Endlich mal ein Auswärtsspiel, dass Fan bequem mit dem eigenen Auto erreichen kann! Die Alemannia gastiert beim VfL Bochum, die kürzeste Auswärtstour der Saison steht an. Selbst der freitägliche Verkehrskollaps im Ruhrgebiet stellt im Vergleich zu den bisherigen Fahrten keine ernstzunehmende Hürde da.
Es geht zum Tabellenführer, der zwar zuletzt beim 0:3 in Siegen schwächelte und sein erstes Spiel verlor, im bisherigen Saisonverlauf aber besonders zuhause eine Macht ist. Auf eigenem Platz stehen bislang vier Siege und zwei Unentschieden zu Buche. Gegen Cottbus und Paderborn mussten die Blau-Weißen erst kurz vor Schluss jeweils den Ausgleich hinnehmen. Ansonsten ist die Mannschaft und Top-Torjäger Edu eher dafür gut, die Spiele kurz vor Schluss zu ihren Gunsten zu entscheiden. Gegen Rostock, Dresden und 1860 München gelang ihnen dieses Kunststück. Absteiger SC Freiburg wurde dagegen beim 4:0-Erfolg deutlich in die Schranken gewiesen.
Bei der Alemannia sieht es personell so aus, dass Stephan Straub weiterhin im Aufbautraining ist. Thomas Stehle wird morgen in Köln am Sprunggelenk operiert und fällt voraussichtlich vier bis fünf Wochen aus. Willi Landgraf hatte nach seinem Muskelfaserriss in der Wade wieder leichte Probleme, sodass der Verteidiger am Dienstag vorsichtshalber nur eine der beiden Einheiten absolvierte. „Wir müssen abwarten, inwieweit er für den Kader in Frage kommt“, sagte Hecking am Mittwoch. Im Training wurden diverse Varianten für die rechte Seite durchgespielt, Hecking will sich noch nicht in die Karten schauen lassen.
„Ich freue mich auf das Spiel, weil ich glaube, dass wir den positiven Trend aus unseren letzten Auswärtsspielen fortsetzen können“, versprüht der Coach Optimismus. Sein Pendant Marcel Koller hat nach zuletzt schwächeren Auftritten mehr Aggressivität und Zweikampfhärte von seinem Team verlangt. Der Bochumer Trainer kann wohl wieder auf Zvjezdan Misimovic zurückgreifen, der nach seiner Leisten-Operation wieder im Training ist. Auch Kapitän und Mittelfeld-Chef Thomas Zdebel ist nach seiner Sperre wieder an Bord. Dass der VfL sich mit Nachwirkungen des 0:3 in Siegen herumplagen muss, glaubt Hecking nicht. Zu lang war die Pause, um die Verunsicherung zu konservieren. „Es liegt an uns, diese Verunsicherung neu zu schüren“, so Hecking.
„Der VfL Bochum ist für mich nach vor Top-Favorit auf den Aufstieg. Sie verfügen über den wahrscheinlich besten Kader der Liga“, lobt Hecking. Dennoch fahre seine Mannschaft ohne jegliche Angst ins Ruhrgebiet. „Im Gegenteil: Wir wollen Zählbares mitbringen.“ Bei diesem Unterfangen kommt wohl der Innenverteidigung mit Alexander Klitzpera und Moses Sichone eine Schlüsselrolle zu. Die beiden bekommen es mit Edu und dem Ex-Gladbacher Joris van Hout zu tun. „Wenn Moses nach seiner überstandenen Verletzung noch ein wenig an Sicherheit gewinnt und Alex seine Form aus den letzten Spielen halten kann, dann haben wir ein gutes Innenverteidigerpaar“, stellt Hecking fest. Wobei er den Ausfall von Thomas Stehle nicht als Freifahrtschein verstanden wissen will. Auch Mirko Casper und Matze Heidrich seien als Alternativen auf den inneren Positionen der Viererkette denkbar.
Beim letzten Gastspiel der Alemannia im Ruhrstadion im Dezember 2001 setzte es eine 3:5-Niederlage. Im August 1999 kamen die Alemannen kurz nach dem Aufstieg gar mit einem 0:5 im Gepäck aus Bochum zurück. Beides Ergebnisse, die für Freitagabend weder wahrscheinlich noch wünschenswert sind.
Schiedsrichter der Begegnung ist der 32-jährige Berliner Manuel Gräfe. Als Assistenten stehen Ihm Harald Sather und Markus Häcker zur Seite.
VfL Bochum: Butscher, Drsek, Goncalves, Grote, Imhof, Maltritz, Misimovic, Navidkia, Pallas, Skov-Jensen, van Hout / Trainer: Marcel Koller
Alemannia Aachen: Casper, Fiel, Klitzpera, Meijer, Nicht, Pinto, Plaßhenrich, Reghecampf, Rösler, Schlaudraff, Sichone / Trainer: Dieter Hecking
0:1 Erik Meijer (2.), 0:2 Laurentiu A. Reghecampf (16.), 0:3 Reiner Plaßhenrich (50.), 1:3 Daniel Imhof (69.), 1:4 Jan Schlaudraff (85.)
Mirko Casper (59.), Eduardo Goncalves (63.), Zvjezdan Misimovic (82.), Mamdou-Lamine Diabang (83.)
8 / 0
2 / 1
Manuel Gräfe, Markus Häcker, Harald Sather
21.057 (davon ca. 4000 aus Aachen)
klar, 5 Grad
Gut gespielt und drei Punkte mitgebracht: Der Auftritt der Alemannia im Bochumer Ruhrstadion verlief ganz nach dem Geschmack der rund viertausend mitgereisten Aachener Fans.
„Was meine Mannschaft in der ersten Halbzeit gezeigt hat, war sehr ansprechender Fußball“, kommentierte Trainer Dieter Hecking zufrieden nach der Partie. In der Tat zeigten die in den roten Ausweichtrikots spielenden Alemannen in den ersten 45 Minuten besonders spielerisch, welches Potential in der Mannschaft steckt. Der Sekundenzeiger hatte gerade die erste Umdrehung hinter sich als der Ball schon im Bochumer Tor zappelte. Schlaudraff hatte sich aus dem Zentrum nach rechts abgesetzt, während sich Erik Meijer am langen Pfosten von seinem Gegenspieler Pavel Drsek löste. Die Flanke kam punktgenau, der Holländer vollendete gekonnt zur Aachener Führung. Der Plan, die Bochumer Verunsicherung nach der 0:3-Niederlage in Siegen durch ein frühes Tor zu schüren ging voll auf. Ein feiner Konter über Linksverteidiger Mirko Casper, Sascha Rösler und Meijer endete bei Schlaudraff, dessen Direktabnahme aber über das Tor ging.
Eine beherzte Abwehraktion von Casper leitete das 2:0 ein. Der erneut durch seine Abgeklärtheit überzeugende Vertragsamateur trieb den Ball mit viel Tempo über die linke Seite und fand mit seinem Querpass Rösler. Letzte Station des blitzsauberen Konters war Laurentiu Reghecampf, der gleich zwei Geniestreiche folgen ließ. Nach seinem frechen Tunnel umkurvte er seinen Gegenspieler und lupfte die Kugel danach total cool über den herausstürzenden Skov-Jensen. Nach einer knappen Viertelstunde führte die Alemannia völlig verdient beim Tabellenführer mit 2:0.
„Diese beiden Gegentreffer waren nicht unbedingt gut für unser Selbstvertrauen“, fand der Bochumer Coach Marcel Koller noch milde Worte für den weiteren Verlauf der ersten Spielhälfte. Die Alemannia kontrollierte Ball und Gegner, während die Gastgeber unter dem wachsenden Unmut des Publikums immer weiter verkrampften. Koller reagierte und schickte bereits nach 35 Minuten Dariusz Wosz für Navidkia ins Rennen. Zwei ungefährliche Schüsse von van Hout und Grote waren die einzig nennenswerten Offensivaktionen der Blau-Weißen vor dem Seitenwechsel. Beinahe hätten die Aachener mit dem Pausenpfiff bereits alles klar gemacht. Reghecampf tauchte völlig frei vor Skov-Jensen auf. Der Bochumer Keeper nutzte die Gelegenheit und zeichnete sich erstmals aus.
Nach dem Wechsel schien es, als hätten sich die Bochumer viel vorgenommen. Wosz flankte ungehindert auf van Hout, der zum Glück für die Aachener den Kopfball neben das Tor setzte. Bei einer Eckenserie - eingeleitet von einer verunglückten Faustabwehr von Kristian Nicht - wirkte die Aachener Hintermannschaft nicht immer ganz souverän. Allerdings gelang dem Team ein blitzsauberer Konter. Reghecampf schickte einen Diagonalball über 50 Meter auf die Reise, den Schlaudraff am linken Flügel aufnahm. In der Mitte flog Dauerläufer Reiner Plaßhenrich heran, der nach Schlaudraffs Querpass im Stile eines Goalgetters Skov-Jensen den Ball durch die Hosenträger schob. Nach 49 Minuten schien der Käse im Ruhrstadion gegessen zu sein.
Jedoch ließen sich die Aachener in der Folgezeit zu weit zurückfallen. Die Folge: Daniel Imhof traf mit einem trockenen Rechtsschuss und verkürzte zum 1:3. Nur 60 Sekunden später setzte Maltritz einen Kopfstoß nur hauchdünn am Pfosten vorbei. Mit einer starken Fußabwehr sicherte Nicht gegen Edu den Vorsprung. „Da ist es noch mal eng geworden“, hatte auch Hecking den kleinen Durchhänger seines Teams zur Kenntnis genommen.
Die Einwechslungen von Goran Sukalo und Emil Noll beruhigten das Spiel wieder, die Drangphase der Bochumer war überstanden. Nun besannen sich die Alemannen auch wieder auf ihre am Freitagabend überragende Konterfähigkeit. Sukalo leitete das Leder gekonnt auf Schlaudraff weiter, der mit seinem siebten Saisontor für die endgültige Entscheidung sorgte. „Wir haben heute genau die Kontersituationen gezeigt, die wir die ganze Woche im Training geübt haben“, freute sich Kapitän Meijer nach dem Spiel. Hecking richtete den Blick bereits nach Vorne, denn am kommenden Sonntag stellt sich mit dem SC Paderborn ein bärenstarker Aufsteiger am Tivoli vor. „Ab Montagmittag konzentrieren wir uns nur noch auf dieses Spiel. Wir wollen den positiven Trend fortsetzen.“