehle ist fraglich. Nach seiner Grippe plagen den Abwehrspieler nun muskuläre Probleme.
Für das Heimspiel gegen Fürth wurden bislang rund 11.600 Karten verkauft. Wie gewohnt gibt es die Möglichkeit, Tickets in den Alemannia-Shops im Tivoli und in der Pontstraße, über die Hotline 01805 / 018011 (14 Cent pro Minute aus dem dt. Festnetz, Mobilfunkpreis maximal 42 ct/min), im Internet bis vier Stunden vor Spielbeginn unter www.alemannia-tickets.de und an allen bekannten Vorverkaufsstellen zu kaufen.
Die Partie wird geleitet von Tobias Stieler. Ihm assistieren Wolfgang Walz und Matthias Jöllenbeck. Vierter Offizieller ist Martin Thomsen.
Alemannia Aachen: Hohs – Radjabali-Fardi, Olajengbesi, Feisthammel, Achenbach – Junglas, Sibum, Kratz – Odonkor (76. Stiepermann), Hadouir (66. Yabo) – Radu (85. Auer) / Trainer: Ralf Aussem
SpVgg Greuther Fürth: Grün – Nehrig, Kleine, Mavraj, Schmidtgal – Sararer (87. Klaus), Fürstner, Prib, Schröck – Occean, Nöthe / Trainer: Mike Büskens
Junglas (23.), Prib (27.), Nehrig (74.), Sibum (79.)
11 / 4
Tobias Stieler (Obertshausen) – Wolfgang Walz, Matthias Jöllenbeck, Martin Thomsen
14.867 (davon ca. 200 aus Fürth)
bedeckt, 13 Grad
Beim 0:0 gegen Fürth sind die Schwarz-Gelben das bessere Team – Rot für Junglas und Prib
Die Mannschaft lebt, der Siegeswille ist da. Am Sonntagmittag gelang der Alemannia im Heimspiel gegen den Tabellenführer aus Fürth ein hochverdienter Punktgewinn. Im ersten Durchgang war die Alemannia das deutlich aktivere Team. Die Chancen zur Führung waren da, doch sowohl Odonkor als auch Radjabali-Fardi gelang es nicht, Fürths Keeper Grün zu überwinden. Für reichlich Aufsehen sorgte in den ersten 45 Minuten auch Schiedsrichter Stieler, der mehrmals den Überblick verlor und zunächst Junglas und später auch Prib wegen Foulspiels des Feldes verwies. Mit Zehn gegen Zehn ging es nach der Pause weiter, Fürth trat etwas stärker auf, hatte die größte Gelegenheit allerdings erst kurz vor Schluss, als Hohs gegen Sararer einen kühlen Kopf behielt. Zuvor verfehlten Olajengbesi und Hadouir das gegnerische Gehäuse. Und verpassten es somit, einen starken Auftritt mit Toren zu belohnen.
Die wenigen Tage, die ihm als Interimscoach zur Verfügung standen, nutzte Ralf Aussem, um deutliche Änderungen in der Mannschaft vorzunehmen. Aussem entschied sich beim Heimspiel gegen den derzeitigen Ligaprimus für ein 4-3-2-1-System, in dem David Hohs kurzfristig den verletzten Boy Waterman vertrat. Vor Hohs verteidigte die Viererkette mit Shervin Radjabali-Fardi, Seyi Olajengbesi, Tobi Fesithammel und Timo Achenbach. Bas Sibum, der die Kapitänsbinde trug, begann im Dreier-Riegel mit Kevin Kratz und Manuel Junglas vor der Abwehr. Anouar Hadouir und David Odonkor feierten ihr Startelfdebüt und erhielten auf den Außenpositionen den Vorzug gegenüber Reinhold Yabo und Marco Stiepermann. Für Benny Auer stürmte Sergiu Radu in der Anfangself.
Die Partie hatte schon vor dem Anpfiff eine ganze Reihe an Überschriften im Repertoire: Der Erste gegen den Letzen, oder David gegen Goliath. In den ersten Minuten war davon allerdings nicht viel zu sehen, denn die die Alemannia sorgte für den ersten Höhepunkt des Spiels. David Odonkor riss gleich nach acht Minuten das Publikum mit sich, als der kleine Flügelflitzer auf der rechten Seite zum Sololauf ansetzte und damit zwei Gegenspieler abhängte. Seinen Schuss konnte Fürths Keeeper Max Grün zur Ecke klären.
Die Alemannia stand kompakt und attackierte Fürths Angriffsversuche entschlossen. Ralf Aussem konnte sehr zufrieden sein, was er von seiner Elf sah. Wieder war es Odonkor, der sich aus der Distanz ein Herz fasste, jedoch leicht verzog (12.). Aachens jüngster Neuzugang war zu Beginn der Auffälligste auf dem Platz und hatte nach knapp 20 Minuten die größte Gelegenheit des Spiels. Ein wunderbares Anspiel von Hadouir brachte Achenbach auf der linken Außenbahn in Szene, der Odonkor im Rücken der Abwehr sah – die Kugel rollte nur knapp neben den linken Pfosten (19.).
In der 23. Minute dann ein riesen Aufschrei am Tivoli. Schiedsrichter Tobias Stieler zückte plötzlich nach einem harten Einsteigen von Junglas gegen Fürstner den roten Karton – eine sehr harte Entscheidung, da Stieler bis dato nahezu alles durchlaufen ließ. Die Stimmung war nun aufgeheizt. Unter einem gellenden Pfeifkonzert startete Fürth die ersten zaghaften Angriffsversuche, doch die Überzahlsituation der Gäste hielt nicht lange. Nur vier Minuten später holte Edgar Prib Radu unsanft von den Beinen. Da Stieler ein wenig den Überblick verloren hatte, gab es auch hier die Rote Karte (27.).
Als sich die Gemüter ein wenig beruhigt hatten, kam die Spielvereinigung zu ihrer ersten Torgelegenheit, doch Nöthe setzte seinen Kopfball nach Flanke von links nur an das Außennetz (33.).
Es machte Spaß, dieser leidenschaftlichen Alemannia zuzusehen, die dafür sorgte, dass man keinen Unterschied zwischen dem Erst- und Letztplatzierten erkennen konnte. Dem starken Radjabali-Fardi gelang es zum wiederholten Male, Schmidtgal auf der rechten Seite stehen zu lassen, sein direkter Abschluss führte nicht zum Erfolg, weil Grün hellwach war (41.). Wenig später war der erste Durchgang beendet, in dem die Alemannia den deutlich besseren Eindruck hinterließ, sich lediglich nicht für ihren enormen Einsatz belohnte.
Unverändert ging es im zweiten Durchgang weiter. Nach einem Fehler im Aufbauspiel hatte Fürth in der Offensive plötzlich eine Überzahlsituation, die Nöthe durch einen unplatzierten Schuss nicht ausnutzen konnte (46.). Der Tabellenführer der Zweiten Liga war nun besser im Spiel, Sararer verfehlte aus der Distanz nur um ein Haar das Gehäuse von Hohs (59.).
Ganz knapp war es auch in der 62. Minute – diesmal wieder auf der anderen Seite. Hadouir bewies aus 20 Metern Torentfernung, wie stark er bei ruhenden Bällen ist. Grün musste sich mächtig strecken, um den stark getretenen Freistoß vom Niederländer zur Ecke zu klären. Kurz darauf war der Arbeitstag für ihn beendet, Reinhold Yabo löste den Spielmacher ab.
Das Team wollte den Sieg, jeder der 14.867 Zuschauer spürte dies. Nach einem Eckball von Kratz kam der bärenstarke Olajengbesi mit dem Kopf an das Leder, es fehlten wieder nur Zentimeter zum 1:0 (68.). Aachen blieb am Drücker und investierte insgesamt mehr als die Gäste. Kratz versuchte sich mit einem direkten Freistoß, die Kugel ging einen knappen Meter über die Querlatte (78.).
Stiepermann war inzwischen für Odonkor im Spiel, die Leihgabe aus Dortmund fügte sich gut in die Schlussoffensive ein. Schnell suchte er den Abschluss, Grün packte sicher zu (82.). Ebenso stark wie der Gäste-Schlussmann war an diesem Tag auch David Hohs aufgelegt. Fürth wir minutenlang in der Offensive nicht zu sehen, bis Sararer plötzlich alleine vor Hohs stand. Aachens Keeper blieb ganz abgezockt, bereinigte die Aktion und hielt damit das Gehäuse sauber (86.). Es blieb beim torlosen Remis – ein aus Sicht der Schwarz-Gelben ein mehr als verdienter Punktgewinn.
Shervin Radjabali-Fardi: Man muss das Spiel heute ganz klar als Fortschritt bewerten. Hinten haben wir kaum was zugelassen, und auch das Spiel nach vorne sah gut aus. Klar ist es schade, dass wir wieder nicht getroffen haben, aber ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten Spielen kommen werden. In den nächsten Partien treffen wir auf Gegner, die wir einfach schlagen müssen. Wenn wir da so auftreten, wie heute, werden wir die Siege einfahren.
David Hohs: Ich persönlich habe mich heute sehr gefreut, gegen den Tabellenführer spielen zu dürfen. Wir haben heute in der Defensive noch besser gestanden als in den letzten Begegnungen. Insgesamt war das ein richtig starker Auftritt von uns. Es ist nicht so, dass wir keine Tore schießen können. Es fehlt uns momentan vielleicht einfach nur das Quäntchen Glück. Man kann nicht behaupten, dass wir nicht alles versucht haben. Klar ist es ärgerlich, wenn der Ball vorne wieder nicht rein geht, aber man muss heute auch einfach mal mit einem Unentschieden gegen den Tabellenführer zufrieden sein.
David Odonkor: Ich denke, wir können mit dieser guten Leistung gegen den Tabellenführer sehr zufrieden sein. Im Training hauen wir die Dinger ins Netz rein, im Spiel mag es derzeit noch nicht richtig klappen. Aber ich bin mir sicher, dass der Knoten bald platzen wird. Mit dieser Leistung im Rücken fliegen wir nächste Woche nach Berlin, wo wir dann endlich den ersten Sieg einfahren wollen.
Ralf Aussem: Wir haben heute eine Mannschaft auf dem Platz gesehen, die wirklich von der ersten bis zur letzten Minute alles gegeben hat. Die Reaktionen der Fans nach dem Spiel waren sehr positiv. Alle haben gesehen, dass diese Mannschaft lebt. Mit dem Punkt können wir leben. Die Kritiker werden jetzt sagen, dass wir wieder kein Tor geschossen haben. Dafür haben wir heute aber auch erneut keinen Treffer kassiert. Insgesamt standen wir heute sehr kompakt, haben nur wenig zugelassen – das war ganz klar ein Fortschritt.