Mit frischen Eindrücken über den kommenden Gegner ist Dieter Hecking am Donnerstagabend aus Siegen zurückgekehrt. Gemeinsam mit Sportdirektor Jörg Schmadtke und Co-Trainer Dirk Bremser war er Augenzeuge des 1:1 von Hansa Rostock bei den Sportfreunden.
„Mein Eindruck ist, dass sich Hansa Rostock nach dem Trainerwechsel deutlich stabiler zeigt. Sie hätten das Spiel in Siegen auch gewinnen können“, urteilt Hecking über den Bundesliga-Absteiger, der nicht gut in die Saison gestartet ist. Bekanntlich wurde nach zwei Spieltagen Jörg Berger entlassen. Frank Pagelsdorf bemüht sich seitdem, Stabilität in die Mannschaft zu bekommen. Allerdings wird der Blick auf den Gegner in Aachen nicht allzu ausgeprägt betrieben. Die Mannschaft soll sich nach dem 6:2 gegen LR Ahlen auf die eigenen Stärken besinnen. „Für mich war der 6:2-Erfolg am Mittwoch eine positive Reaktion der Mannschaft auf das 1:5 in Cottbus“, sagt Hecking. Dennoch räumte der Trainer ein, dass sein Team in der einen oder anderen Phase souveräner hätte agieren müssen. Dennoch: „Sechs Tore muss man erst einmal erzielen - auch gegen einen Gegner wie Ahlen.“
So mischt sich derzeit die Freude über das Ergebnis gegen Ahlen mit der Einsicht, dass es bei der Alemannia noch Verbesserungspotenzial gibt. Unterm Strich ergibt sich daraus die Erwartungshaltung für den Auftritt in Rostock. Hecking formuliert es so: „Dieses 6:2 war eine gute Antwort. Aber in Rostock steht das Ganze wieder auf dem Prüfstand.“
Bei der Partie am Montag muss Dieter Hecking weiter auf den verletzten Stephan Straub verzichten. Moses Sichone hat immer noch Trainingsrückstand und wird am Samstagnachmittag bei den Amateuren zum Einsatz kommen. Cristian Fiel ist nach überstandener Oberschenkelzerrung seit Donnerstag wieder im Training. Emil Noll klagt über leichte Adduktorenprobleme. Am schwersten aber wiegt sicher der höchstwahrscheinliche Ausfall von Reiner Plaßhenrich. Bekanntlich hat Marcel Ketelaer dem Alemannen im Spiel gegen LR Ahlen per Ellbogencheck einen Nasenbeinbruch beigebracht, der am Donnerstag gerichtet wurde.
„Die Nase ist mehrfach gebrochen. Nach einem Telefonat mit Reiner heute Morgen würde ich sagen, dass es zum jetzigen Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich ist, dass er spielt“, erklärte Hecking am Freitag. Erst recht, wenn man bedenkt, dass mit Rade Prica ein kopfballstarker Gegenspieler und damit viele Duelle in der Luft auf Plaßhenrich warten würden. Am Freitag jedenfalls war die Nase des Aacheners Mittelfeldspielers noch von weißem Klebepflaster bedeckt. Somit muss Hecking sich aller Voraussicht nach Gedanken um die Besetzung des defensiven Mittelfeldes machen, nachdem die Paarung Sukalo/Plaßhenrich gegen Ahlen eine ordentliche Vorstellung gezeigt hatte. Wie die personelle Besetzung letztlich aussieht, ließ der Chefcoach wie gewohnt offen. Durch die Rückkehr von Cristian Fiel hat Hecking zumindest eine weitere Alternative.
Hecking nahm auch Stellung zu vereinzelten Stimmen, die Mannschaft habe nach dem Erfolg gegen Ahlen nur sehr verhalten gefeiert. „Vor dem Hintergrund des 1:5 gegen Cottbus - inklusive der berechtigten Kritik an uns - sollte man trotz eines 6:2 gegen Ahlen nicht erwarten, dass alles wieder himmelhoch jauchzend ist“, erklärte Hecking und befand: „Ich denke, die Mannschaft hat da ein gutes Gespür für die Situation bewiesen und unsere Fans haben das auch verstanden.“
Apropos Fans: Für den Fanbus nach Rostock sind übrigens noch Plätze frei. Die Tickets kosten 40 Euro und sind im Fanshop am Tivoli erhältlich. Abfahrt nach Rostock ist am Montagmorgen um 8 Uhr. Zumindest auf der Rückfahrt teilen alle tapferen Schlachtenbummler dann das Schicksal der Profis. Auch für sie geht es nämlich nach der Partie mit dem Bus durch die Nacht zurück nach Aachen. Gleich nach der Ankunft soll es dann am Dienstagmorgen ein kurzes Training geben, bevor die Spieler dann nach Hause dürfen. Schon dann gilt alle Konzentration wieder dem nächsten Auftritt am Freitag gegen Greuther Fürth, für den am Freitag rund 12.700 Tickets verkauft waren.
Dieter Hecking zur Taktik
Dieter Hecking zu Hansa Rostock
Dieter Hecking zu den Spielen im Osten Deutschlands
Dieter Hecking zu einem möglichen Sieg
Dieter Hecking zu Sukalo
Dieter Hecking zum Nasenbruch von Plaßhenrich
FC Hansa Rostock: Brecko, Bülow, da Silva Menezes, di Salvo, Hartmann, Pohl, Prica, Rydlewicz, Schied, Schober, Sebastian / Trainer: Frank Pagelsdorf
Alemannia Aachen: Fiel, Klitzpera, Meijer, Nicht, Noll, Pinto, Rauw, Rösler, Schlaudraff, Stehle, Sukalo / Trainer: Dieter Hecking
1:0 Antonio di Salvo (16.)
Bernd Rauw (39.), Antonio di Salvo (46.), Sascha Rösler (58.), Sergio Pinto (59.), Rene Rydlewicz (75.), Brecko (79.)
4 / 7
4 / 1
Knut Kircher, Arno Blos, Thorsten Schiffner
10.000 (davon ca. 150 aus Aachen)
Nieselregen, 15 Grad
Das Spiel dominiert, den Gegner beherrscht, klare Chancen erarbeitet, Elfmeter gehalten - und doch verloren. Nach starker Leistung stand die Alemannia am Montagabend in Rostock doch mit leeren Händen da. Das frühe Tor von Antonio di Salvo entpuppte sich als Treffer des Tages.
„Ich habe heute eine enorm starke Aachener Mannschaft gesehen“, musste Hansa-Trainer Frank Pagelsdorf nach dem Spiel eingestehen. Von Anfang an entwickelte sich ein temporeicher Schlagabtausch. Cristian Fiel ersetzte auf Aachener Seite den verletzten Reiner Plaßhenrich und rückte in die halblinke Position im Mittelfeld. Im Zentrum verteidigte Goran Sukalo in unzähligen Kopfballduellen gegen Rade Prica. Matthias Heidrich hatte sich beim Training am Vormittag eine Blockade im Rücken zugezogen und rutschte ganz aus dem Kader. Wie fair es gehen kann, bewies der Rostocker Mannschaftsarzt. Er behandelte vor dem Spiel nicht nur Heidrich, sondern später auch eine blutende Wunde bei Bernd Rauw.
Die Verkettung zweier kleiner Fehler führte zum Aachener Rückstand. Auf der linken Seite versetzte Michael Hartmann Sergio Pinto und kam zum Flanken. Im Zentrum rutschten Alex Klitzpera und Gegenspieler di Salvo wie beim Paarlaufen fast synchron aus. Di Salvo bewegte sich schneller wieder in Richtung Ball und lenkte die Kugel ins lange Eck. Alemannia lag zurück (16.).
Die Gäste bekamen das Spiel schnell wieder in den Griff, von einem Schock durch den Rückstand war keine Spur. Cristian Fiel prüfte Hansa-Keeper Matthias Schober mit einem Knaller aus 25 Metern, bei dem glitschigen Rasen im Ostseestadion ein probates Mittel. Aber Schober reagierte prächtig. Auch in der nächsten Szene stand der ehemalige Schalker im Mittelpunkt. Jan Schlaudraff strebte allein dem Tor entgegen. In der Mitte lief Sascha Rösler mit und wartete eigentlich nur noch auf den Querpass. Doch Schlaudraff machte es allein, Schober parierte erneut stark (37.). So nahm Hansa die Führung mit in die Pause.
Schnell standen die Schwarz-Gelben wieder auf dem Rasen. „Es gab nicht viel zu reden. Ich habe den Jungs gesagt, dass sie so weiter machen sollen“ erklärte Coach Dieter Hecking nach der Partie. Trotz der zwei defensiven Mittelfeldspieler der Hansa hatte die Alemannia auch nach der Halbzeit die Hoheit in Sachen Spielgestaltung, erspielte sich auf den Flügeln viel Raum. „Sturm und Mittelfeld der Alemannia haben sich sehr gut bewegt und immer wieder Löcher gerissen“, suchte Pagelsdorf nach Erklärungen.
Dennoch musste Kristian Nicht in der 51. Minute gegen di Salvo einen höheren Rückstand verhindern. Dann die 57. Minute: Von der rechten Seite wurde der Ball in die Mitte der Aachener Abwehr gelegt und ging an Freund und Feind vorbei. Schiedsrichter Knut Kircher ließ zunächst weiterlaufen, reagierte dann aber auf ein Zeichen seines Linienrichters Torsten Schiffner. Nach kurzer Beratung entschied Kircher auf Strafstoß. Was passiert war, löste für die meisten aller Beteiligten erst die x-te Zeitlupe auf. Sergio Pinto hatte di Salvo zu Fall gebracht. Alle Proteste der Alemannen nutzten nichts - Elfmeter. Den hart geschossenen Ball von Rene Rydlewicz parierte Kristian Nicht bravourös und hielt die Alemannia im Spiel (61.).
Auf der anderen Seite konnte sein Pendant Matthias Schober sich ebenfalls auszeichnen. Einen Kopfball von Sascha Rösler kratzte der Keeper mit einem Reflex von der Linie, beim Nachschuss aus kurzer Distanz wurde Rösler entscheidend gestört. Kurz zuvor hatte Erik Meijer bereits einen Kopfball nach einer Ecke knapp über das Tor gesetzt. Auch Goran Sukalo versuchte sein Glück mit einem Kopfball, den der Slowene aber über das Tor setzte.
In der hektischen Schlussphase sah Rostocks Brecko nach einem Foul an Erwin Koen die Gelb-Rote Karte. Einem Powerplay gleich rollte ein Angriff nach dem nächsten in Richtung Rostocker Tor, doch das Glück war am Montagabend nicht auf Seiten der Alemannia. Und auch Kircher dachte nicht daran, die verlorene Zeit auch nur annähernd nachspielen zu lassen. „Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen. Ich denke, wir hätten hier heute mindestens einen Punkt verdient gehabt“, meinte Dieter Hecking. Sofort nach dem Spiel ging es mit dem Bus zurück nach Aachen. Der Spielplan will es so, dass die Alemannen nicht lange mit der Niederlage hadern können. Sie müssen am Freitag im Heimspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth wieder ran. „Ich würde mir wünschen, wir hätten etwas mehr Zeit zur Regeneration“, so Hecking.
Ein Alemanne hätte sich einen Sieg besonders sehnlich gewünscht: Professor Horst Heinrichs. Der Präsident feierte in Rostock in seinen Geburtstag hinein, bewies aber trotz der Niederlage großen Sportsgeist: „Das Leben geht weiter, Niederlagen gehören zum Leben. Ich lasse mir die Stimmung nicht vermiesen.“ In diesem Sinne: Alles Gute zum Geburtstag!