Westfalen brauchen jeden Punkt im Abstiegskampf
Am Samstag (14 Uhr) hat die Alemannia es mit dem nächsten Liga-Sorgenkind zu tun: Mit Rot Weiss Ahlen kommt der Tabellenvorletzte zum Tivoli. Bis zu 28.000 Zuschauer erwartet.
Zwei Mannschaften, die sich am jeweils anderen Ende des Tableaus befinden – und dennoch oder vielmehr gerade deshalb steht für beide ähnlich viel auf dem Spiel. „Unsere Situation ist natürlich um einiges schöner als die in Ahlen. Trotzdem geht es auch für sie um alles, sie spielen um ihre Existenz“, ist Alemannias Coach Heiner Backhaus die prekäre Lage von RWA im Tabellenkeller der Regionalliga West nicht entgangen. Allerdings erwartet der Trainer ein etwas anderes Spiel als vergangene Woche gegen den FC Wegberg-Beeck, seines Zeichens ebenfalls ein Abstiegskandidat: „Da sind schon auch Spieler in der Mannschaft, die bereits höher gespielt haben. Ahlen hat den Anspruch, mitzuspielen und guten Fußball zu spielen. Es wird in jedem Fall ein dickes Brett sein, das wir da bohren müssen“, differenziert Backhaus, der von Montag bis Mittwoch bei seinem Pro-Lizenz-Lehrgang in Wolfsburg weilte.
In der Tat verrät ein einfacher Blick auf das Personal des Tabellensiebzehnten, dass im Kader durchaus individuelle Qualität vorhanden ist. Da ist beispielsweise Kapitän Luka Tankulic, der für Ahlen, die Sportfreunde Lotte und den SV Meppen auf insgesamt 177 Drittligaspiele kommt – plus 16 Zweitligaeinsätze, ebenfalls für seinen heutigen Klub. In dieser Saison netzte der 32-Jährige viermal, acht Treffer legte er auf. Und auch Ömer Uzun weiß durchaus, wo das Tor steht. Der ehemalige Süper-Lig-Angreifer ist mit neun Toren bester Torschütze des Teams von Trainer Björn Joppe. Dennoch spricht die momentane Formkurve der Rot-Weissen eine klare Sprache: Nur eines der letzten neun Spiele konnte Ahlen gewinnen, gegen Fortuna Düsseldorf II (2:4) und Fortuna Köln (0:2) setzte es zuletzt klare Niederlagen. Mit 60 Gegentoren kassierten die Wersestädter dazu die drittmeisten aller Teams und trotz Uzuns Zuverlässigkeit vor dem Tor hapert es auch in der Offensive: Nur 32 eigene Treffer bedeuten den zweitschlechtesten Wert der Liga.
„Welche Faktoren genau dazu geführt haben, dass Ahlen da steht, wo es steht, vermag ich nicht zu sagen. Was ich weiß, ist, dass wir wieder mit allem, was wir haben, dagegenhalten müssen. Hier braucht sich niemand auf ein Freundschaftsspiel einzustellen“, gibt Backhaus die Marschroute vor. Mit Blick auf die eher behäbige erste Halbzeit in Wegberg schiebt er hinterher: „Ich wünsche mir auch, dass wir mal von der ersten Minute an die erforderliche Laufleistung und den nötigen Einsatz bringen. Das macht das Spiel für uns alle angenehmer. Zweikämpfe anzunehmen, das steht im Grundgesetz des Fußballs und ist nicht verhandelbar.“
Ebenso wenig verhandelbar war in den letzten Wochen und Monaten die Rolle von Jan-Luca Rumpf im Alemannia-Gefüge. Der „Partner in Crime“ von Abwehrchef und Kapitän Mika Hanraths in der Innenverteidigung absolvierte die letzten 16 Ligaspiele allesamt über 90 Minuten und ist zu einer festen Größe in der schwarz-gelben Truppe herangereift. „Ich versuche natürlich, der Mannschaft zu helfen, indem ich zusammen mit Mika hinten für Stabilität sorge. Das ist uns insbesondere in der Rückrunde gut gelungen“, bewertet der 24-Jährige, der die Stimmung im Team als „sehr gut“ bezeichnet. Trotz der Tatsache, dass Ahlen ein anderer Gegner ist als Beeck, vermutet er: „Wir werden wieder viel den Ball haben, was bedeutet, dass wir Abwehrspieler uns oft in Aufbausituationen wiederfinden werden.“
Gegen RWA bläst bei der Alemannia mit Ausnahme der Langzeitverletzten wieder die volle Kapelle – das bedeutet, dass Uli Bapoh wieder genesen ist und auch Julian Schwermann seine Rotsperre endlich abgesessen hat. Die Systemwahl lässt der Trainer offen. Klar ist, dass Thilo Töpken eine signifikante Rolle spielen wird, der Doppeltorschütze vom letzten Samstag trainiere stark, wie Backhaus bekräftigt.
Training haben die Fans auf dem Tivoli nicht mehr nötig, denn die wissen mittlerweile, wie man dieses Stadion gefüllt bekommt: Gegen RWA rechnet die Alemannia wieder mit bis zu 28.000 Zuschauern. Wer nicht dabei sein kann, muss aber nicht verzagen: Als Alternativen stehen wie immer der Alemannia-Liveticker, der Audiostream von 100,5 – DAS HITRADIO und der Livestream von SPORTTOTAL bereit. Die Bilanz gegen Ahlen spricht unterdessen für Schwarz-Gelb: Zwischen den beiden ehemaligen Zweitligisten gab es bisher 33 Duelle, 16-mal gewann die Tivoli-Elf. Dem gegenüber stehen sechs Remis und elf Pleiten.
Schiedsrichter der Partie des 29. Spieltags ist Alexander Ernst aus Schwerte mit seinen Assistenten Waldemar Stor und Jörn Schäfer.
Alemannia Aachen: Johnen – Heister (86. Uzelac), Hanraths, Rumpf, Strujic – Müller (78. Willms), Baum (42. Afamefuna), Pagliuca – Heinz, Töpken, Scepanik (46. Schwermann) / Trainer: Heiner Backhaus
Rot Weiss Ahlen: Brüseke – Karabatic, Dal (88. Buckesfeld), Reithmeir – Camoglu (88. Öztürk), Lanfer, Aydogan, Kyere (46. Uzun) – Tankulic (70. Cvetkovic) – Coleman (46. Özkara), Cejas / Trainer: Björn Joppe
1:0 Heinz (44.), 2:0 Strujic (90.), 3:0 Strujic (90.+2)
Kyere (45.+1), Hanraths (57.), Aydogan (57.), Karabatic (73.), Rumpf (75.)
1 / 9
Alexander Ernst (Schwerte) – Waldemar Stor, Jörg Schäfer
26.000 (davon ca. 75 aus Ahlen)
23 Grad, sonnig
Treffer zum 2:0 und 3:0 kurz vor Schluss
Zehnter Heimsieg in Folge! Gegen ein starkes Rot Weiss Ahlen behielt die Alemannia am Samstag mit 3:0 (1:0) die Überhand. Anton Heinz per Elfmeter (44.) und Sasa Strujic mit einem Doppelpack kurz vor Schluss (90./90.+2) sorgten für die schwarz-gelben Treffer. Das Ganze sahen 26.000 Fans auf dem Tivoli.
Die mittlerweile allseits bekannte Beobachtung von Alemannia-Trainer Heiner Backhaus, sie traf auch auf Rot Weiss Ahlen zu. „Gegen uns gibt jeder Gegner immer 110 Prozent“, warnt der Coach stets. Und die Gäste von der Werse bestätigten diese These in einem ausgeglichenen Spiel auf dem Tivoli par excellence, hielten über die volle Distanz auch mit eigenen Offensivaktionen dagegen – die clevere Mannschaft auf dem Rasen trug jedoch wieder einmal Schwarz und Gelb. Und so fällt das Ergebnis „in der Höhe vielleicht zu deutlich aus“, wie Backhaus nach der Partie konstatierte, allerdings bewies die Alemannia erneut ihre Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor.
Die Tivoli-Kicker kamen diesmal auch besser rein in die Partie als in den Spielen zuvor, auch wenn die Gäste die erste Aktion für sich verbuchen konnten: Stürmer Pedro Cejas bekam den Ball in den Lauf gespielt, schoss aber von Mika Hanraths bedrängt direkt vor Alemannia-Torhüter Marcel Johnen nur eben jenen an (4.). Im direkten Gegenzug beförderte Bastian Müller RWA-Keeper Robin Brüseke die Kugel nach gutem Zuspiel von Lukas Scepanik in die Arme (4.). Direkt zu Beginn war es also ein Spiel mit offenem Visier, Ahlen verzichtete auf das Abtasten – obwohl es auch für den Tabellenvorletzten im Abstiegskampf um alles geht, spielten sie nahezu frei auf.
Das galt in den ersten 20 Minuten jedoch auch für den Tabellenführer: Thilo Töpken brach über rechts durch und sah Scepanik frei im Sechzehner, der das Spielgerät nach einer Körpertäuschung jedoch knapp drüber setzte – die Großchance auf das 1:0 (10.). RWA antwortete mit einer Rechtsecke von Erik Lanfer, die den Kopf des aufgerückten Innenverteidigers Jakov Karabatic fand. Dieser setzte seinen Versuch aus kürzester Distanz aber zu zentral an, sodass Johnen nichts anderes übrigblieb, als den Ball zu halten (16.). Der Chancenwucher ging vor Brüsekes Kasten weiter, Töpken holte sich nach einem Scepanik-Pass in den Strafraum den Ball von Oktay Dal wieder, verpasste aber ebenfalls die Führung – sein Schuss sauste links am Tor vorbei (20.). Auf der anderen Seite wurde ein Lanfer-Freistoß lang und länger und klatschte an den linken Pfosten, Strujic warf sich dann erfolgreich in den anschließenden Kopfball von Ahlens Kapitän Luka Tankulic (22.). „Ahlen ist hier mit breiter Brust aufgetreten, es war ein intensives Spiel“, bilanzierte Johnen nach Abpfiff.
Der Schlussmann der Alemannia wurde wie schon in Wegberg zur Zielscheibe ungestümer Angreifer-Aktionen und musste einiges an Schmerzen erleiden. Wie etwa Minute 32, als der heranstürmende Derrick Kyere ihn am Schienbein traf und Johnen mehrere Minuten behandelt werden musste. „Da kann es durchaus Rot für geben“, fand der Keeper. Rot gab es auf der Gegenseite dann kurz vor der Pause für Karabatic zwar nicht, allerdings hatte er als letzter Mann soeben Scepanik an einer sicheren Torchance gehindert, der Linksaußen der Gastgeber wäre nach einem Müller-Steckpass frei durch gewesen. Die Aktion fand mutmaßlich vor dem Sechzehner statt, Schiedsrichter Alexander Ernst pfiff dennoch Elfmeter für die Alemannia. „Menschen machen Fehler, in diesem Fall haben wir davon profitiert“, kommentierte Backhaus die Szene. Den fälligen Strafstoß verwandelte Heinz zu seinem 16. Saisontor zum 1:0 (44.).
Nach der Pause war deutlich weniger los auf dem Feld, Backhaus hatte schon vor dem Seitenwechsel auf Dreierkette umgestellt und musste die angeschlagenen Freddy Baum und Scepanik herunternehmen. Julian Schwermann kam in Halbzeit zwei zu seinem ersten Einsatz nach seiner Vier-Spiele-Sperre. RWA brachte nachfolgend nicht mehr die Spritzigkeit aus Hälfte eins auf den Rasen, aber auch die Alemannia tat sich beim Kreieren von eigenen Offensivaktionen schwer. Das Ergebnis: Erst in Minute 75 ging wieder ein Raunen durchs weite Rund, als Johnen einen 17-Meter-Freistoß von Lanfer aus dem Torwarteck fischte. Zuvor hatte Jan-Luca Rumpf Cejas gefoult und sah die fünfte Gelbe Karte. Er fehlt damit nächste Woche beim SC Paderborn II.
Das Spiel bog auf die Zielgeraden ein und die Alemannia schaffte es erneut, ihre Chancen eiskalt zu nutzen: Erst bediente der eingewechselte Dustin Willms den mitgeeilten Strujic in einer Umschaltaktion auf links, der stramme Schuss des Außenbahnspielers schlug links oben ein – 2:0 (90.). Und plötzlich wurde die Tormaschinerie noch einmal angeworfen, keine zwei Minuten später musste Brüseke erneut hinter sich greifen, nachdem Heinz sich stark über rechts durchtankte und wieder Strujic bediente – der Deutsch-Bosnier schnürte mit dem zweiten Treffer unter die Latte, diesmal rechts oben, einen Doppelpack (90.+2). „Die treffe ich beide ganz ordentlich“, bemerkte der Zweifach-Torschütze grinsend.
Der zehnte Heimsieg in Folge gegen aufopferungsvoll kämpfende Ahlener, die mit der letzten Aktion in Person von Ömer Uzun eine weitere gute Chance ungenutzt ließen (90.+4), war kurz danach unter Dach und Fach. Bereits in der nächsten Woche in Paderborn könnte die Alemannia damit aufsteigen – wenn das eigene Spiel gewonnen wird und der Wuppertaler SV gegen Fortuna Düsseldorf II parallel nicht siegt.