Trainer Dieter Hecking fordert einen Tag vor dem wichtigen Auswärtsspiel bei Rot-Weiß Essen eine verbesserte spielerische Leistung seiner Mannschaft. „Spielerisch war ich nicht mit dem zufrieden, was wir gegen Duisburg gezeigt haben. In Essen müssen wir versuchen, es besser zu machen“, so der Coach.
„In Sachen Laufbereitschaft und Einstellung kann ich der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat in der Hinsicht alles gegeben. Aber bei den Typen, die wir da auf dem Rasen stehen haben, kann es nicht sein, dass wir immer nur hohe Bälle auf Erik Meijer spielen. Erik hatte 40 Ballkontakte, davon waren 35 Kopfbälle. Das ist nicht unser Spiel“, analysierte der Trainer noch einmal die Partie am Montagabend. Bei der Kritik geht es dem Coach nicht um das Engagement seiner Schützlinge, sondern um die letzte Konsequenz. „Wenn wir die gegnerischen Spieler attackieren, dann dürfen wir das nicht halbherzig tun. Wir waren zwar in Bewegung, aber das nützt nichts, wenn der Pass dann trotzdem gespielt werden kann“, erklärt Hecking.
Gegen Essen wird deshalb auch Sergio Pinto von Beginn an auflaufen, denn Hecking bescheinigte dem Offensivmann nach seiner Einwechslung eine gute Partie gegen Duisburg. „Sergio war der Einzige, der in der halben Stunde, in der er gespielt hat, Druck auf den Gegner ausgeübt hat. Ich war mit seiner Leistung zufrieden, deshalb bekommt er am Freitag seine Chance.“ Und mit noch einem Spieler war der Trainer zufrieden. Kristian Nicht wird nach seiner erfolgreich absolvierten Feuertaufe auch gegen Essen zwischen den Pfosten stehen. „Wir wissen alle, dass das am Montag eine ungewollte und ungeplante Aktion war. Aber vielleicht war es so am besten für ihn, denn so hatte er keine Zeit sich Gedanken zu machen, was auf dem Spiel stand“, so der Trainer.
Ob die „Bedenkzeit“ vor dem nächsten Einsatz ein Problem für den Keeper mit der Nummer 24 sind, vermag Hecking nicht zu sagen: „Es wird sich zeigen, wie er mit der Situation umgeht. Ich wünsche ihm natürlich nicht, dass er sich zu sehr unter Druck setzt. Für das Spiel am Freitag habe ich nach dem Eindruck vom Montag ein sehr gutes Gefühl.“ Der neue Mann im Tor genießt laut Hecking die volle Rückendeckung von Mannschaft und Trainern. „Er weiß, dass er Fehler machen darf, denn auch große Nationaltorhüter machen Fehler. Das ist normal im Fußball“, sagt der Coach.
Trotz der Personalprobleme freut sich Hecking auf das Duell an der Hafenstraße. „Ich freue mich immer auf Spiele in Essen. Morgen geht es für beide Mannschafen um sehr viel, das macht die Sache noch einmal spannender.“ Da Essen nicht die Kompaktheit aufweisen kann wie zum Beispiel Duisburg, ist für Freitag ein ganz anderes Spiel zu erwarten. „Essen ist sicher ein Gegner, dem man das eigene Spiel aufdrängen kann. Dafür dürfen wir aber nicht so halbherzig spielen wie zuletzt. Es liegt an uns, die Essener in Zweikämpfe zu verwickeln, konsequent über die Außen zu spielen und den Gegner auch direkt anzulaufen, um ihn so zu Fehlern zwingen.“
Mit dem Unentschieden gegen Duisburg hält die Serie mit fünf ungeschlagenen Spielen zwar an, die Punktausbeute ist aber für die aktuellen Ambitionen zu wenig. „Wenn wir die Mannschaften vor uns noch einmal in Bedrängnis bringen wollen, dann hilft uns nur ein Dreier in Essen. Ich erwarte auch, dass die Mannschaft gewinnen will. Was ich nicht sehen will, ist, dass uns der Gegner es uns zeigt, wie Siegeswille aussieht.“
Über die Personalsorgen will der Coach gar nicht lange sprechen. „An der langen Verletztenliste wird sich momentan leider nichts ändern. Wir können nur hoffen, dass sich bis morgen nicht noch ein Spieler verletzt. Wir werden jetzt alle schön in Watte packen“ Neben Stammtorhüter Stephan Straub werden auch die Langzeitverletzten Thomas Hengen und Florian Bruns nicht spielen können. Auch Alexander Klitzpera (Schambeinentzündung), Dennis Brinkmann (Hexenschuss), Frank Paulus (Rückenprobleme) und Simon Rolfes werden nicht in den Kader zurückkehren. Marcus Hesse rückt als Ersatzkeeper in den Kader. Vertragsamateur Mirko Casper wird wie gegen Duisburg auf der Bank sitzen. Chris Iwelumo, der wegen Magen-Darm-Grippe nicht trainieren konnte, wird wohl dennoch mit nach Essen fahren.
Mit der Alemannia werden auch rund 1300 Fans mit an die Hafenstraße reisen - so viele Karten wurden bisher im Vorverkauf abgesetzt. Der Sonderzug Richtung Essen ist mit 500 Anhängern bis auf den letzten Platz belegt. An der Tageskasse ist es jedoch möglich, noch Tickets zu kaufen. Sitzplatzkarten kosten 17,- Euro und Stehplatzkarten 8,- Euro (ermäßigt 5,- Euro). Auch den Alemannen Coach freut es natürlich, dass wieder viele Fans die Mannschaft unterstützen: „Die Duelle Essen gegen Aachen sind immer etwas besonderes, auch wegen der tollen Atmosphäre im Stadion.“
Die Abfahrtszeiten des Fanzuges:
Hinfahrt
Aachen Hbf.: 15.57 Uhr
Herzogenrath: 16.20 Uhr
Essen: 17.54 Uhr
Rückfahrt
Essen: 21.50 Uhr
Herzogenrath: 23.15 Uhr
Aachen Hbf.: 23.29 Uhr
Rot-Weiss Essen: Bilgin, Foldgast, Goldbaek, Haastrup, Kaluzny, Kioyo, Kück, Renno, Ristau, Sidney, Yildirim / Trainer: Jürgen Gelsdorf
Alemannia Aachen: Fiel, Gomez, Landgraf, Meijer, Nicht, Noll, Pinto, Plaßhenrich, Schlaudraff, Sichone / Trainer: Dieter Hecking
0:1 Erik Meijer (9.), 0:2 Emil Noll (60.)
Thomas Stehle (44.), Radoslaw Kaluzny (55.), Mirko Casper (56.), Sidney (70.), Francis Kioyo (74.), Mirko Casper (77.)
6 / 8
5 / 3
Frank Thomas, Viktora, Iaccarino
16.310 (davon ca. 2.000 aus Aachen)
heiter bis sonnig, 10°
Die Alemannia-Offensive, in der Sergio Pinto anstelle von Laurentiu Reghecampf ran durfte, setze die Rot-Weißen im Spielaufbau von der ersten Minute an unter Druck. Und nach zwei torlosen Spielen durften die Schwarz-Gelben diesmal schon nach 9 Minuten jubeln. Eine Ecke von Sergio Pinto erwischte Kapitän Erik Meijer am kurzen Pfosten per Kopf. Daniel Gomez veränderte die Flugbahn noch um einen kleinen Tick und Essens Keeper René Renno war geschlagen. Zuvor hatte der Schlussmann nach einem Kopfball von Emil Noll mit einer tollen Parade einen Rückstand noch verhindern können.
Auf der Tribüne musste Aachens Neuzugang Erwin Koen mit einem Muskelfaserriss tatenlos mit ansehen, wie bei seinen Essener Kollegen nach dem Rückstand die Verunsicherung zunahm. Alle Angriffsversuche blieben in der äußerst aufmerksamen Aachener Defensive hängen. Auf der anderen Seite machten sich die Alemannen daran, die Führung auszubauen: Ein sehenswerter Volleyschuss von Pinto pfiff nur knapp am Winkel vorbei. Es sollte leider die letzte Aktion des Offensivmannes sein. In vollem Lauf wurde er von Kaluzny in der 32. Minute „geknickt“, als er gerade Daniel Gomez auf die Reise schickte. Der Franzose vergab die Chance, und was noch schlimmer war: Pinto blieb auf dem Rasen liegen. Sofort gab er Zeichen, dass die Verletzung schlimmer sei. Auswechslung, zur Halbzeit Abtransport ins Krankenhaus.
Die erste Diagnose ist niederschmetternd. Pinto wird wohl mit einem Bänderriss bis zum Saisonende ausfallen. „Es wäre sehr bitter, wenn sich das bewahrheiten würde. Sergio hat in der Zeit, in der er auf dem Platz stand, richtig gut gespielt und eindrucksvoll bewiesen, dass er wieder in die Mannschaft will“, reagierte Hecking auf die Fortsetzung der schier unglaublichen Verletzungsserie der Alemannia. Für Pinto kam Kai Michalke in die Partie. Die Essener Zuschauer durften sich in Halbzeit 1 immerhin über eine gefährliche Szene ihrer Mannschaft freuen. Nach Hereingabe von Bilgin waren Foldgast und Sichone fast gleichzeitig am Ball, der dann in Richtung Aachener Tor trudelte. Der wiederum sehr aufmerksame und fehlerfreie Kristian Nicht erwischte die Kugel aber deutlich vor der Linie.
Kurz nach der Halbzeit wurde das Aachener Trainerteam durch eine weitere Verletzung zum Improvisieren gezwungen. Innenverteidiger Thomas Stehle meldete eine Wadenverhärtung, so dass U23-Akteur Mirko Casper zu seinem ersten Bundesligaspiel kam. An der souveränen Spielgestaltung der Schwarz-Gelben änderte auch diese Umbesetzung indes nichts. Was im Mittelfeld nicht abgefangen wurde, entwickelte sich zur sicheren Beute des in Gala-Form spielenden Moses Sichone. Der Sambier gewann am Freitag fast jeden Zweikampf. „Vorne wurde sehr gut gearbeitet, was ich ja moniert hatte. Hinten standen wir bombensicher. Das ist das Fundament“, erklärte Hecking das Erfolgsrezept für sechs ungeschlagene Spiele in Serie mit vier Siegen.
Seit nunmehr drei Spielen ist die Alemannia nun ohne Gegentor, daran änderte sich auch in Essen bis zum Schlusspfiff nichts mehr. Dass die Gäste an der Hafenstraße die Partie ganz cool zu Ende spielen konnten, dafür sorgte Linksverteidiger Emil Noll nach rund einer Stunde. Nach einem Eckball von Kai Michalke schraubte sich der ehemalige Aalener in die Höhe und platzierte seinen Kopfball zur Entscheidung im Netz. Neben den erneuten Verletzungen gab es für die Alemannen einen weiteren Grund zum Klagen. Debütant Mirko Casper hatte sich schon früh nach seiner Einwechslung eine Verwarnung eingehandelt - wie sich bei Ansicht der Fernsehbilder herausstellte unberechtigterweise - und sah nach einem Zupfer an Kioyo dann Gelb-Rot. Dabei hätte der 23-Jährige die Kugel nur ins Seitenaus drücken müssen, suchte aber nach der spielerischen Lösung und verlor den Ball an den baumlangen Stürmer. Dieser nutzte das Trikotzupfen des Amateurs dann eiskalt aus. „Was Mirko bis dahin gespielt hat, war grundsolide. In dieser Szene hat man seine Unerfahrenheit gesehen“, befand Hecking.
In der restlichen Spielzeit ließen die verbliebenen zehn Alemannen aber überhaupt nichts mehr anbrennen. Im Gegenteil: Einige Überzahlsituationen blieben sogar noch ungenutzt. So fuhren die Aachener einen hoch verdienten Auswärtsdreier ein und setzten die Positivserie fort. Frei nach dem Motto: ,Wir denken nur ans nächste Spiel’ hatte Hecking am Freitagabend schon die Heimaufgabe gegen Energie Cottbus im Kopf: „Ich hoffe, es werden nächsten Sonntag 20.000 Leute auf dem Tivoli sein. Wir brauchen jetzt unsere Fans.“