Düsseldorf 1899: u.a. Fassbender, Schwagmayer, Grass
Alemannia Aachen: Wirtz – M. Breuer, Emunds – J. Boeven, Roolf, X. Baurmann – Wolff, Pohlmann, J. Wesché, Cl. Baurmann, Altenkamp
0:1 Wesché, 0:2 Pohlmann, 0:3 Baurmann, 1:3
Closterhalfen (Elberfeld)
Mit wenig Hoffnung auf einen Sieg unserer Elf verfügte ich mich am Sonntag nach der Verbandsausschußsitzung mit den übrigen Teilnehmern (Verbandsvorstand und Obmänner der übrigen Ausschüsse) zum Platzes des D.F.C., wo folgende Mannschaft bereits eifrig Torgeographie studierte: [...]
Der Beginn des Spieles verzögerte sich etwas, weil beim Gegner der berühmte Wiener Torwächter Prager ausbleibt und im letzten Augenblick irgend ein Spieler der Jugendmannschaft für ihn einspringen muss. Nachdem Closterhalfen angepfiffen hat, kann er gleich Düsseldorfs Stürmer in unsere Hälfte begleiten. Um den anwesenden Verbandsbehörden und dem Düsseldorfer Oberbürgermeister die etwa vorhandene Illusion, dass bei Ligaspielen Unfairheiten zu den Seltenheiten gehören, zu nehmen, ist es Boevens erste Tat, hart am Strafraum einen Gegner völlig regelwidrig hinzuwerfen. Breuer fängt den Freistoss ab und gibt den Ball nach vorne, wo sich nun ein wechselvoller Kampf zeigt. Beide Mannschaften bevorzugen das Flankenspiel, wodurch das Spiel bei dem schnellen angeschlagenen Tempo von selbst einen interessanten Charakter erhält. Die beiden Torwächter braucehn in der ersten halben Stunde kaum einzugreifen. Wesche bei uns und Fassbender beim Gegner kommen zwar mehrmals zum Schuss, sie können aber den anscheinend zu leichten Ball nicht recht fassen und schiessen drüber. Wolff, der von dem neuen westdeutschen Repräsentativen Schwagmeyer gut gedeckt wird, kommt doch einige Male durch. Nach einigen schlechten Flanken gibt er auch mal eine gute, Wesche fängt sie ab, umgeht unseren alten Freund Grass und im nächsten Augenblick hängt ein Prachtschuss im Netz. Im gleichen flotten Tempo geht es weiter. Beide Parteien zeigen viel und gutes Kopfspiel, das besonders den Obmännern der Aussenbezirke unseres Verbandes auffällt.
Kurz nach der Pause leistet sich der Düsseldorfer Cerberus einen bösen Schnitzer, indem er einen harmlosen weiten Schuss Pohlmanns knieend durch die Hände ins Tor laufen lässt. Noch halten beide Mannschaften das Tempo durch, und erst als ein überraschender Schuss von Clé gegen die Querlatte geht und vom Rücken des verdutzten Torwächters ins Tor abprallt, beginnt Düsseldorf zu drängen. Die schlecht durchgeführten Angriffe halten zwar unsere Verteidiger in Atem, gefährden jedoch unser Tor nur selten. Zudem steht der Düsseldorfer Halblinke fast immer abseits, was der Schiedsrichter nicht immer bemerkt.
Aus einer klaren Abseitsstellung heraus erzielt der genannte Spieler denn auch den einzigen Erfolg für Düsseldorf.
Vom Gegner hatte ich, abgesehen davon, dass Prager fehlte, nach den letzten Siegen gegen Essen 2:0 und Gladbach 3:1 viel mehr erwartet, Die Verteidigung war sehr mässig, ebenso der Sturm, der nur klägliche Versuche von Zusammenspiel zeigte. Die Läufer dagegen waren sehr gut und den unseren weit überlegen. Von den zwei Aufgaben des Läufers, Unterstützung des Angriffs auf der einen und Unterstützung der Verteidigung auf der anderen Seite, ist die eine genau so wichtig wie die andere. Unsere Läufer, besonders die Aussenläufer, spielen aber nur für die Verteidigung und gar nicht für den Angriff. Unsere Verteidiger haben daher natürlich allen Grund, mit ihren Vorderleuten zufrieden zu sein, umsoweniger aber die Stürmer. Wenn Boeven aus ganz unmöglich scheinenden Stellungen und mit undenkbaren Gliederverdrehungen den Ball nach vorne bringt, so hat gewiss das Publikum und er selbst – er lächelt nämlich dabei immer verschmitzt – daran Freude, aber seine Stürmer wissen mit diesen Bällen, die eine ganz unberechenbare Fälsche besitzen, ganz und gar nichts anzufangen. Roolf gibt sich wenigstens Mühe genau nach vorne abzugeben. Wenn er wüsste, wie unbeholfen seine Dribbelversuche aussehen, würde er sich diese gewiss schenken. Bei Xaver Baurmann ist noch mehr als der Mangel an genauem Zuspiel die völlig unfaire Spielweise zu tadeln. Es ist die höchste Zeit, dass hier der Spielausschuss energisch eingreift, wenn wir nicht den guten Ruf, den unsere Mannschaft wegen ihres fairen Spiels geniesst, einbüssen wollen. Man kann ruhig sagen, dass X. Baurmann überhaupt nicht mit einem Gegner zusammen kommt, ohne eine unfaire Sache zu machen. Es ist ein merkwürdiger Zufall, dass er an derselben Stelle, wo sein Bruder Carl früher das Ideal eines fairen Spielers war, nun eine entgegengesetzte höchst unfaire Spielweise zeigt.
Mit unseren Stürmern, die unter den besprochenen Mängeln der Läuferreihe am meisten zu leiden haben, kann man diesmal zufrieden sein. An Altenkamp habe ich nichts auszusetzen, an Wesche nur, dass er mehrmals in der Nähe des Tores nicht seinen besser stehenden Nebenleuten den Ball vorlegte. Clemens und Wolff genügten. Ueber Pohlamnn zu urteilen, versage ich mir aus naheliegenden Gründen.
Die beiden Verteidiger waren gut, Wirtz der einige Male im richtigen Augenblick herauslief, hatte schwierige Sachen nicht zu halten.
(Hubert Wollgarten; Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 7 / 1. April 1911)
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