FC Dordrecht: –
Alemannia Aachen: Segnitz – M. Breuer, Emunds – Commer, Roolf, Essers – Wolff, Leussler, H. Wollgarten, J. Wesché, Cl. Baurmann
1:0 Koopman, 2:0 Koopman, 2:1 Wollgarten, 3:1 Kleyn
1.000 (davon 2 aus Aachen)
Auch der Ostermontag meinte es gut mit uns. Der Himmel strahlte in ungetrübter Bläue als wir nach einem kurzen Morgenspaziergang den Zug bestiegen und gen Dordrecht fuhren. Am Bahnhofe in Dordrecht empfing uns Herr van der Kloet, ein Herr, dessen Liebenswürdigkeit, wie er uns in den nächsten vierundzwanzig Stunden bewies, keine Grenzen kennt. Nach Erledigung der notwendigsten Kleinigkeiten setzten wir uns zu dem uns vom Dordrechter F.C. angebotenen Lunch nieder. Schon dieses Lunch allein hätte genügt, uns für Dordrecht einzunehmen, denn der Weg zum Herzen geht bekanntlich durch den Magen, aber es kam noch besser. Zunächst eine herrliche Ansprache des Herrn van der Kloet, der uns namens des Dordrechter F.C. als ersten Deutschen Verein in Dordrecht begrüsste. Nachdem wir gedankt hatten, wurde auf gutes Einvernehmen angestossen.
Dann gings im Wagen zum Platz, wo wieder eine etwa tausendköpfige Zuschauermenge unserer harrte. Die Mannschaft Dordrechts, die schon den dritten Tag spielte, war des Ersatzes wegen umgestellt worden. Trotzdem zeigten die Holländer, besonders im Anfang, ein schnelles energisches Spiel, mit hohem, aber wirkungsvollem Abgeben des Balles. In der ersten Viertelstunde waren wir dagegen ziemlich machtlos. Schon kurz nach Beginn köpfte der baumlange Hoopmann, Dordrechts Rechtsinnen, eine Flanke in die rechte Torecke; bald nachher liess er einen Eckball von der Aussenseite des Fusses ins Netz prallen. Wir fanden uns dagegen erst nach und nach zurecht, und als wir mit dem Stande von 2:0 gegen uns die schlechtere Seite bekamen, war jeder auf eine Niederlage von 4-5:0 gefasst. Aber merkwürdiger Weise war auch heute die zweite Hälfte für uns die bessere. Die Holländer, die sichtlich etwas müde waren, kamen gegen das genaue Innenspiel Leusslers, Wollgartens und Weschés nur zeitweise an. Es wurde jetzt auch ziemlich oft, manchmal aber zu ungenau geschossen. Holland scheint das Land der Torwächter zu sein, denn wieder war es der Torhüter (übrigens ein Ersatzmann), der durch glänzende Leistungen seinen Verein vor einer Niederlage bewahrte.
Nachdem verschiedene Schüsse Weschés und Wollgartens abgewehrt worden sind, wirft Essers von der Grenze des Strafraums den Ball weit ins Feld hinein ein. Roolf giebt mit dem Kopf an Wollgarten, der den Ball stoppt und ihn aus 15-20 m Entfernung scharf in die linke Ecke schiesst. Das schönste Tor des Tages. Noch haben wir alle Hoffnung, gleichzuziehen, da wird bei einem Durchbruch Dordrechts die linke Flanke zu spät angegriffen, und Kleyn (linksinnen) stellt das Spiel 3:1 für Holland.
Dordrechts Spiel war, wie gesagt, schnell und wirkungsvoll, das Zusammenspiel teilweise zu hoch. Die Mannschaft gefiel uns allgemein besser als Quick.
Von unserer Mannschaft, die an beiden Tagen in gleicher Aufstellung spielte, kann ich erfreulicherweise nur Lobendes berichten. Hervorheben will ich nur das Spiel der Innenstürmer und der Läufer, ohne dadurch aber irgend jemanden von den anderen tadeln zu wollen. Von Breuer brauche ich nur zu sagen, dass er spielte wie immer, und Segnitz, der einen recht harten Stand hatte, hielt sich besonders jedesmal in der zweiten Hälfte wacker. Von den Ersatzleuten steht Essers vollkommen auf der Höhe der ersten Mannschaft. Wolff und Clemens Baurmann (dritte Mannschaft) füllten ihren Posten durchaus zufriedenstellend aus.
Nach dem üblichen Bummel durch die Stadt setzten wir uns mit Dordrechts Mannschaft zusammen, um das Spiel zu begiessen. Da in Holland ein eigentliches Vereinsleben so gut wie unbekannt ist, erregte unser bierfriedliches Gebahren die Verwunderung, aber wie ich auch festzustellen glaubte, das grösste Vergnügen unserer freundlichen Gastgeber. Unter Gesang und Scherzen verlief der "Dordrechter Abend" in gemütlichster Weise. Er währte bis... doch ich darf nicht aus der Schule schwatzen, und zudem steht hinter mir der gestrenge Censor unseres Blättchens und betrachtet mit Stirnrunzeln den eben angebrochenen zehnten Bogen meines Manuskripts. So muss ich denn schliessen, obwohl ich noch so gerne weite erzählte, wie wir uns mit Dordrecht verbroederten, wie man uns een spoedigen tegen bezoek (baldigen Gegenbesuch) gelobte, und wie wir am anderen Morgen, zwar ohne Kater, aber mit aufrichtigem Bedauern von dem liebgewonnenen Dordrecht schieden.
Nur noch das gute Einvernehmen möchte ich hervorheben, das zwischen allen Teilnehmern an der Reise (die Schlachtenbummler Hans Effer und Willy Schirp natürlich eingerechnet), herrschte, und das auch dadurch nicht getrübt wurde, dass Karl Commer seinen Jersey vergessen hatte. Alles in Allem: Alemannia kann mit der ersten grossen Reise ihrer ersten Mannschaft vollkommen zufrieden sein; dass die Teilnehmer es waren, dafür übernehme ich die Garantie.
(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 5 / 1. Mai 1907)
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