Alemannia Cheftrainer Jörg Berger hatte am Sonntag zu den Resultaten der Zweitligaspiele gemeint: "Ich habe immer gesagt, dass erst am 34. Spieltag abgerechnet wird. Jetzt hoffe ich, dass wir das Spiel in Oberhausen tatsächlich zu einem Heimspiel machen werden." Der Verein hat keine Mühen gescheut, auch den letzten Fan zu mobilisieren und ihn zu motivieren, die Mannschaft an den Niederrhein zu begleiten.
Heute fügte unser Coach hinzu: "Das Spiel in Oberhau-sen kann, und ich betone das Wort _kann_, eines der wichtigsten Spiele der letzten Jahre für Alemannia Aachen sein. Das gilt für den Verein, für die Mannschaft, für die Fans, für die ganze Entwicklung und für mich persönlich natürlich auch."
Dass die Betonung auf _kann_ liegt, hat mit der unglaub-lichen Spannung in der 2. Bundesliga in dieser Saison zu tun und hängt auch von den Ergebnis-sen am Sonntag-nachmittag ab.
"Die anderen müssen natürlich etwas für uns mitspielen", ist sich Jörg Berger über einige verpasste Chancen während der Saison bewusst. "Andere Mannschaften zeigen jetzt Schwächen und können den Druck nicht einfach so wegstecken. Vielleicht ist es ganz günstig für uns, aber auch für Oberhausen, dass wir am Montag schon wissen, wie die anderen gespielt haben." Mainz heute gegen Unterhaching, Bielefeld in Fürth am Sonntag, genau wie Cottbus gegen den Pokalhalbfinalisten Lübeck, das sind die Spiele, in denen es um die Spitzenplätze geht und die von ganz besonderem Interesse für die Alemannia sind.
Und die Alemannia in Oberhausen? Jörg Berger: "Wir können jetzt nicht mehr groß taktieren, uns hilft nur ein Sieg in Oberhausen." So weit, so gut. Doch die schwache Auswärtsbilanz der Schwarz-Gelben spricht eigentlich gegen einen Erfolg am Montag im Niederrheinstadion. Da liegt die "Lösung" eigentlich auf der Hand: "Für uns, und da spreche ich im Namen der Mannschaft, soll die Partie in Oberhausen ein Heimspiel werden. Das bedeutet, wir wollen in Oberhausen auch wie in einem Heimspiel auftreten, mit derselben Konsequenz, der Art und Weise des Auftretens und mit dem Bewusstsein, dass uns nur ein Sieg weiterbringt." Helfen sollen dabei die vielen, treuen Fans der Alemannia. Mit einem Sonderzug und acht Bussen reisen die Kartoffelkäfer zusätzlich zu den unzähligen Privat-PKW's an und werden im Niederrheinstadion zumindest zahlenmäßig in der Überzahl sein.
Wegen Muskelproblemen nahm Ivica Grlic heute Nachmittag als Vorsichtsmaßnahme nicht am Trainingsspiel teil. In diesem Fall wird das Ärzteteam kurzfristig entscheiden, ob ein Einsatz am Montag Sinn macht. Quido Lanzaat (ebenfalls Muskelprobleme) soll in der kommenden Woche wieder ins Mannschaftstraining einsteigen, fällt also für die Partie in Oberhausen ebenso wie Willi Landgraf (Rot-Sperre) definitiv aus. Die Stimmung im Kader ist gut, die notwendige Lockerheit ist vorhanden und Trainer Jörg Berger beobachtete beim Training auch die notwendige Spielfreude. Der Besuch von Zirkus, Therme und auch des Bundesligaspiels am Sonntag Bochum gegen Freiburg soll dazu beitragen, dass die Schwarz-Gelben zwar konzentriert, aber doch auch entspannt an die letzten Aufgaben herangehen.
Der Gegner: Jörn Andersen und das kleine Wunder
Wenn am Anfang der Saison die so genannten Experten die unangenehme Frage nach den potenziellen Absteigern beantworten mussten, war ein Verein fast immer dabei: Rot-Weiß Oberhausen. Ein Trainerneuling mit einem radikal verjüngten Kader von "Namenlosen", wie sollte das funktionieren?
Und wie das funktionierte. Zwar rutschte das Team nach dem Traumstart mit einem Auswärtssieg bei Arminia Bielefeld nach sieben Spieltagen auf einen Abstiegsplatz, doch dann hatte der einstige Bundesliga-Torschützenkönig (89/99 mit Frankfurt) Jörn Andersen die richtige Mischung gefunden. In den nächsten 12 Spielen gab es nur noch eine Niederlage (0:1 am Tivoli) und nach der Hinrunde stand RWO auf einem Aufstiegsplatz.
Doch zwischen dem 21. und 27. Spieltag nahmen sich die Rot-Weißen eine Auszeit, holten nur 4 von 21 möglichen Punkten und rutschten aus den Aufstiegsrängen. Doch noch immer profitiert die Mannschaft aus dem Niederrheinstadion von der guten Hinrunde und liegt mit Blickkontakt auf Rang Drei ganz nahe an der Alemannia. So wird aus einem immer spannenden Duell RWO gegen Alemannia eine ganz wichtige Partie um einen Aufstiegsplatz.
Bilanz
Keine gute Bilanz hat die Alemannia im Niederrheinstadion. In den letzten vier gemeinsamen Spielzeiten gelang es den Schwarz-Gelben, gerade einmal einen Treffer zu erzielen. Neben einem 1:1-Remis im November 2002 hießen die deprimierenden Ergebnisse zweimal 0:3 und einmal 0:4. Für einen Sieg muss sich der Fan schon bis in die Regionalliga zurückerinnern. Im März 1997 erzielte Detlev Thiele mit einem Freistoßtor aus fast vierzig Metern das Tor zu einem 1:0-Erfolg vor zweieinhalbtausend Zuschauern beim späteren Vizemeister.
Rot-Weiß Oberhausen: Adler - Izepon, Cipi, Raickovic, Aliaj - Quedraogo (80. Salifou), Rietpietsch, Montero, Catic (66. Decoussau) - Tokody (73. Radulovic), Simioni / Trainer: Jörn Andersen
Alemannia Aachen: Blank, Brinkmann, Grlic, Klitzpera, Krontiris, Landgraf, Mbwando, Meijer, Michalke, Pflipsen, Straub / Trainer: Jörg Berger
1:0 Adrian Aliaj (18.), 1:1 Stefan Blank (58.), 1:2 Stefan Blank (76.)
Alexander Klitzpera (17.), George Mbwando (29.), Dennis Brinkmann (31.), Mike Rietpietsch (36.), Karl-Heinz Pflipsen (66.), Dejan Raickovic (73.), Karl-Heinz Pflipsen (86.), Erik Meijer (88.)
6 / 3
5 / 4
Michael Weiner
11.202 (davon ca. 7.000 aus Aachen)
leicht bewölkt, 16°
Unsere Mannschaft hatte sich viel vorgenommen und wollte das Spiel wie ein Heimspiel angehen. Doch davon war in den ersten Minuten nicht viel zu sehen. Alemannia agierte überaus nervös und drosch die Bälle meist nur planlos nach vorne. Ein konstruktiver Spielaufbau fand kaum statt oder wurde bereits früh vom Gegner unterbunden.
So eroberte sich der Gastgeber aus Ober-hausen, der vor der Partie selbst noch an eine kleine Aufstiegschance geglaubt hatte, ein leichtes Übergewicht. In der 14. Minute hatten die Schwarz-Gelben Glück, dass sie nicht in Rückstand geraten waren. Nach einem weiten Einwurf konnte die Gästeabwehr nicht weit genug klären und Mike Rietpietsch kam völlig frei am 16er zum Schuss. Der blonde Mittelfeldspieler geriet allerdings in Rücklage und sein Schuss ging kläglich über das Tor. Drei Minuten später dann der erste Warnschuss auf der anderen Seite, doch der Ball von Stefan Blank wurde in der Mitte von der RWO-Abwehr abgefangen.
Fast im Gegenzug konnte sich Quedraogo auf dem rechten Flügel nach einem Konter der Gastgeber durchsetzen und nach innen flanken. Dort sanken vor Keeper Stefan Straub Alexander Klitzpera und Tibor Tokody zu Boden und als der Ball abgewehrt war, registrierten Spieler und Zuschauer, dass Schiedsrichter Weiner gepfiffen hatte. Es gab Strafstoß für die Gastgeber in der 18. Spielminute und Adrian Aliaj ließ sich diese Gelegenheit nicht nehmen und verwandelte zur 1:0-Führung.
Es dauerte einige Minuten, ehe sich Mannschaft und Fans von diesem Schock erholt hatten. Erst in den letzten fünf Minuten vor dem Wechsel wurde Alemannia wieder etwas gefährlicher, aber zweimal Erik Meijer verpasste den Ausgleich.
Nachdem Trainer Jörg Berger bereits nach einer halben Stunde Cristian Fiel für Kai Michalke gebracht hatte ("Eine taktische Maßnahme") stand zur zweiten Halbzeit Daniel Gomez für Emmanuel Krontiris auf dem Platz. Die Schwarz-Gelben waren übrigens nur wenige Minuten in der Kabine zum Pausentee und kamen weit vor ihrem Gegner wieder aufs Feld. Die Mannschaft wollte es jetzt wissen. Bereits nach wenigen Minuten merkten alle im Stadion, dass da nun eine "andere" Mannschaft auf dem Platz stand. Viel aggressiver ging es jetzt im Zweikampf zu, der Ball lief gekonnt über mehrere Stationen und der Gastgeber wurde in der eigenen Hälfte eingeschnürt. Alemannia spielte jetzt auf die eigene Fankurve zu und auch die Zuschauer waren jetzt hell wach und trieben ihre Mannschaft nach vorne.
Der Lohn ließ nicht lange auf sich warten. Stefan Blank nutzte einen schweren Fehler von David Montero und schoss mit dem schwächeren rechten Fuß ins linke untere Eck zum längst verdienten Ausgleich. Jetzt war Stimmung im Niederrheinstadion und es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Für beide Mannschaften wäre das Remis zu wenig gewesen und so spielten beide Teams jetzt weiter auf Sieg. Eine Viertel-stunde vor Schluss fiel die Entscheidung. Kapitän Karlheinz Pflipsen spielte einen langen Ball an die Strafraumgrenze und dort rammte Abwehrspieler Geri Cipi den kleinen Daniel Gomez zu Boden und Schiedsrichter Michael Weiner zögerte auch in dieser Szene, wie in der 1. Halbzeit auf der anderen Seite, keine Sekunde, um auf Strafstoß zu entscheiden. Stefan Blank übernahm die Verantwortung und traf zum 2:1 ins Netz.
Oberhausen kam jetzt wieder etwas stärker nach vorne, doch Alemannia machte jetzt nicht den Fehler, sich nur hinten in die Abwehr zu stellen. Der eine oder andere Konter hätte bei konsequenterer Spielweise die endgültige Entscheidung bringen können, doch es blieb spannend bis zum Schluss. Nach zwei Minu-ten Nachspielzeit war es aber soweit: Schiedsrichter Weiner pfiff ab und das Niederrheinstadion ertrank im schwarz-gelben Jubel.
Jetzt liegt wirklich alles in Aachener Hand und der nächste große Schritt kann am kommenden Sonntag im Heimspiel gegen Ahlen gemacht werden. Für das letzte Punktspiel in Karlsruhe gibt es übrigens immer noch reichlich Tickets (30 Euro) für den Partyzug. Bis Ende der Woche entscheidet sich aufgrund der Anzahl verkaufter Tickets, ob es zu dieser tollen Fanfahrt kommen wird.
Drei Dinge haben heute dazu beigetragen, dass wir dieses wichtige Spiel gewonnen haben. Und zwar möchte ich mich zuerst bei unseren fantastischen Zuschauern bedanken, die dazu beigetragen haben, dass es gerade in der zweiten Halbzeit ein Heimspiel wurde. Zum zweiten, dass die Mannschaft in der Halbzeit begriffen hat, dass wir die Spielweise ändern müssen, dass wir einfach kämpferischer auftreten müssen. Das hat die Mannschaft in der zweiten Halbzeit umgesetzt und deswegen hat sie auch gewonnen. Zum dritten kann ich sagen, und das war für uns in der ersten Halbserie schon wichtig, dass wir fast alle Mann an Deck haben und dass heute die Bank dazu beigetragen hat, das Spiel zu kippen. Das waren die drei wichtigsten Punkte. Die Moral, die Einstellung in der zweiten Halbzeit war so, wie man auftreten muss, wenn man in so einer wichtigen Phase ein Spiel gewinnen muss. Wir haben dieses Spiel gewonnen und haben jetzt alles selbst in der Hand.
Ich denke, wir sind sehr gut in das Spiel gestartet. Wir haben aggressiv gespielt, genauso wie wir uns das vorgenommen hatten. Wir sind sehr gut ins Spiel gekommen und haben auch einige Chancen gehabt. Dann gingen wir in Führung und alles sah gut aus. Aber dann ließen wir etwas nach. Das hat mir nicht gut gefallen. Ich habe das in der Halbzeit angesprochen. Wir sollten in der zweiten Halbzeit rausgehen und die Zweikämpfe annehmen, um dann zu Chancen zu kommen und das 2:0 zu machen. Aber wir haben das Gegenteil gemacht. Aachen hat einfach das Spiel übernommen und bestimmt. Und dann kam das blöde 1:1, das total unnötig war. Wir waren fast alle hinten, sogar in Überzahl. Eigentlich aus dem Nichts fiel das 1:1. Stefan Blank traf den Ball fast nicht und der rollte dann in die Ecke rein. Wir haben dann alle versucht, nach vorne zu rennen, und haben dann einen unglücklichen Elfmeter bekommen. Ich glaube nicht, dass das ein Elfmeter war. Ich habe das auch im Fernsehen gesehen, das war sehr zweifelhaft. Es lag aber nicht an dem Elfmeter, dass wir verloren haben, sondern an unseren Leistung in der zweiten Halbzeit. Wir waren nicht richtig auf dem Platz, nicht aggressiv genug. Und wir haben uns zu dumm angestellt.
Ich hoffe, dass wir nächste Woche die drei Punkte einfahren. Wenn dann Cottbus und Mainz eventuell patzen, wären wir schon durch. Ein "Endspiel" in Karlsruhe wäre aber auch nicht schlecht. Ich habe gerne solche Spiele, das ist wie im Pokal, hopp oder top. Und bis jetzt haben wir uns bei solchen Spielen eigentlich immer ganz gut angestellt. Heute war das ja auch schon so. Wir sind als verdienter Sieger vom Feld gegangen. Was will man mehr? Es war ein Heimspiel, klasse von den Fans. Ich bedanke mich. Für die Mannschaft war das ein super Erlebnis, hier vor unseren 8.000 Fans, die mitgefahren sind. Jetzt müssen wir zu Hause erst einmal gegen Ahlen gewinnen. Das wird schwer genug. Ich denke, die Zuschauer werden uns wieder super unterstützen. Und dann machen wir das schon.
Wir haben schon in der letzten Viertelstunde der ersten Halbzeit Druck ausgeübt, aber was in der zweiten Halbzeit abging, das konnten wir nur abrufen, weil so viele Fans von uns da waren. Da waren wir soviel schuldig nach dem 0:1 zur Pause. Wir haben gesagt, wir spielen jetzt "Alles oder Nichts". Zum Glück haben wir jetzt alles. Nun haben wir es selbst in der Hand. Erst mal ein sehr wichtiges Heimspiel gegen Ahlen. Ich hoffe, der Tivoli wird ausverkauft sein. Das hat sich die Mannschaft heute mit der zweiten Hälfte wohl verdient.
Uns war vor dem Spiel klar, dass wir alle drei Spiele gewinnen müssen. Eine Aufgabe haben wir erledigt und jetzt müssen wir nächste Woche die zweite folgen lassen, um dann am letzten Spieltag ein wirkliches Endspiel zu haben. In der ersten Halbzeit haben wir leider wieder zu zögerlich gespielt, wie wir das auswärts sehr oft gemacht haben. Wir haben reagiert, anstatt selbst zu agieren. Nach dem Rückstand in der Halbzeit haben wir uns gesagt "So, jetzt Alles oder Nichts! Jetzt gehen wir drauf, jetzt spielen wir einfach mal, ob wir das zweite oder dritte kriegen, ist jetzt mal sch... egal." Das ist die Art und Weise, wie man auswärts spielen muss, um zum Erfolg zu kommen. Im Vorfeld des Spiels haben wir viel Reklame gemacht und dem Aufruf sind sehr viele Fans gefolgt. All denen, die gekommen sind, gilt ein großes Dankeschön, weil sie auch einen großen Anteil an dem Erfolg haben. Es war wirklich wie ein Heimspiel. Die Gelb-Rote kann man geben, wobei ich der Meinung bin, dass ich vier Fouls in dem Spiel gemacht habe. Die erste Gelbe Karte war voll in Ordnung, bei der zweiten kann man drüber streiten. Ich treffe ihn nicht mit dem gestreckten Bein, sondern nur etwas mit dem nachrutschenden Bein. Da muss er nicht umfallen. Nächste Woche kann ich nur zuschauen und hoffen. Es wird keine leichte Aufgabe, weil wir gegen eine Mannschaft spielen, die noch absteigen kann. Das ist immer schwer. Sie haben nichts mehr zu verlieren. Wir müssen von Anfang an zeigen, dass wir der Herr im Haus sind und dann bin ich auch überzeugt, dass wir das Spiel gewinnen werden.
Es war sehr wichtig, dass so viele Fans mitgekommen sind. Das hat uns noch mal richtig aufgeputscht. Als die Mannschaft nach der Pause angefangen hat zu fighten, haben die Fans das gemerkt und sind direkt mitgegangen. Das hat uns noch mal einen Schub gegeben. Wir haben uns zur Pause gesagt, das ist die letzte Chance, die wir haben. Es ist noch nichts gegessen. Es haben schon Mannschaften ein 2:0 noch umgebogen. Man darf uns nicht anmerken, dass wir nicht kämpfen und nicht alles versucht haben und wir haben dann alles versucht und es hat funktioniert. Ich denke, heute hat jeder sein Letztes gegeben, um die Chance beim Schopf zu packen und das haben wir gepackt. Ich brauche jetzt wahrscheinlich erst einmal zwei Infusionen. Wäre ich nicht so kaputt gewesen, hätte ich vielleicht sogar noch ein Tor gemacht.