Alemannia Aachen: Segnitz – M. Breuer, Commer – J. Boeven, Roolf, K. Baurmann – N. Creutz, Leussler, H. Wollgarten, J. Wesché, A. Wesché
Bonner FV: Jörissen – Haase, Froehlich – Gross, Seidenberg, Linn – Strömer, Brewer II, Schwister, Schikowsky, Brewer I
1:0 Creutz, 2:0 Creutz, 3:0 Wesché, 3:1 Schwister, 4:1 Leussler, 5:1 Wesché, 5:2 Schikowsky
Müller (Köln)
(auf dem Waldspielplatz)
A. Wesché schießt Handelfmeter neben das Tor (beim Stand von 4:1) – A. Wesché schießt Foulelfmeter neben das Tor (beim Stand von 4:1)
Zum schweren Spiele gegen die Bonner Mannschaft: [...] trat am 30. September auf dem Waldspielplatze Alemannia I in folgender Aufstellung an: [...]
Die Niederlagen von 0:8 bzw. 1:7 gegen B.F.V. und die beschämende Schlappe von 0:2 gegen den Dürener F.C. schlossen ein annehmbares Resultat für Alemannia aller Voraussicht nach aus. Das schienen auch die Bonner durch ihr sorgloses Benehmen und durch lautes Gelächter und Rufen fühlen lassen zu wollen.
Herr C. Müller vom K.F.C. 99 pfeift an, der Ball wird gleich vom Anstoss der Bonner abgefangen, geht von Leussler zu Creutz und schon ist Schwarz-Gelb vor dem Tor der Gegner; aber der Ball wird neben die Stange geknallt. Nach dem Abstoss machte sich gegen alles Erwarten eine nicht zu verkennende Überlegenheit Aachens bemerkbar. Nach ca. 10 Minuten läuft Creutz unterstützt von seinem Nebenmann durch, kommt nach innen, umgeht den linken feindlichen Back und tippt den Ball hinter Jörissen, der einen Schritt vor dem Tor steht, vorsichtig ins Netz. – Aachen jubelt und klatscht Beifall. – Wieder misslingt der Anstoss Bonns, wieder ist es die rechte Flanke Alemannias, die vorgeht, wieder hat sich Jörissen zu weit vorgewagt. Creutz ist bis fast an die Mallinie mit dem Ball vorgekommen; einen Augenblick überlegt er, dann saust der Ball in unhaltbarer Schärfe ins Netz. – Tosender Lärm lohnt den wackern Schützen. – Noch immer drängt Alemannia; aber Bonn ist auf der Hut. Doch die flinke rechte Flanke der Schwarz-Gelben macht dem Gegner viel zu schaffen. Beinahe an der Eckfahne macht sich Creutz von Fröhlich frei und gibt aus schwieriger Lage den Ball hoch zum Zentrum. J. Wesché läuft von links ein und "schiesst" aus einer Entfernung von ca. 12 m hart neben der Stange ein. – Der Boden bebt vom Beifall über das beste Tor des Tages. – Jetzt macht auch Bonn verzweifelte Anstrengung und schafft manchen gefährlichen Moment vor Feindes Tor, doch Segnitz vermag immer noch rettend einzugreifen. Endlich bekommt Schwister Stellung, er schiesst, der Torwart hält und lässt den Ball fallen, um ihn wegzutreten; aber im Sturm ist Schwister dahinter und der Ball hängt im Netz. – Dann Pause. Stand 3:1 für Aachen.
Mit frischem Mut geht Alemannia wieder in den Kampf. Doch die erste Viertelstunde hat keinen Erfolg aufzuweisen. Dann bringt eine schöne Dreiinnenkombination die Schwarz-Gelben vor das gegnerische Tor. In einem Gedränge erhält Creutz den Ball; er kann schiessen; unterlässt es aber und spielt rückwärts zum freistehenden Leussler. Dieser gibt frein plaziert in die rechte Ecle. Wurde vorher das Tor J. Wesché's als das beste des Tages bezeichnet, so war dieses das schönste: denn ein Erfolg, der aus solcher Selbstlosigkeit eines Spielers resultiert, ist höher anzuschlagen als der brillanteste Schuss aus 30 m Entfernung. Doch zurück zum Spiel. Die nächste Zeit findet die Schwarzen Verteidiger wieder bei harter Arbeit. Sinn macht im Strafraum Hand. Doch der Elfmeterstoss wird von A. Wesché ausgelassen. Kurz nachher vereitelt Haase ein sicheres Tor des Schwarz-Gelben Linksaussen durch höchst unfaires Anrennen. Doch dieser weiss sich schlecht zu rächen, indem er den verwirkten Strafstoss zum zwiten Male neben die Stange tritt. Aber Alemannia lässt nicht nach. Leussler gibt einen Ball zur Mitte, den J. Wesché scharf zwischen die Pfosten jagt. Jetzt ist die Niederlage der Schwarzen "besiegelt". Trotzdem raffen sie sich noch einmal auf. Ein Durchbruch bringt ihnen nach exakter Kombination einen letzten Erfolg durch einen unhaltbaren Schuss Schikowsky's: Stand 5:2. Bis zum Schluss drängt dann wieder Alemannia, ohne jedoch etwas erreichen zu können.
Was nun die Mannschaft angeht, so klappte sozusagen Alles. Segnitz bekam ausser 4 gut gehaltenen Bällen fast nichts zu tun. Das erste Tor hätte er durch grössere Entschlossenheit verhindern können. M. Breuer lieferte ein in jeder Hinsicht ausgeglichenes, solides nachdrückliches Spiel, wie man es nicht anders bei ihm gewohnt ist. Commer's Debut als Back fiel zur allgemeinen Zufriedenheit aus. Überhaupt schienen die beiden Verteidiger ihre Ehre darin zu setzen, möglichst wenig auf ihren Torwart kommen zu lassen. Boeven, der sich in sehr kurzer Zeit zur unbestrittenen Erstklassigkeit emporgerungen hat, entsprach allen Erwartungen, die man in ihn gesetzt hatte. Sein energisches Kopfspiel verhinderte manchen Erfolg der Gegner. Roolf hatte seine alte Form wiedergefunden. Manchmal würgte er sich durch mehrere Gegner durch, verlor zwei, drei Mal den Ball, um ihn sich ebenso oft auf irgend eine Weise wiederzuholen. Seine unverwüstliche Zähigkeit liess ihn sein wirkungsvolles Spiel bis zur letzten Minute unverändert durchhalten. Über Baurmann kann ich nicht urteilen, da ich ihn nicht spielen gesehen habe. Die Kombination in der Stürmerreihe war diesmal so gut wie nur je. Nicht zu wenigsten sind daran Creutz und Leussler schuld. Über erstern ist schon soviel Gutes gesagt, dass er hier füglich übergangen werden kann. Hoffentlich ist ihm mit der ihn betreffenden, günstigen Kritik kein schlechter Dienst erwiesen. Leussler's kurze energische, schnelle Spielweise und seine scharfe, präcise Kombination machen ihn zu einem sehr gefährlichen Gegner. H. Wollgarten versteht sich sehr gut mit seinen Nebenleuten. Seine Stärke liegt in der überlegten Verteilung der Bälle und siner guten Kombination, die er völlig beherrscht, wenn er nur guten Willen hat. Sein linker Nachbar J. Wesché ist mit Leussler auf dieselbe Stufe zu stellen. Sein Kopfspiel ist durchdacht und genau abgewogen, im Laufen ist er unermüdlich und versteht hin und wieder dem feindlichen Torwart scharf auf den Leib zu rücken. Dagegen hätte man von A. Wesché etwas mehr Verständnis für das feine, brüderliche Kombinationsspiel erwarten dürfen. Er gibt den Ball zu weit vom Fusse und macht dadurch dem feindlichen Half das Leben allzu leicht. Im allgemeinen aber waren alle Spieler auf ihren Posten und taten ihr Bestes.
Ein schwerer, bedeutungsvoller Sieg war errungen und als nachher die Propfen knallten und die Gläser klangen, da brach sich die schäumende Begeisterung Bahn in dem Rufe: "Glück zu, zu ferneren Erfolgen, hipp, hipp, hurra, Alemannia".
(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 11 / 1. November 1906)
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