Alemannia Aachen: Riechert – M. Breuer, Emunds – J. Boeven, Roolf, Essers – Leussler, T. Boeven, H. Wollgarten, J. Wesché, Rex
1:0 Boeven, 1:1, 2:1 Wollgarten, 3:1 Boeven, 4:1 Wesché, 4:2, 4:3, 4:4, 5:4 Breuer, 5:5
Sytsma (Rotterdam)
(auf dem Sportplatz Tivoli)
Riechert hält Elfmeter (nach dem 1:0)
Pfingsten, das liebliche Fest ist gekommen – – beginnt Reineke Vos in Vorahnung der brillanten sportlichen Veranstaltungen, die Alemannia nun schon seit einer Reihe von Jahren an diesem Tag loslässt. Die besten in- und ausländischen Mannschaften, fast stets noch hervorragendes Wetter und dann die bekannte Pfingstform der Ersten sind die Wahrzeichen dieses offiziellen Saisonabschlusses. Für das erste gebührt der intelligenten Direktion, für das zweite St. Peter unser aufrichtiger Dank und unsere Anerkennung. Bezüglich des dritten weiss man nicht recht, an wen man sich wenden soll von wegen Bedanken.
Der Anstoss Aachens missglückt. Victoria rückt mit der Mitte vor, scheitert aber an dem Pfeiler Roolf. Der gibt den Ball schön an die Stürmerreihe, die in gutem Zusammenspiel bis zu den feindlichen Verteidigern kommt. Wollgarten gibt einen halbhohen Ball hinter den linken Verteidiger; Toni fängt ihn nach glänzendem Start auf und schiesst scharf und sicher ein. Die allgemeine Freude ob des ersten Erfolges Alemannias dämpft unmittelbar nachher ein ziemlich unbegründeter Strafstoss gegen Aachen; doch Riechert hält den schlecht placierten Ball mühelos. Die nun folgenden Angriffe der Heimischen sind mehr schön als gefährlich. Ihr Zusammenspiel ist bisweilen glänzend; nur steht J. Wesche wiederholt abseits. Victoria findet sich vorläufig noch immer nicht zurecht. Bei einem ihrer Vorstösse wird Emunds regelwidrig gehalten; Riechert geht raus, und der Halbrechte gibt ein. (1:1). Aachen ist keineswegs entmutigt, sondern greift unentwegt an, eine geringe aber klare Überlegenheit zeigend. Die äusserst ballsicheren Verteidiger Hamburgs sind wirklich etwas steif. Wollgarten bemächtigt sich eines von Toni weit vorgegebenen Balles, umspielt den herauslaufenden Torwächter und gibt dann mit grosser Ruhe ein. (2:1). Wenig später köpft Toni den Ball nach vorne, brennt durch und placiert aus kurzer Entfernung genau in die Ecke. 3:1 für Alemannia gegen Viktoria. Das Publikum ist begeistert. Der Anstoss der Gäste misslingt, unsere Stürmer sind im Nu wieder aufgerückt, und ein von Wollgarten aufgenommener Centerball Leusslers wird mit Mühe abgewehrt. Ein scharfer Schuss Joes aus ziemlicher Entfernung findet durch einen Haufen von Spielern seinen Weg ins Netz, da Hamburgs Torwart ihn zu spät sieht. (4:1). Einen weiten brillanten Schuss Joes stoppt der Towächter vorzüglich unter allgemeinem Beifall. Victoria zieht jetzt einige Male vor das Tor Alemannias und erzielt aus einem Gewühl das zweite Tor. (4:2). Einige höchst kritische Situationen werden teils von Riechert, teils von Breuer glücklich gelöst. Im allgemeinen ist Aachen noch immer gefährlicher, was Hamburg nicht hindert, ein drittes Tor, vermutlich infolge eines Missverständnisses der Aachener Verteidigung, zu buchen. Gegen Ende der ersten Hälfte drückt Viktoria etwas. Der Mittelstürmer schiesst erst knapp über die Stange, dann genau in die rechte Ecke. Dann haut Joe einen ganz harmlosen Ball in der Nähe unseres Tore mit der Faust weg. Der Elfmeter wird wuchtig gegen die Stange getreten und springt von da ins Netz. (4:4).
Der Anfang der zweiten Hälfte sieht Aachen wieder überlegen. Toni köpft einen Freistoss zu Rex, der centert. Elfmeter für Alemannia wegen unfairen Spiels. Moritz tritt seinen typischen Strafstoss; rechter Fuss, rechte Ecke, wenig placiert aber scharf. (5:4). Im weiteren Verlauf der zweiten Hälfte ist das Spiel gleich verteilt. Einen Kernschuss des Linksinnen hält Riechert; der Ball geht nicht weit genug weg, und mit scharfem, unhaltbaren Schuss tritt der Halbrechte aus kurzer Entfernung das ausgleichende Tor. Das Spiel wird lebhafter. Gegen Ende schiesst Wollgarten noch einmal sehr gut; aber die Götter haben ein unentschiedenes Spiel bestimmt; es bleibt bei 5:5.
Für versöhnliche Leute wie ich, ist, wenn die Gegner auch nur einigermassen gleichwertig waren, ein unentschiedenes Spiel die erwünschte Lösung. Und in der Tat, wer hätte diesmal sagen, dass Aachen oder Hamburg hätte gewinnen müssen? Wenn Hamburg auch unverkennbar das durchdachtere, grosszügigere, vielleicht auch feinere Spiel zeigte, so war doch Aachen die Partei, die entschieden häufiger gefährliche Momente vor des Gegners Tor schuf. Dann reichte aber auch das Innenspiel der Gäste nicht an das Alemannias heran. Wohl aber hatte Victoria zwei richtige Aussenstürmer, während bei Aachen, wie gewohnt "Behelfe" fungierten. (Denn auch von Rex will doch niemand behaupten, dass er ihn nicht lieber in der Mitte sähe!) – Ferner die Läufer! Bei ausgetauschter Läuferreihe hätte Victoria keine Bein auf die Erde gekriegt. – Die Summe der Backs war dann wieder gleich auf beiden Seiten; Moritz war von den vieren sicher der beste. – Von den Torwächtern ziehe ich Riechert vor. – Alles in allem also, wenn man bei Hamburg die Reise, den fremden Platz und das Fehlen von Garrn und Frankenthal, bei Aachen das häufige Pech vor dem Tore bedenkt, wird man das "drawn" nur billigen können.
Der Schiedsrichter, Herr Systma aus Rotterdem, ist unstreitig kompetent; er übertrieb aber diesmal. – Das Wetter war glücklicher Weise nicht zu heiss; der Besuch ausserordentlich rege, wie bei allen Abschiedsvorstellungen. Das Verhalten des Publikums war untadelig anerkennend für den berühmten Gast und von spontaner Herzlichkeit für seinen unbestrittenen Liebling, die "Erste Alemannia", von der es in der kommenden Spielzeit erwartet, was es nach Massgabe der heute gezeigten Kräfte zu hoffen berechtigt ist.
(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 12 / 16. Juni 1909)
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