Ein uninteressantes, belangloses Spiel mit tragikomischem Ausgang.

Die Unsrigen hatten es bald heraus, dass der Sieg ihnen nicht  genommen werden konnte, und spielten infolgedessen etwas sehr pomadig. Die Belgier dagegen arbeiten mit grossem Eifer und mit dem Erfolge, dass das Spiel durchweg offen blieb. Doch musste der kleine Hans, da sie nie direkt gefährlich wurden, den Beweis schuldig bleiben, dass er der berufene Ersatz für den leider so oft fehlenden Segnitz ist.

Der Kampf beginnt mit gellendem Offside-rufen der Herren Gäste, geht unter diesem Zeichen weiter und erstickt schliesslich darin.

Das Spiel selbst ist, besonders im Anfang, gleichfalls recht unerbaulich. H. Wollgarten fehlt vor allem die Gabe, seine Nebenleute und die Flügel gleichmässig zu beschäftigen. In Überschätzung seiner sonst beachtenswerten Fähigkeiten ist er stes bestrebt, die Hauptarbeit vorne selbst zu tun. Nur wenn er sieht, dass er nicht weiter kann, gibt er notgedrungen ab und dann sitzt er natürlich bereits derartig in der Klemme, dass ihm jegliche Übersicht anhanden gekommen ist, und der Ball verkorkst weiter geht. Passen zu den Flügeln kommt bei ihm alle Jubeljahre einmal vor. Das bekannte von G.O. Smith kreierte Gleichnis von der Angel, um die sich die Stürmerreihe dreht, ist auf ihn jedenfalls nicht anzuwenden.

Also es wollte vorne wieder einmal nicht klappen. Nur die rapiden Durchbrüche Leusslers bringen einige wohltuende Abwechslung. Einen seiner Zenterbälle köpft Wesché etwa in der 10. Minute ein. Die linke Flanke taut jetzt auch auf. Baurmann und Wesché arbeiten mit viel Präzision aber wenig Erfolg zusammen. Einem etwas zaghaften Ball Leusslers hilft Wollgarten von der Linie zu den Maschen. Bis zur Pause kann dann Leussler den Stand auf 3:0 bringen. Nach dieser setzt das Spiel anscheinend mit grössere Lebhaftigkeit ein. Ein scharfer Schuss Wesché's wird von einer Bodenunebenheit über die Schulter des Torwächters gehoben. Bald darauf gibt Leussler einen von Goblet zurückgegebenen Ball in die Ecke. Das ist den Belgiern nun doch ein bisschen zu happig. Wie ein Mann machen sie kehrt und verschwinden in dem Ankleideraum. Wenn sie sich diesen Kniff nicht bereits in der Pause überlegt haben sollten, muss man immerhin ihre Einmütigkeit anerkennen. Befremdend wirkte nur, dass sie dieses 5. Tor für ihre Verhältnisse ziemlich gelassen reklamierten und, als der Schiedsrichter die starke Zumutung, ein aus einem zurückgepassten Ball resultierendes Tor für abseits zu erklären, selbstverständlich von der HAnd gewiesen hatte, sich auch dann noch weigerten, weiter zu spielen, als man unsererseits erklärte, auf das Tor verzichten zu wollen.

Die Situation war äusserst peinlich; wir mussten unserm Publikum eine halbstündige Spielzeit schuldig bleiben. Ganz unverantwortlich sind wir für diese beträchtliche Tatsache nicht; denn ad I hatten wir vergessen, aus den vielen schlechten Erfahrungen, die wir bereits im Verkehr mit den lieben ostbelgischen Vereinchen machten, die Nutzanwendung zu ziehen (vergl. No. 1, 2. Jahrgang) und ad II sollte man die Kosten für einen neutralen Schiedsrichter niemals, am wenigsten Ausländern gegenüber scheuen; da wüsste ich andere Posten, wo soaren besser angebracht wäre. Dem Schiedsrichter J. Wollgarten soll hiermit kein Vorwurf gemacht werden. Er gab sich rechte Mühe und ging auch nach Möglichkeit auf die Eigenart der Gäste ein; leider hielt er sich, anstatt dem Ball tunlichst zu folgen, hartnäckig an der "Familienseite" auf, obgleich er wohl wusste, dass die Belgier ihn scharf kritisieren würden.

Der 6. Sept. [richtig: 6. Okt.] war also, kurz gesagt, ein Reinfall, wie wir ihn uns nicht häufig leisten dürfen, wenn wir uns die Gunst des Publikums erhalten wollen. Dieses ist zwar vorläufig anständig und leidenschaftslos – wenn man so sagen darf – genug, um derartige Vorkommnisse gelassen hinzunehmen, aber schon die Kundgebungen beim Spiel gegen den Kölner F.C. 99 sollten uns zu denken geben. Ich bin der Ansicht, dass grade der Aachener. gemeint ist natürlich der Mann aus dem Volke, der über kurz oder lang das Hauptkontingent der Zuschauer stellen wird und nicht gewohnt ist, seine Empfindungen besonders zu verbergen – sehr zu Demonstrationen neigt, und da könnten wir noch unser blaues Wunder erleben. Videant consules – – –

Um zum Spiel selber zurück zu kehren sei ferner konstatiert, dass die I. diesseits Brüssel in Belgien keinen Gegner mehr zu suchen hat. Die vollständige II. hätte gegen Verviers, bei dem übrigens die beiden Backs das Beste waren, sicherlich auch gewonnen. Wenn man bezweckte, dieses Spiel als Training für Düsseldorf und Bonn einzuschieben, hat man offenbar das Gegenteil ereicht. Es wurde allgemein so zerfahren gespielt, dass man an die beiden Debütanten in der Stürmerreihe, Baurmann und Goblet, auch kein Mass legen kann. Ersterer ist A. Wesché an Kombination und Technik weit überlegen, doch dürfte er weder schnell noch wuchtig genug sein. Von Goblet konnte man nicht erwarten, dass er gleich auffallen würde, doch hielt er sich wacker. Nichtsdestoweniger glaube ich, dass auch dieses Experiment sich um eine Saison verfrühte.

Notabene verscherzten die Belgier sich durch ihr unerhörtes Betragen das Rückspiel in Verviers, sodass die I. am 13. Oktober feiern musste.

(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 11 / 1. November 1907)