Ligaklasse - Saison 1910/1911 - 9. Spieltag - Sonntag 08.01.1911  - 14:30 Uhr
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Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Wirtz – M. Breuer, Emunds – J. Boeven, Roolf, X. Baurmann – Wolff, Pohlmann, J. Wesché, Cl. Baurmann, Altenkamp

ETB SW Essen: u.a. Schulte

Tore

0:1, 1:1 Wolff, 2:1 Wesché, 3:1 Pohlmann

Schiedsrichter:

Marum (Köln)

Zuschauer:

(auf dem Sportplatz Tivoli)

8.1.1911: Alemannia Aachen - Essener Turnerbund 3:1

Der mit Spannung erwartet Ligakampf war vom schönsten Wetter begünstigt und hatte eine zahlreiche Zuschauermenge angezogen. Sollte es sich doch entscheiden, welche Mannschaft den zweiten Platz hinter dem führenden Duisburger Spielverein einnehmen würde. Ausserdem galt es für Turnerbund, die auf eigenem Platze erlittene Niederlage wettzumachen, so dass ein interessantes Spiel in Aussicht stand.

Der vollständigen Mannschaft Essens traten wir in der nachstehenden Aufstellung gegenüber: [...]

Essen wählt Sonne und Wind zu Bundesgenossen. Der Anstoss bringt unsere Stürmer in schönem Zusammenspiel vor das feindliche Mal, von wo der Ball weit ins Feld wandert. Ein aufregender Kampf beginnt, Essen mit der besseren Seite erlangt bald das Uebergewicht und giebt unserer Verteidigung harte Arbeit. Die schnellen Angriffe seiner Stürmer, von der Läuferreihe vorzüglich unterstützt, bringen unserm Tor manche Gefahr, doch Wirtz greift immer rettend ein. Auch unser Sturm lässt nicht locker und Wesche hat mehrmals Gelegenheit zum Schuss, aber Essens Torwächter ist auf der Hut. Eine Zeit lang hält sich nun das Spiel in unserer Hälfte, Essen kann aber einen Erfolg nicht erringen, da seine Stürmer wenig und schlecht placiert schiessen oder vor dem Tor den Ball zu weit nach vorn geben, so dass er entweder ausgeht oder eine Beute unserer Verteidigung wird. Da hält Wirtz einen Ball knapp vor der Linie, anscheinend in der Absicht, einen Eckstoss zu verhüten, er befördert den Ball mitten in Essens Stürmerreihe, von wo er unhaltbar im Tor landet. Unsere Stürmer suchen mit aller Macht den Ausgleich zu erlangen, aber kein Angriff will gelingen. Wesche wird von Essens Mittelläufer scharf gedeckt. Kurz vor Halbzeit erzwingen wir einen Eckstoss. Der von Boeven schön aufs Tor gegebene Ball wird von Wolff fein eingeköpft. Nunr wird der Kampf noch lebhafter, Essen greift mit aller Macht an und kommt wieder unserm Tor bedenklich näher. Es gibt einige gefährliche Augenblicke, einmal schnappt Wirtz einem Angreifer einen Ball unmittelbar vor dem Fuss weg und verhütet ein fast sicheres Tor. So gelingt es, bis Halbzeit den Stand 1:1 zu behalten.

Nach Seitenwechsel erwartet man allgemein, adss nunmehr unsere Mannschaft drängt, Essen zeigt sich jedoch überlegen; zudem hat auch der Wind nachgelassen. Die gute Läuferreihe Essens macht unseren Stürmern viel zu schaffen, füttert aber den eigenen Angriff gut mit Bällen; unserer Mannschaft gelingt es deshalb nur schwer das Spiel offen zu halten. Unsere Läufer, vor allem auch Roolf, arbeiten nach Kräften, und der unermüdliche Wesche verteilt die Bälle nach rechts und links. Allmählich erhalten wir etwas Oberwasser. Kurz vor dem Strafraum macht ein Essener Hand. Der gegebene Strafstoss verschafft uns durch einen Bombenschuss Wesches die Führung. Beide Mannschaften geben ihr äussersten her, hin und her wogt der Kampf. Uns lächelt jedoch noch einmal das Glück. Unsere rechte Flanke kommt schön mit dem Ball vor, Pohlmann schiesst, der Ball prallt von der Stange zurück, springt auf Pohlmann zu, der ihm noch einen leichten Schub geben kann. Dieser genügt jedoch, um das Leder über die Torlinie zu bringen, ehe der Torwächter es erreichen kann. Nun ist das Spiel entschieden. Essen kann trotz aller Anstrengung nichts mehr erzielen. Beim Schlusspfiff des Schiedsrichters haben wir die beiden kostbaren Punkte errungen.

Das Spiel war spannend bis zum letzten Augenblick und wurde von Herrn Marum vom Kölner F.C. 99 gut geleitet. Beide Mannschaften spielten durchaus fair, es gab nur einige wenige Freistösse wegen Regelwidrigkeiten. Das Spiel war wieder so recht geeignet, dem Fussballsport neue Freunde zu gewinnen.

Die Mannschaft des Turnerbundes, durchweg grosse kräftige Gestalten, hinterliess einen vorzüglichen Eindruck und hat die Niederlage gewiss nicht verdient, denn sie war durchaus nicht die schlechtere. Die Stütze der Essener bilden die Verteidigung und Läuferreihe. Die Stürmer sind zwar schnell und zeigen schönes Zusammenspiel, aber sie schiessen zu wenig und manchmal schlecht. Hervorzuheben sind Torwächter, linker Verteidiger, Mittelläufer und linker Läufer.

Jedoch soll der Erfolg unserer Mannschaft nicht geschmälert werden. Der bessere Angriff hat eben zu ihren Gunsten entschieden. Bleiben wir gleich bei den Stürmern. Ihrem Spiel ist bei dem vorzüglichen Gegner Lob zu spenden, vor allem möchte ich Pohlmann und Wolff erwähnen, die sich allmählich einzuspielen scheinen und gut zusammenarbeiteten. Wesche war wie immer die Seele des Angriffs, seine vorzügliche Ballbehandlung zeigte sich gegen den berühmten Mittelläufer Essens, Schulte, in rechtem Lichte. Unsere linke Flanke stand nicht auf gewohnter Höhe. Das Spiel Altenkamps hat sich zwar wieder gebessert, jedoch mangelt es ihm immer noch an dem richtigen Eifer. Auch Cl. Baurmann war nicht wie sonst auf dem Posten, die Ursache kann in einer gleich zu Anfang des Spiels erlittenen Schienbeinverletzung zu suchen sein. Unseren Stürmern wäre zu empfehlen, das Flankenspiel nicht zum Schaden des Dreiinnenspiels zu übertreiben. Beide Angriffsarten sollen in gleicher Weise gepflegt werden, auch wäre manchmal ein schneller Flankenwechsel wohl angebracht. Bei ausgeprägtem Flankenspiel steht vielfach der Mittelstürmer zu isoliert und kann leicht gedeckt werden. Erhält er den Ball von irgend einer Seite, so muss er ihn gleich wieder weit zur Seite geben, wenn er keinen Schuss anbringen kann. Ich glaube, dass Wesche das manchmal empfunden hat. Es mag sich das alles ja leichter schreiben als durchführen lassen, aber unsere Stürmerreihe muss doch bestreben, das Zusammenspiel nach jeder Richtung hin weiter auszubilden und zu verfeinern.

Roolf füllte seinen Posten wieder gut aus, vor allem besitzt er den für einen Mittelläufer unerlässlichen Eifer, an dem sich Altenkamp begeistern könnte. X. Baurmann wird von Spiel zu Spiel besser, sein sicherer Tritt ist hervorzuheben. Im Abdecken und Ballstoppen kann er sich aber immer noch Boeven zum Muster nehmen, der wieder vorzüglich spielte. Er ist eben immer da wo er sein soll.

Breuer war die Stütze der Verteidigung, in der er seine Arbeit mit gewohnter Sicherheit verrichtete. Emunds füllte seinen Posten zur Zufriedenheit aus. Verblüffend sicher nimmt er Bälle aus schwierigen Lagen, namentlich rückwärts. Die Gewohnheit, sich beim Vorgehen auf einen Mann umzudrehen, sobald dieser tritt, müsste er ablegen.

Wirtz verdient für sein vorzügliches Spiel alles Lob.

(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 2 / 16. Januar 1911)

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