2. Bundesliga - Saison 2004/2005 - 23. Spieltag - Sonntag 27.02.2005  - 15:00 Uhr
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Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Die Enttäuschung sitzt tief und das knappe Ausscheiden aus dem UEFA-Pokal gegen AZ Alkmaar hat am Tag danach rund um den Tivoli doch ein wenig auf die Stimmung gedrückt. Doch über die Enttäuschung siegt am Ende doch der Stolz, als deutscher Zweitligist soweit im internationalen Wettkampf gekommen zu sein. "Eigentlich ist das Ergebnis weniger tragisch, denn die Mannschaft hat eine Glanzleistung gezeigt, sie hat die Alkmaarer lange nicht ins Spiel gelassen und runde 60 Minuten alles richtig gemacht, darauf kann Aachen sehr stolz sein", sagte Dieter Hecking am Freitag. Das sahen auch die Alemannia-Fans so. Insgesamt 16 Busse prallgefüllt mit schwarzgelben Anhängern waren am Donnerstag nach Noordholland gekommen, um ihre Mannschaft zu unterstützen und das ist ihnen auch gelungen. Die Alkmaarer staunten nicht schlecht, als die lautstarke Menge auch nach fast 90 Minuten noch nicht müde wurde, mit Schlachtgesängen und Bannern die Aachener anzufeuern und das kleine Stadion in ein Tollhaus zu verwandeln.

Viel Zeit bleibt jetzt weder den Fans, noch den Spielern, um sch lange an der knappen Niederlage aufzuhalten. "Das ist eben die Schnelllebigkeit des Fußball-Geschäfts. Wir müssen uns wieder auf die nächsten Spiele konzentrieren und gegen Aue gewinnen", so Hecking. Und so bitter scheint der Nachgeschmack ohnehin nicht zu sein: "Wir haben spielerisch ein sehr hohes Niveau gezeigt, und ich kann den Jungs nur bedingt Vorwürfe machen. Wir haben endlich wieder unseren Fußball gespielt. Ohne auf die Tabelle zu schielen, glaube ich, dass die Mannschaft wieder auf dem Weg ist, die Situation zu kippen", analysierte er weiter. Doch letztlich habe es ein wenig an der internationalen Qualität gemangelt. "Die können wir als Zweitligist auch gar nicht haben." AZ sei Aachen in dieser Hinsicht ein kleines Stückchen voraus. Damit gemeint sind sicher auch die Gelb-Rote Karte von Thomas Stehle und die taktische Cleverness im Defensivbereich. Auch Simon Rolfes' verpasste Gelegenheit, die Führung in der 57. Minute in ein sicheres 2:0 zu verwandeln, erwähnt der Trainer - ausdrücklich ohne Rolfes einen Vorwurf zu machen: "Das war ein toller Spielzug von uns und eine super Einzelleistung. Wenn wir da das 2:0 gemacht hätten, würden wir jetzt gegen Donezk spielen." Diese und viele weitere Situationen wurden noch auf der Rückfahrt nach Aachen im Mannschaftsbus kurz angesprochen - zur ausführlich Nachbetrachtung bleibt keine Zeit, was vielleicht auch ein Vorteil ist: "Ich hoffe sehr, dass die Jungs jetzt eine Trotzreaktion an den Tag legen!"

Der FC Erzgebirge Aue

Denn am kommenden Sonntag steht bereits der nächste unangenehme Gegner in der Liga vor der Tür: Der FC Erzgebirge Aue ist derzeit Tabellen-Siebter und rangiert damit nur einen Punkt hinter Aachen. Beim letzten Ligaspiel in der Hinrunde trennten sich die Veilchen von den Kartoffelkäfer unentschieden 1:1. Kai Michalke konnte bereits eine Minute nach der Auer Führung den Ausgleichtreffer erzielen und beim letzten Heimspiel im August 2003 konnte die Alemannia die drei Punkte am Tivoli halten. Vor der momentanen Serie der Gäste warnt auch der Trainer. Er rechnet mit einem kompakt stehenden Gegner. Hecking schätzt den FC Erzgebirge. "Aue steht für Kollektiv und Teamarbeit und hält sich auf diese Weise seit zwei Jahren beachtlich in der Liga. Allein dafür ist die Arbeit der Verantwortlichen dort nicht hoch genug einzuschätzen." Trotz des kleinen Höhenfluges warnt Aue-Trainer Gerd Schädlich vor Selbstzufriedenheit. "Ich gehe nicht von der Einschätzung ab, dass wir vorrangig Punkte gegen den Abstieg sammeln. Sicherlich freuen wir uns, dass wir im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zehn Punkte mehr auf dem Konto haben. Aber dabei sollte man immer berücksichtigen, dass wir erst das zweite Jahr dabei sind." Schädlich bezeichnet aktiven Fußball auf Basis einer guten Defensivarbeit als seine Philosophie von Fußball. Säulen seines Teams sind Abwehrchef Jörg Emmerich und Stürmer Andrej Juskowiak. Dazu kommt mit Ersin Demir auch ein ehemaliger Aachener, der in Aue deutlich besser zurecht kommt als seinerzeit am Tivoli. Dieter Hecking muss gegen die Erzgebirgler weiterhin auf Cristian Fiel, Florian Bruns und Laurentiu Reghecampf verzichten. Bei "Fielo" steht zumindest fest, dass er nach seinem Muskelfaserriss am Montag wieder ins Training einsteigen wird. Neben den Verletzten muss der Coach auch Thomas Stehle wegen seiner Gelb-Roten Karte aus dem Köln-Spiel ersetzen. "Wir müssen wieder mal umbauen", spricht Hecking die ständigen Wechsel besonders im Defensiv-Verbund an. Aber für Alibis hat der Aachener Trainer nun gar nichts übrig. "Es kann nur ein Motto geben: Die drei Punkte müssen am Sonntag am Tivoli bleiben."

Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Brinkmann, Gomez, Klitzpera, Meijer, Michalke, Noll, Pinto, Plaßhenrich, Rolfes, Sichone, Straub / Trainer: Dieter Hecking

FC Erzgebirge Aue: Bobel, Curri, Demir, Ehlers, Emmerich, Heidrich, Juskowiak, Kos, Kurth, Rehm, Trehkopf / Trainer: Gerd Schädlich

Tore

0:1 Andrzej Juskowiak (29.), 0:2 Rene Trehkopf (49.), 1:2 Erik Meijer (60.), 1:3 Ersin Demir (62.), 1:4 Andrzej Juskowiak (85.), 1:5 Rüdiger Rehm (87.)

Verwarnungen

  Rene Trehkopf (23.),   Dennis Brinkmann (24.),   Jan Schlaudraff (71.),   Matthias Heidrich (75.)

Ecken

9 / 3

Abseits

4 / 5

Schiedsrichter:

Perl Günther, Maier Josef, Pflaum

Zuschauer:

16.651 (davon ca. 500 aus Aue)

Wetter:

bewölkt, -2°

Am Ende reicht einfach die Kraft nicht mehr

Irgendwie hatten wohl auch die Besucher auf den Rängen mitbekommen, dass der Akku einfach leer war nach dem Kraft raubenden Auftritt in Alkmaar am Donnerstag. Verkraften mussten das Ergebnis aber auch ein anderer, nämlich Aues Trainer Gerd Schädlich. "Das muss ich erstmal verdauen", sagte der sympathische Fußballlehrer nach der Partie. Gleiches galt für Alemannia-Coach Dieter Hecking. "Nach dem 1:3 hätte der Schiedsrichter eigentlich abpfeifen können, denn da war mir klar, dass meine Spieler nicht mehr die Kraft haben würden, um noch einmal zurückzukommen", erklärte Hecking.

Zur Halbzeit hatte es durch einen trockenen Flachschuss von Andrej Juskowiak 0:1 gestanden. Auf der anderen Seite hatten die Gastgeber gleich in mehreren Szenen Pech bei engen Situationen im Strafraum. Nach einer Ecke wuchtete Simon Rolfes den Ball an die Latte, die beiden Nachschüsse wurden auf der Linie geklärt. Ebenso erging es Alexander Klitzpera, dessen Rechtsschuss aus fünf Metern von Kurth von der Linie geköpft wurde. In der Defensive leisteten sich die Aachener gleich mehrere ungewohnte Ballverluste, Moses Sichone und Reiner Plaßhenrich vertändelten zweimal und leiteten so gefährliche Konter der Erzgebirgler ein. Bereits nach rund einer halben Stunde hatte Hecking Dennis Brinkmann auf der rechten Abwehrseite durch Frank Paulus ersetzt. Brinkmann hatte sich zunächst bei einem rüden Foul von Trehkopf leicht verletzt und später selbst Gelb gesehen. Einigen unglaublichen Reflexen von Stephan Straub war es zu verdanken, dass der Rückstand zur Pause nur ein Tor betrug.

"Wir haben uns in die Halbzeit gerettet und uns in der Kabine noch einmal viel vorgenommen. Aber dann fangen wir uns nach ein paar Minuten schon das zweite Gegentor ein", beschrieb Hecking die Lage kurz nach dem Seitenwechsel. Rene Trehkopf zirkelte einen Freistoß genau über die Schulter von Moses Sichone ins Tor, Straub war ohne Abwehrchance. Die Alemannia bewies dann Kampfkraft und zeigte, dass sie auch aus dem Spiel heraus Tore erzielen kann. Einen schönen Angriff über die linke Seite vollendete Erik Meijer per Kopf zum 1:2-Anschlusstreffer. Die aufkeimende Hoffnung wurde keine 60 Sekunden später im Keim erstickt, als der Ex-Alemanne Ersin Demir mit dem 3:1 den Abstand von zwei Toren wieder herstellte. Zwar bestimmte die Alemannia in der Folgezeit das Spiel, doch immer wieder brachten brandgefährliche Konter der Gäste das Tor von Stephan Straub in Gefahr. "Wir haben uns in der zweiten Halbzeit einfach zu viele Ballverluste und Abwehrfehler erlaubt", analysierte Hecking, der eine gewisse Müdigkeit seiner Akteure nicht leugnen wollte: "Es ist uns nicht gelungen, die Jungs von Donnerstag bis heute körperlich und mental wieder voll hinzubekommen" - was bei der Kürze der Zeit, der intensiven Partie in Alkmaar und der mentalen Belastung wohl auch kein Wunder ist.

Unter dem Strich bleiben dennoch drei verlorene Heimspiele in Serie und fünf Niederlagen in sechs Rückrundenspielen. "Wir brauchen noch ein paar Punkte", stellte Hecking klar, worum es für die Alemannia jetzt geht. Die Trendwende, auf die das Team Woche für Woche hinarbeitet, soll jetzt am kommenden Freitag bei Dynamo Dresden geschafft werden. Gut ist nur, dass die Hecking und sein Assistent Dirk Bremser endlich mal wieder ein paar Trainingseinheiten zwischen zwei Spielen haben, um an der Feinjustierung des Teams zu arbeiten. Auch das Lazarett lichtet sich so langsam, Cristian Fiel wird am Montag wieder ins Training einsteigen. Laurentiu Reghecampf und Florian Bruns machen Fortschritte. Mit dem 1:4 durch Andrej Juskowiak und dem 1:5 Endstand durch Rüdiger Rehm wurde eine bittere Niederlage für die Alemannia besiegelt. Es war wie gesagt ein seltsamer Nachmittag. Die Fans feierten ihr Team, und als letzter lief Kapitän Erik Meijer ganz allein eine Ehrenrunde um den Platz, bejubelt vom Publikum auf den Rängen. Man stelle sich vor, was in anderen Stadien nach einer solchen Heimpleite los gewesen wäre. Zumindest die Fans knüpften am Sonntag nahtlos an ihre Leistung in Alkmaar an.

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