Coach Jürgen Seeberger erwartet am Sonntag eine taktisch interessante Begegnung
Jürgen Seeberger geht mit der Alemannia weiter den Weg der kleinen Schritte: „Wir schauen von Woche zu Woche und wollen unser eigenes Spiel entwickeln. Wir haben zwar schon Entwicklungen sichtbar gemacht, aber das Spiel gegen Offenbach hat gezeigt, dass überall noch Verbesserungspotenzial besteht“, erklärte der 42-Jährige vor der Partie gegen den SV Wehen Wiesbaden. „Dieses Potenzial wollen wir gegen Wiesbaden abrufen“, so Seeberger.
Dennoch steht den Schwarz-Gelben gegen den Aufsteiger ein hartes Stück Arbeit bevor, denn die Hessen haben mit sechs Zählern und null Gegentoren aus den vergangenen zwei Partien einen guten Rückrundenstart erwischt. Nach dem 2:0-Sieg in Osnabrück und dem deutlichen 3:0-Erfolg gegen Aue wird der SVWW mit entsprechend breiter Brust an die Krefelder Straße kommen. Dies ist jedoch nicht der einzige Grund, warum die Gäste „schwierig zu spielen und nicht zu unterschätzen sind“, prognostizierte Jürgen Seeberger vor der Partie am kommenden Sonntag. „Sie spielen ein klares System, machen die Räume in ihrem 4-4-2 sehr dicht und versuchen den Spielfluss des Gegners zu zerstören“, lautete das abschließende Fazit des 42-Jährigen nach einem intensiven Videostudium unter der Woche. Seeberger sieht in der Entwicklung beider Klubs ein Beispiel dafür, wie schnell sich die Gegebenheiten im Fußball ändern können: „Im letzten Jahr war Wehen Regionalligist und Alemannia in der Bundesliga. Aber jetzt steht Wehen einen Punkt vor uns - und das ist die Realität, an der wir uns zu orientieren haben.“
Der Schlüssel zum Erfolg gegen den aus einer kompakten Abwehr spielenden und auf Konter und Standardsituationen wartenden Gegner liegt für Alemannias Chef-Trainer in der „Power und Geduld“ seiner Mannschaft: „Wir müssen von Beginn an versuchen, unser Spiel durchzubringen. Dabei werden wir uns auf unsere klare Aufgabenverteilung und unser konsequentes Positionsspiel besinnen“, erklärte Jürgen Seeberger und erwartet daher gegen den direkten Tabellennachbarn ein „aus taktischer Sicht hoch interessantes Spiel“. Denn es geht darum, genügend Druck zu erzeugen, ohne den Bogen zu überspannen und dem Gegner mit Ballverlusten Raum zum Kontern zu geben. Die richtige Balance ist also gefragt.
Wie in den vergangenen Partien muss Alemannias Coach dabei auf Hrvoje Vucovic und Thomas Stehle verzichten. Während der Kroate weiterhin an einer Sprunggelenksverletzung laboriert und sich möglicherweise einer Operation unterziehen muss, konnte sein Abwehrkollege Stehle nach kurierter Knieverletzung zwar mit dem Aufbautraining beginnen, wird gegen Wiesbaden aber noch fehlen. Gleiches gilt für Reiner Plaßhenrich. Alemannias Kapitän ist nach seinem Muskelfaseriss zwar ins Mannschaftstraining zurückgekehrt, wird seine Kollegen aber wohl erst in der kommenden Woche aktiv unterstützen können.
Ob gegen den Aufsteiger mit personellen Änderungen auf dem Platz zu rechnen sei, wollte Jürgen Seeberger vor den abschließenden Trainingseinheiten aber nicht verraten. „Überlegungen stehen jedoch im Raum“, räumte der Trainer ein und fügte hinzu: „Wir befinden uns in einer komfortablen Situation, denn wir haben in allen Mannschaftsteilen personelle Alternativen die sich im Training aufdrängen und extrem engagiert sind.“ Zwischen den Pfosten feiert Thorsten Stuckmann sein Heimdebüt auf dem Tivoli.
Wehen Wiesbadens Trainer Christian Hock hatte sich hingegen fest vorgenommen, seine zuletzt zweimal siegreich Elf auch am Tivoli unverändert auflaufen zu lassen. Ein grippaler Infekt seines Kapitäns Sandro Schwarz drogt jedoch die Pläne des 37-Jährigen zu durchkreuzen und könnte den SVWW-Coach zu Umstellungen im Mittelfeld zwingen. Trotz der möglichen Veränderung in der Zentrale „wird sich an unserer Spielweise aber nichts ändern, dafür gibt es überhaupt keinen Grund“, ist sich Christian Hock vor dem Aufeinandertreffen am Sonntag sicher.
Die Partie gegen den SV Wehen Wiesbaden ist für die Schwarz-Gelben das zweite Duell mit dem Aufsteiger. Am 4. Spieltag ging die Alemannia in der Commerzbank-Arena in Frankfurt mit einer 3:0-Niederlage ohne Punkt vom Platz. „Die Hinrunden-Partie spielt für uns aber keine Rolle mehr“, betonte Jürgen Seeberger, „meine Zeitrechnung beginnt nach der Winterpause.“ Trotz der kurzen gemeinsamen Geschichte der Vereine kommt es für das Aachener Publikum zu einem Wiedersehen mit einem alten Bekannten: Mit Xie Hui steht seit der Winterpause eine Ex-Alemanne unter Vertrag der Gäste.
Rund 18.000 Tickets waren am Freitagmittag verkauft. Sowohl Restkarten im Sitzplatzbereich (Block A), die der Gast nicht in Anspruch genommen hat, als auch Stehplatzkarten für den Aachener Wall sind an den bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich. Die Frühkassen am Stadion öffnen am Sonntag bereits um 10 Uhr.
Alemannia Aachen: Ebbers, Fiel, Herzig, Klitzpera, Krontiris (73. Kolev), Lehmann, Leiwakabessy, Mosquera (65. Nemeth), Polenz, Reghecampf (51. Milchraum), Stuckmann / Trainer: Jürgen Seeberger
SV Wehen Wiesbaden: Bick, Diakité (89. Paul), Glibo, Hollmann, Kokot, König, Kopilas, Nicu (90. Alushi), Richter, Siegert (72. Schmidt), Simac / Trainer: Christian Hock
1:0 Fiel (5.), 1:1 König (9.), 1:2 Glibo (45.), 2:2 Lehmann (55.), 2:3 Diakité (60.)
Leiwakabessy (2.), Kopilas (28.), Glibo (45.), Diakité (60.)
4 / 5
2 / 2
Tobias Christ, Torsten Bauer, Raphael Seiwert
19.103 (davon ca. 150 aus Wehen)
heiter bis wolkig, 12 Grad
Alemannia muss nach dem 2:3 den Blick nach unten richten
Im Duell der Tabellennachbarn unterlag die Alemannia dem SV Wehen Wiesbaden vor 19.103 Zuschauern mit 2:3. Den 1:0-Führungstreffer für die Schwarz-Gelben erzielte Cristian Fiel bereits in der 5. Minute. Den zwischenzeitlichen Ausgleich zum 2:2 markierte Matthias Lehmann per Kopf (55.).
Wie in den vergangenen Partien musste Alemannias Coach Jürgen Seeberger auf Hrvoje Vucovic (Sprunggelenksverletzung), Thomas Stehle (Aufbautraining nach Knieverletzung) und Reiner Plaßhenrich (Aufbautraining nach Muskelfaserriss) verzichten.
Gegenüber dem 1:1-Unentschieden aus der Vorwoche gegen Offenbach nahm Seeberger eine personelle Änderung in der schwarz-gelben Startelf vor: Für Todor Kolev rückte Neuzugang John Jairo Mosquera in die Sturmzentrale neben Marius Ebbers. Im Tor feierte Thorsten Stuckmann nach seinem Einsatz gegen den OFC sein Heim-Debüt zwischen den Pfosten. Vor ihm bildeten wie zuletzt Alexander Klitzpera und Nico Herzig in der Innenverteidigung sowie Jérôme Polenz und Jeffrey Leiwakabessy auf den Außen die Viererkette. Das Aachener 4-4-2-System komplettierten Cristian Fiel und Matthias Lehmann in der Zentrale sowie Emmanuel Krontiris auf der linken und Laurentiu Reghecampf auf der rechten Außenbahn.
Auch SVWW-Trainer Christian Hock stellte seine zuletzt zweimal siegreiche Startformation auf einer Planstelle um: Für Wehens Kapitän Sandro Schwarz, der wegen eines grippalen Infekts nicht auflaufen konnte, rückte Ales Kokot nach abgesessener Gelbsperre wieder in die Anfangsaufstellung. Der slowenische Nationalspieler bildete auf der linken Abwehrseite vor Torhüter Thomas Richter zusammen mit Dajan Simac, Marko Kopilas und Kristjan Gilbo die Viererkette der Gäste. Die zentrale Mittelfeldposition von Kapitän Sandro Schwarz besetzte der zuletzt in der Abwehr eingesetzte Torge Hollmann. Das Wehner Mittelfeld ergänzten Patrick Bick, Benjamin Siegert und Maximilian Nicu hinter dem Sturm-Duo Bakary Diakité und Ronny König.
Auf dem Tivoli erlebten die Anhänger der Schwarz-Gelben eine rasante Anfangsphase und einen Musterstart ihrer Alemannia, denn bereits in der 5. Minute gingen die Hausherren durch einen Treffer von Cristian Fiel in Führung: Nach einer kurz ausgeführten Reghecampf-Ecke auf Emmanuel Krontiris flankte Aachens Nummer 13 aus dem linken Halbfeld auf die lange Ecke des Kastens von Wehens Schlussmann Thomas Richter, der gegen den hereinstürmenden Fiel das Nachsehen hatte. Mit einer platzierten Direktabnahme neben den Innenpfosten durfte sich „Fielo“ nach seinem ersten Saisontreffer gegen den 1. FC Köln im letzten Heimspiel erneut in die Torschützenliste eintragen.
Doch nur vier Minuten später wurde die Aachener Führung - erneut nach einem ruhenden Ball - egalisiert: Einen satten Freistoß von Wehens Top-Torschütze Ronny König aus zentraler Position, 18 Meter vor dem Kasten von Thorsten Stuckmann, fälschte Aachens Jüngster Jérôme Polenz unglücklich und unhaltbar für den Keeper in die lange Ecke ab. Durch den plötzlichen Ausgleich unbeeindruckt versuchten die Hausherren in der Folgezeit die kompakte Hintermannschaft der Hessen mit schnellen Angriffen über Cristian Fiel und Emmanuel Krontiris unter Druck zu setzen, konnten sich gegen den tief stehenden Aufsteiger aber selten in den Sechzehner vorarbeiten und kamen lediglich nach Standardsituationen durch Matthias Lehmann zu nennenswerten Torraumszenen. Einen wuchtigen Freistoß-Knaller des Aachener Mittelfeld-Motors aus über 25 Metern konnte Wehens Schlussmann nur mit den Fäusten über den Kasten parieren. Die anschließende Ecke blieb jedoch wie Lehmanns Kopie des gefährlichen Direkt-Freißstoßes nur zwei Minuten später ohne Torerfolg. Aus den Aachener Angriffsbemühungen ergaben sich zwangsläufig Kontermöglichkeiten für die Gäste, die in der ersten Hälfte eher durch geschickte Spielunterbindung als konstruktiven Spielaufbau auffielen. Die zumeist über den aktiven Bakary Diakite und Wehens Benjamin Siegert vorgetragenen Gegenstöße konnte Stuckmann jedoch durch gutes Stellungsspiel entschärfen (40. und 42.). Dennoch ging es mit einem Paukenschlag durch die Hessen in die Kabinen: Nach einem Freistoß von der rechten Ecke des Aachener Sechzehners kam Torschütze Cristian Fiel gegen Kristjan Gilbo im 5-Meterraum zu spät. Gegen den platzierten Kopfball des Weheners blieb Thorsten Stuckmann chancenlos und konnte die 2:1-Führung für die Gäste nicht verhindern.
Sechs Minuten nach dem Seitenwechsel nahm Jürgen Seeberger die erste personelle Umstellung seiner Elf vor und brachte mit Patrick Milchraum für Laurentiu Reghecampf eine frische Kraft für die Außenbahn. Die Einwechslung des Mittelfeldspielers erwies sich als Glücksgriff, denn bereits in der 55. Minute konnte sich der Linksfuß als Joker beweisen: Seine Flanke von der linken Eckfahne verwandelte der sonst für die ruhenden Bälle zuständige Matthias Lehmann freistehend aus acht Metern mit dem Kopf ins lange Eck, 2:2-Ausgleich.
Die Freude unter den Aachener Anhängern hielt jedoch wieder nur kurz, denn bereits fünf Minuten später zeigte sich der Aufsteiger als kaltschnäuziger Chancenverwerter. Nach einem weiteren Konter über den schnellen Benjamin Siegert kam Nico Herzig gegen Bakary Diakité zu spät und konnte die erneute Führung für die Hessen nicht verhindern. Auf den Rückstand seines Teams reagierte Jürgen Seeberger und stellte seine Offensivabteilung um: Für John Jairo Mosquera rückte Szilárd Nemeth in die Schwarz-Gelbe Sturmspitze (65.) und für Emmanuel Krontiris kam mit Todor Kolev eine weitere Offensivkraft (73.). Aber auch die Verstärkung der schwarz-gelben Offensive konnte die erste Punkte-Pleite der Rückrunde nicht verhindern. Zwar erarbeite sich die Alemannia durch Alexander Klitzpera (80.) und Todor Kolev (83.) weitere Möglichkeiten, blieb jedoch auch in der Schlussviertelstunde wenig zwingend. Die im Sekundentakt in Richtung Aachener Wall fliegenden Bälle kamen viel zu schnell zurück und fanden selten einen Abnehmer in Schwarz und Gelb. Den letzten Höhepunkt der Partie setzte Marius Ebbers: Nach Vorarbeit seines slowakischen Sturm-Kollegen Szilárd Nemeth verfehlte der Schuss des Offensiv-Akteurs den linken Pfosten des Wehener Schlussmanns nur um Zentimeter.
Die Alemannia muss die erste Liga-Niederlage unter Jürgen Seeberger hinnehmen. Wehen Wiesbaden entführt verdient die Punkte nach Hessen und macht den nächsten Schritt Richtung Klassenerhalt. Die Alemannia muss nach gutem Start auf der Hut sein, den Abstand nach unten nicht zu klein werden zu lassen.