Seit Anfang der Woche läuft am Tivoli die Rasenheizung. Kein Grund zur Sorge also, dass die Partie gegen den SC Paderborn aufgrund des Zustandes der Spielfläche in Gefahr sein könnte. Am Freitag trainierte das Team sogar im Stadion.
Falls die Tribünen bis Sonntag noch unter einer Eisschicht verschwinden sollten - in Unterhaching sind die Ränge beispielsweise eingeschneit - liegt genug Streumittel im Lager. Die Rahmenbedingungen sollten also stimmen beim 7. Heimspiel der Alemannia in dieser Spielzeit, dem ersten an einem Sonntag. Und auch die Ausgangsposition passt. „Natürlich wollen wir den Trend fortsetzen, der seinen vorzeitigen Höhepunkt am vergangenen Freitag in Bochum gefunden hat“, sagt Dieter Hecking. Der Coach relativiert bei allen positiven Aspekten den Erfolg im Ruhrstadion ein wenig: „Ich würde mir einen solchen Gegner jede Woche wünschen. Man hat gesehen, wie stark wir sind, wenn wir genügend Platz haben.“
Genau den werden die Paderborner der Alemannia nicht geben wollen, lautet die allgemeine Befürchtung. Hecking beschreibt den SCP als kompakte Mannschaft, die ihre Stärken besonders im Konterspiel hat. Wohl wissend, dass unter solchen Voraussetzungen eine Gala-Vorstellung wie in Bochum nicht unbedingt zu erwarten ist, sagt Hecking: „Es kommt mir am Sonntag nicht auf die Art und Weise an. Ich will, dass meine Mannschaft Gras frisst und Vollgas gibt, damit die drei Punkte hier bleiben.“
Eine frühe Führung könnte bei diesem Unterfangen ungemein hilfreich sein, das Beispiel Bochum und die Heimspiele gegen Ahlen und Saarbrücken zeigen, welche Offensivkraft die Mannschaft dann entfalten kann. „Wir haben sehr selten verloren, wenn wir einmal in Führung lagen“, weiß auch Kapitän Erik Meijer. Falls das Spiel lange auf des Messers Schneide stehen sollte, ist Hecking trotzdem nicht bange. „Das war gegen Braunschweig auch der Fall“, sagt der Coach. Bekanntlich schaffte die Alemannia damals einen 2:1-Erfolg, der zur ansehnlichen Bilanz der letzten Wochen beitrug. Zehn Punkte holte die Alemannia aus fünf Spielen, nur der TSV 1860 München war besser.
In dieser Tabelle liegt der SC Paderborn mit acht Punkten auf Platz 8, in Wirklichkeit sind die Ostwestfalen zwei Plätze vor der Alemannia zu finden. „Sie sind als Aufsteiger nach 13 Spieltagen oben dabei, das spricht für einen sehr guten Saisonverlauf der Paderborner. Das hat unseren Respekt verdient“, sagt Hecking, der aber davon ausgeht, dass seine Mannschaft „nichts desto trotz die Hosen nicht zu voll hat, um Paderborn auf Augenhöhe zu begegnen“. Auf Gut Deutsch: Der Gegner wird nicht unterschätzt, mehr aber auch nicht. Oder in Heckings Worten: „Unsere Aufgabe wird es sein, so viel Druck aufzubauen, dass sie ihre Stärken überhaupt nicht zur Entfaltung bringen.“ Diese Stärken liegen wohl im schnellen Umschalten von Abwehr auf Angriff, man darf den Paderbornern keinen Raum für ihre schnellen Gegenangriffe geben.
Mit Marcel Ndjeng haben sie einen der gefährlichsten Spieler der gesamten Liga in ihren Reihen. Der gebürtige Bonner spielt die beste Saison seiner noch jungen Karriere. Die startete der heute 23-jährige beim Bonner SC und den Amateuren des 1. FC Köln. Dort schon Stammspieler wechselte er nach Düsseldorf, wo er schnell eine feste Größe wurde. Nach einer Saison dann Paderborn und das Debüt im Profifußball. Ndjeng ist mit sechs Toren und sechs Vorlagen der beste Scorer der Zweiten Liga. Damit ist er an der Hälfte der Paderborner Tore direkt beteiligt.
Ndjeng ist eine der Säulen im guten Paderborner Kollektiv. Beim Blick auf die eigene Elf sehe Hecking zwar im Training, dass der Sieg in Bochum Selbstvertrauen gegeben habe, warnt aber dennoch: „Wir müssen uns den nächsten Erfolg am Sonntag ab 15 Uhr wieder erarbeiten. Es kommt nicht aufs Schönspielen an. Wenn es so super aussieht wie in Bochum, perfekt. Aber in der jetzigen Phase zählen nur die Punkte.“ Selbst Schnee und Eis sollten für die Alemannen dann kein Hindernis sein. „Und wenn 20 Zentimeter Schnee liegen - dann müssen wir eben ein solches Feuer entfachen, dass der wieder schmilzt“, scherzt Hecking.
Schiedsrichter der Begegnung ist Rechtsanwalt Christian Schößling (32) aus Leipzig. Ihm assistieren an der Seitenlinie Marcel Bartsch und Tino Wenkel.
Bilanz gegen Paderborn
Infos zum SC Paderborn
Faninfos zu diesem Spiel
Alemannia Aachen: Casper, Fiel, Klitzpera, Meijer, Nicht, Pinto, Plaßhenrich, Reghecampf, Rösler, Schlaudraff, Sichone / Trainer: Dieter Hecking
SC Paderborn 07: Bollmann, Brinkmann, Brouwers, de Graef, Fall, Kruse, Maaß, Müller, Ndjeng, Schulp, Schüßler / Trainer: Jos Luhukay
1:0 Sergio Pinto (12.), 1:1 Rene Müller (48.), 2:1 Alexander Klitzpera (86.)
Roel Brouwers (26.), Stephan Maaß (29.), David Fall (32.), Benjamin Schüßler (40.), Moses Sichone (50.), Markus Krösche (66.), Reiner Plaßhenrich (79.), Rene Müller (86.), Sascha Rösler (87.)
7 / 4
5 / 3
Christian Schößling, Marcel Bartsch, Tino Wenkel
18.922 (davon ca. 500 aus Paderborn)
Schneeregen, 3 Grad
Durch einen 2:1-Heimerfolg gegen den SC Paderborn findet sich die Alemannia vorübergehend auf dem dritten Tabellenplatz wieder. Alex Klitzpera sicherte gegen den Aufsteiger mit seinem Treffer in der 86. Minute die drei Punkte.
Nach einer Viertelstunde musste am Tivoli zum ersten Mal ausgewechselt werden - der weiße Ball war der Farbe des massenhaft vom Himmel fallenden Schnees zu ähnlich. „Wir woll’n den roten Ball“ skandierten die Fans - und sie bekamen ihren Willen. Niemand würde aber je behaupten, der Paderborner Keeper Lukas Kruse hätte das Geschoss von Sergio Pinto einige Minuten zuvor aus dem Winkel geholt, wenn auch zu diesem Zeitpunkt schon „in Rot“ gespielt worden wäre. Es war die 12. Spielminute, als Rechtsverteidiger Pinto das weiße Leder von Klitzpera zugespielt bekam. Es war ein bisschen Platz auf der halbrechten Seite, so dass Pinto einige schnelle Schritte machte. Dann lag der Ball, wie er liegen muss, es folgte ein Schuss, der es in manche Auswahl der schönsten Tore schaffen kann. Genau im Winkel schlug der Ball ein, Kruse streckte sich vergeblich.
Gegen einen konterstarken Gegner wie Paderborn wirkt ein frühes Tor normalerweise wie ein Türöffner, es ergeben sich Räume. So entwickelten die Aachener eine der besten Halbzeiten der Saison - trotz andauerndem, heftigem Schneefall. Einen von Laurentiu Reghecampf vors Tor gezirkelten Freistoß setzte Erik Meijer über das Tor (21.). Der Kapitän war auf dem glitschigen Boden ausgerutscht und in Rücklage geraten. In der 25. Minute tauchte Alex Klitzpera dann erstmals brandgefährlich im Paderborner Strafraum auf. Wiederum hatte Reghecampf den Ball vors Tor geschlagen und ein wahres Chaos im Fünfmeterraum ausgelöst. Schließlich landete der Ball bei „Klitze“, der aus vier Meter aber knapp verzog. Auch bei dieser Chance fehlte das nötige Gleichgewicht.
Zwei Minuten später musste Kruse sein gesamtes Können aufbieten, um einen Freistoß-Kracher von Pinto zu entschärfen. Die Paderborner antworteten mit viel Härte auf die Aachener Überlegenheit und fingen sich vier Gelbe Karten ein. David Fall war auf der rechten Abwehrseite derart Rot-gefährdet, dass ihn Coach Jos Luhukay zur Halbzeit vom Feld nehmen musste. Mirko Casper tauchte zweimal gefährlich in der Offensive auf. Sowohl eine Direktabnahme (34.) als auch ein Kopfstoß (39.) verfehlten das Gäste-Gehäuse. Wiederum Pinto schlenzte einen Freistoß gefühlvoll um die Mauer (42.). Der Ball strich knapp am Pfosten vorbei. „Das war eine der besten Halbzeiten der Saison. Wenn ich meiner Mannschaft einen Vorwurf mache, dann den, dass es nicht 2:0 oder 3:0 hieß“, resümierte Trainer Dieter Hecking, der dieselbe Elf wie in Bochum aufs Feld geschickt hatte.
Zur Pause wechselte Luhukay doppelt und stellte sein Team leicht um. Das fruchtete bereits drei Minuten nach dem Wechsel, wenn auch auf nicht regelkonforme Art und Weise. Dem Ausgleichstreffer von Kapitän René Müller, der ansonsten mehr durch Meckern und Provozieren auffiel, ging ein Handspiel voraus. „Wir werden darüber reden müssen, warum meine Mannschaft nach dem Gegentor den Faden verloren hat, auch wenn der Treffer irregulär war“, sagte Hecking. „Du machst alles richtig, der Gegner hat keine Chance, und plötzlich steht es trotzdem 1:1“, versuchte Sascha Rösler zu erklären. Er selbst hatte in der 60. Minute die beste Chance zur erneuten Führung, sein Kopfball ging aber über das Tor.
In der 67. Minute war Kruse schon so gut wie geschlagen. Pinto hatte einen abgewehrten Ball 20 Meter vor dem Tor aufgenommen und auf den Weg ins linke Eck geschickt. Brouwers rettete für seinen Keeper. Auf der anderen Seite machte die Alemannia zu weit auf, geriet plötzlich in der Defensive in Unterzahl. Der eingewechselte Dogan tauchte allein vor Kristian Nicht auf, der aber die Nerven behielt und mit einem Klasse-Reflex rettete. „Das war die Schlüsselszene. Wenn da das Tor fällt, gehen wir nicht als Verlierer vom Platz“, fand Luhukay.
Aber die Alemannia scheint im Moment einfach das Vertrauen zu haben, enge Spiele noch zu drehen. Sergio Pinto brachte einen Freistoß vor das Tor. Rösler stahl sich am hinteren Pfosten frei und war drauf und dran, Kruse zu umspielen. Neben ihm tauchte Klitzpera auf, kurzer Querpass, und der Tivoli stand Kopf. „Vor fünf, sechs Wochen hätten wir das Spiel vielleicht noch verloren“, erklärte Rösler. „Daran kann man die Entwicklung festmachen, die das Team durchgemacht hat.“ Hecking freute sich über einen „verdienten Sieg. Die Tabelle ist im Moment sekundär, wir müssen bis zur Winterpause weiter punkten.“ Und Alex Klitzpera war froh, dass er nach seiner vergebenen Chance in der ersten Halbzeit am Ende das entscheidende Tor erzielt hatte.