Vor dem Auswärtsspiel in Braunschweig denkt Trainer Dieter Hecking darüber nach, mancher Stammkraft eine Pause zu gönnen. „Viele Stammspieler stehen seit Wochen unter Strom, da ist es nur verständlich, dass sich langsam eine Ermüdung feststellen lässt“, erklärt Hecking die fehlende „Frische im Kopf“.
Aber auch müde Beine wären nach dem Programm der letzten Zeit keine Schande. An wen der Coach bei seinen Überlegungen denkt, will er aber nicht verraten. Gegen das Umkrempeln des Teams spricht, dass nach der Partie im Stadion an der Hamburger Straße ohnehin eine zehntätige Pause ansteht. So hat der Trainer bereits drei freie Tage nach dem Braunschweigspiel verordnet. „Wir haben eine harte Zeit hinter uns. Woche für Woche die Konzentration zu halten, ist dabei nicht immer einfach“, so Hecking. Zurzeit gibt es daher auch kein intensives taktisches Training, sondern viele Einzelgespräche und die ständige Vor- und Nachbereitung der Meisterschaftsspiele. „Eigentlich bewegen wir uns nur ein bisschen.“
In Braunschweig wird der Coach auf den Gelb-gesperrten Thomas Stehle verzichten müssen. Der Einsatz von Laurentiu Reghecampf ist noch äußerst fraglich, da er nach seiner Rippenprellung noch immer über Schmerzen klagt. Ebenfalls unklar ist der Einsatz von Erik Meijer und Moses Sichone, denen es aber beiden besser geht. Stephan Straub hat sich heute gesund gemeldet und ist wieder ins Training eingestiegen.
Gegner Eintracht Braunschweig wird nach der desolaten 1:4-Niederlage in Siegen auf Rehabilitation aus sein. Jetzt hat Trainer Michael Krüger Wiedergutmachung gefordert. „Nach zwei super Auftritten zuletzt ist es mir unerklärlich, wie die Mannschaft so abfallen konnte. Darüber werde ich mir zusammen mit den Spielern Gedanken machen“, so der Braunschweig-Coach. In Siegen war Hecking Zeuge der Partie. „Braunschweig war schwach, aber ich konnte Erkenntnisse gewinnen. Zuhause liefert Eintracht aber stets ansprechende Leistungen ab“, so der Coach. Krüger muss auf Torsten Lieberknecht verzichten, der sich im Siegenspiel eine schwere Gehirnerschütterung zuzog. Benjamin Siegert ist nach der Gelb-Roten Karte für den 29. Spieltag gesperrt. Ex-Alemanne Dennis Brinkmann fehlt wegen eines Achillessehnenrisses
Die Bilanz gegen die Löwen ist nahezu ausgeglichen. In insgesamt 19 Begegnungen verbuchte Alemannia Aachen neun Siege, acht Niederlagen und zwei Unentschieden. Die letzte Partie im Stadion an der Hamburger Straße entschieden die Aachener im DFB-Pokal der Saison 2003/2004 mit 5:0 für sich, die Hinrunden-Begegnung endete mit einem 2:1-Erfolg am Tivoli. „Und wir werden auch jetzt wieder alles geben, um ungeschoren davon zu kommen“, verrät Hecking. „In Braunschweig wird eine Atmosphäre herrschen, die mit der am Tivoli vergleichbar ist.“
Der Vorverkauf für das Spiel ist in Aachen bereits abgeschlossen, Karten werden jedoch auch noch an der Abendkasse erhältlich sein. Bisher wurden 400 Tickets verkauft. Die zwei Busse nach Braunschweig sind ausverkauft. Für einen eventuellen dritten Bus kann man sich noch bis Donnerstagnachmittag im Fanshop an der Krefelderstraße auf eine Warteliste setzen lassen.
Nach dem 1:0 gegen 1860 hat Dieter Hecking den Kampf um den Meistertitel ausgerufen. Sein stärkster Konkurrent, Bochum-Coach Marcel Koller, tat es ihm gleich. Jetzt stehen die beiden Mannschaften an der Tabellenspitze im Fokus der Fußballwelt. „Der VfL und die Alemannia sind zwei ebenbürtige Vereine“, weiß Hecking. „In erster Linie geht es für uns nur darum, weiter zu gewinnen, bis man den Aufstieg rein rechnerisch nicht mehr vermeiden kann. Dabei Erster zu werden, war bislang nebensächlich. Natürlich wollen wir den Titel holen, aber ich mahne noch einmal: Wir sind noch nicht im Ziel.“
Schiedsrichter der Begegnung ist der Controller Thorsten Kinhöfer (37) aus Herne, ihm assistieren Rainer Werthmann und Thorsten Joerend.
Bilanz gegen Eintracht Braunschweig
Infos zu Braunschweig
Eintracht Braunschweig: Amedick, Bick, Graf, Grimm, Holsing, Kuru (55. Heun), Lieberknecht (77. Celikovic), Rische, Rodrigues (55. Fuchs), Stuckmann, Tauer / Trainer: Michael Krüger
Alemannia Aachen: Casper, Ebbers (76. Meijer), Klitzpera, Koen (61. Dum), Nicht, Noll, Pinto, Plaßhenrich, Rösler (69. Sukalo), Schlaudraff, Sichone / Trainer: Dieter Hecking
0:1 Ebbers (43.)
Amedick (22.), Lieberknecht (61.), Ebbers (70.)
10 / 3
Thorsten Kinhöfer, Thorsten Joerend, Rainer Werthmann
20.000 (davon ca. 500 aus Aachen)
bedeckt, 8 Grad
20 Minuten nach dem Schlusspfiff kam die Mannschaft noch einmal aus der Kabine. Die meisten der 20.000 Zuschauer waren schon nach Hause gegangen. Nur die Aachener Fans waren noch da: Sie feierten den bevorstehenden Aufstieg von Alemannia Aachen in die Erste Bundesliga.
„Das war’s“, war der meist gehörte Satz nach dem 1:0-Erfolg an der Hamburger Straße. Wie in den letzten Wochen üblich, leuchtete der Name Ebbers auf der Anzeigetafel. Der Goalgetter markierte in der 43. Minute den Treffer des Tages. Das reichte der Alemannia wie schon gegen 1860 München, auch wenn der Sieg am Ende ein wenig glücklich war. Denn nach der Pause warf Braunschweig alles nach vorne und kam zu einigen guten Chancen.
Von Beginn an entwickelte sich ein munteres Spiel. Nach 20 Minuten jagte Erwin Koen einen Freistoß mit dem Vollspann aufs Tor. Leicht abgefälscht wurde das Geschoss zur harten Prüfung für Stuckmann. Der Eintracht-Keeper bestand bravourös. Auf der anderen Seite traf Holsing nur das Außennetz. Ein Doppelpass von Jan Schlaudraff und dem starken Reiner Plaßhenrich brachte den Knochen in Position, Stuckmann stürzte aus dem Tor und klärte. Als alles schon mit einer torlosen Halbzeit rechnete, schoss Grimm den Bock des Abends. Sascha Rösler erhöhte seine Assist-Quote und bediente Ebbers, der eiskalt seine kaum fassbare Serie fortsetzte. „Die letzten Wochen waren unglaublich, alles hat gepasst“, resümierte Ebbe nach dem zehnten Tor im achten Spiel.
Nach der Pause rückte Kristian Nicht mehr und mehr in den Mittelpunkt. Einen Kopfball von Graf wehrte er mit Unterstützung von Ebbers ab. Nach tollem Solo von Ebbers brachte Stuckmann die Fäuste noch an den Ball. Ein Fernschuss war die letzte Aktion von Erwin Koen, der leicht angeschlagen durch Sascha Dum ersetzt wurde. Die Eintracht machte jetzt immer weiter auf, doch Alemannia spielte einige Kontersituationen zu unkonzentriert aus. Bei einem Kopfball von Rische packte Nicht sicher zu. Die größte Chance des Abends ließ Daniel Graf liegen. Von der Mittellinie rannte er allein auf Kristian Nicht zu, der die Ruhe bewahrte und cool stehen blieb. Den Abpraller schlug Moses Sichone aus der Gefahrenzone. „Ich habe heute auf einem Bein gespielt, aber es hat gereicht“, scherzte der Abwehrspieler.
Die Alemannia brachte den Dreier über die Zeit, der Rest war schwarz-gelbes Feiern. „Unglaublich, jetzt steige ich auf meine alten Tage wirklich noch auf“, schüttelte Erik Meijer den Kopf. In Radlerhose und auf Badelatschen tanzte der Kapitän in der Fankurve. „Erste Liga, Aachen ist dabei“, schallte es aus dem Aachener Block. Selbst Co-Trainer Dirk Bremser tanzte mit, während Dieter Hecking schon die Glückwünsche von Eintracht-Coach Michael Krüger entgegen nahm. „Ihr habt es euch verdient. Glückwunsch an den ganzen Verein und die Fans.“ Hecking verkniff sich seine Kritik am Spiel und der „mangelnden geistigen Frische“ und sprach lieber aus, was allen längst klar war: „Alemannia Aachen wird in der kommenden Saison in der Ersten Liga spielen.“
Die Spieler dürfen sich jetzt über drei freie Tage freuen, erst am Dienstag wird wieder trainiert. Reiner Plaßhenrich setzte vorher noch flugs die Ziele bis zum Saisonende fest: „Jetzt wollen wir auch Bochum zuhause schlagen und bis zum 14. Mai nicht mehr verlieren.“ Erik Meijer erinnerte an das letzte Auftreten in Braunschweig im Pokal. „Auch damals haben wir gefeiert.“ Den Satz des Abends lieferte Sergio Pinto: „Es ist geil, für diesen Verein mit vielen Freunden in einer Mannschaft spielen zu dürfen.“ Spät setzte sich der rollende Party-Bus Richtung Aachen in Bewegung. Es war genügend Bier an Bord.