Vor dem Auswärtsauftritt der Alemannia in Freiburg warnt Dieter Hecking seine Spieler vor Zufriedenheit. Warum? „Vor sechs Wochen wurde noch überlegt, wie wir aus der Krise kommen, jetzt werden wir wieder von allen Seiten auf den Schild gehoben. Das geht mir zu schnell“, so der Trainer.
„Ich kann meine Spieler nur davor warnen, diese Lobhudelei anzunehmen, denn dann gibt es ganz schnell was auf die Mütze“, sagt Hecking weiter. Mahnende Worte trotz zuletzt starker Leistungen. Der Trainer überraschte die Zuhörer bei der Pressekonferenz mit einer weiteren Aussage. „Es gibt die Überlegung, die Aufstellung zu ändern. Einige Reservisten sind in sehr guter Verfassung“, verkündet Hecking. Gestärkt wird seine Beobachtung vom Ergebnis des freitäglichen Trainingsspiels. Da besiegte das B-Team die vermeintliche A-Elf mit 5:4.
Die Botschaft ist klar, Hecking stemmt sich mit aller Macht dagegen, dass in seinen Kader der Schlendrian einkehrt. „Der ist unser größter Feind.“ Trotz der Heimstärke der Freiburger gibt er ein klares Ziel aus. „Wir brauchen nicht lange drum herum zu reden: Wir wollen in Freiburg gewinnen.“ Schwere Aufgabe, wenn man die Heimtabelle betrachtet. Die führen die Breisgauer mit sechs Siegen und zwei Unentschieden an. Niederlagen? Fehlanzeige. „Dann brechen wir ihre Serie eben“, stellt Reiner Plaßhenrich nüchtern fest.
Die Bilanz der Alemannia gegen Freiburg ist dürftig. In 21 Vergleichen gab es bisher drei Siege, sechs Unentschieden und zwölf Niederlagen. In Freiburg hat die Alemannia in zehn Spielen bisher überhaupt noch nicht gewinnen können. Der letzte Erfolg datiert vom 14. November 1984. Am Tivoli gab es damals in der Zweiten Bundesliga einen 1:0-Erfolg.
Ein Pluspunkt für die Freiburger ist der breite Platz, so ungewöhnlich sich das anhört. „Besonders für die Außenverteidiger ist das mitunter schwierig“, erklärt Hecking. Eben weil der Platz so breit ist, haben die Außenspieler dort oft das Gefühl, zu weit in der Mitte zu stehen. Zwei Schritte nach außen, und schon könnte sich der entscheidende Zentimeter Raum für die beweglichen Freiburger Offensivspieler ergeben.
Koejoe, Tanko, Iashvili, von hinten rücken der schussgewaltige Coulibaly und Antar nach - das Ansinnen der Alemannen, möglichst kompakt zu stehen, ist nachvollziehbar. Und dann: Über gewonnene Zweikämpfe gefährliche Konter einleiten - und die dann auch erfolgreich abschließen, um „Punktverluste“ wie in Siegen zu vermeiden. Doch Kritik an der Chancenverwertung lässt Hecking nur bedingt zu. „Das ist Jammern auf hohem Niveau. Wir haben die meisten Tore der Liga erzielt“, stellt er klar, dass er mit der Ausbeute der Stürmer so unzufrieden gar nicht ist.Trotz der 0:1-Niederlage sah Hecking am Mittwoch in Siegen gemeinsam mit Sportdirektor Jörg Schmadtke und Assistent Dirk Bremser eine starke Freiburger Mannschaft. „Sie hätten zur Pause 3:0 führen müssen. Und wir wissen selbst, was passiert, wenn man in Siegen den Sack nicht zumacht“, berichtet der Coach. Demnach erwartet er am kommenden Montag zwei Mannschaften, „die sich auf Augenhöhe begegnen“.
Personell kann der Coach übrigens wie in den vergangenen Wochen schon aus dem Vollen schöpfen. Mit Ausnahme von Thomas Stehle, der in der Reha gute Fortschritte macht, sind alle Mann an Bord. Die Partie wird geleitet von einem der besten deutschen Schiedsrichter: Florian Meyer aus Burgdorf. Ihm assistieren Carsten Kadach und Kuno Fischer. Nach dem Training reist die Alemannia am Sonntagmittag mit dem Bus in den Breisgau.
Bilanz gegen Freiburg
Infos zu Freiburg
Faninfos zu diesem Spiel
SC Freiburg: Antar, Aogo, Coulibaly, Iashvili, Ibertsberger, Koejoe, Mohamad, Olajengbesi, Riether, Tanko, Walke / Trainer: Volker Finke
Alemannia Aachen: Casper, Fiel, Klitzpera, Meijer, Nicht, Pinto, Plaßhenrich, Reghecampf, Rösler, Schlaudraff, Sichone / Trainer: Dieter Hecking
0:1 Sergio Pinto (2.), 0:2 Jan Schlaudraff (10.)
Soumaila Coulibaly (25.), Sascha Rösler (42.), Sascha Riether (69.), Kristian Nicht (77.)
12 / 1
2 / 1
Florian Meyer, Carsten Kadach, Kuno Fischer
12.000 (davon ca. 250 Aachener)
wolkenlos, -2 Grad
Der Freiburger Heimnimbus ist geknackt. Als erstes Team der Liga entführte die Alemannia drei Punkte aus dem Badenova-Stadion. Den 2:0-Erfolg stellten die frühen Tore von Sergio Pinto (2.) und Jan Schlaudraff (10.) sicher.
In den letzten Minuten des Spiels feierten die Freiburger Fans. Mit Harry Decheiver, Rodolfo Cardoso und Uwe Wassmer ließen sie allerdings nur ehemalige SC-Größen hochleben. Auch Alemannia-Sportdirektor Jörg Schmadtke wurde bei der Rückkehr an alte Wirkungsstätte mit freundlichen Gesängen bedacht.
Das aktuelle Team wurde im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt. Bereits in der 2. Minute brachte Sergio Pinto die Schwarz-Gelben in Front. Einen Freistoß aus gut und gerne 30 Metern setzte der Rechtsverteidiger genau an den Innenpfosten.
Die Freiburger Mauer hatte sich in ihre Einzelteile aufgelöst. „Da hat die Mannschaft als Gruppe versagt. Wir haben da klare Absprachen. Und Alex Walke sah natürlich auch nicht glücklich aus“, beschrieb SC-Coach Volker Finke die Szene.Von den Hausherren war nach der Aachener Führung überhaupt nichts zu sehen, die zum vierten Mal in Folge unveränderte Startelf der Alemannia kontrollierte das Geschehen. In der 9. Minute köpfte Sascha Rösler eine Reghecampf-Flanke aufs Tornetz. Bereits 60 Sekunden später stellte Jan Schlaudraff bereits den Endstand her. Geburtstagskind Reiner Plaßhenrich gewann im Mittelfeld konsequent einen Zweikampf, und ab ging die Post. Schlaudraff steckte Mohammad den Ball durch die Beine und versenkte die Kugel an Keeper Walke vorbei im Tor. „Wie Sie sich vorstellen können, war ich entsetzt über die ersten zehn Minuten“, resümierte Finke.
Freiburg brauchte Zeit, um sich vom Schock zu erholen. In der 26. Minute gab es eine hauchdünne Abseitsentscheidung gegen Iashvili, zwei Minuten später setzte Koejoe einen Kopfball aufs Tornetz. Iashvili traf aus 18 Metern nur das Außennetz, bei einer Hereingabe von Coulibaly war Kristian Nicht auf dem Posten. Auf der anderen Seite hatte Sascha Rösler die Gelegenheit zum 0:3. Schlaudraff hatte das Leder zurückgelegt, mit dem schwächeren rechten Fuß traf Rösler aber nicht richtig. Kurz vor der Pause traf Antar bei einem Drehschuss den Ball ebenfalls nicht voll.
Die zweite Hälfte begann mit einer Szene vor dem Freiburger Tor. Rösler war allein durch und legte den Ball am weit aus seinem Tor gekommenen Walke vorbei. Der Keeper traf den Aachener am Knöchel, Schiedsrichter Florian Mayer ließ aber weiter laufen. Der Ball trudelte am verwaisten Tor vorbei. Doppelwechsel dann nach rund einer Stunde. Für die angeschlagene Plaßhenrich (Hüftprellung) und Moses Sichone (rechtes Knie verdreht) kamen Matze Heidrich und Emil Noll. Noll übernahm die linke Seite, Mirko Casper rückte an die Seite von Alex Klitzpera ins Zentrum.
Jan Schlaudraff bot sich nach feiner Vorarbeit vom enorm kampfstarken Erik Meijer die Gelegenheit zur Führung. Allerdings war sein Linksschuss zu schwach. Kurz danach war Walke bei einem Schuss von Meijer auf dem Posten. Starke Szene von Nicht dann auf der anderen Seite. Der eingewechselte Dennis Kruppke kam allein auf den Aachener Keeper zu, der aber die Ruhe behielt und parierte (77.). Damit war die Partie gegessen, die Aachener hätten gar in der Schlussphase noch erhöhen können.
„Ich denke, wir haben bei einem Konkurrenten verdient gewonnen“, ordnete Coach Dieter Hecking das Spiel ein. „Ich hätte mit gewünscht, dass mein Team die spielerische Linie noch konsequenter durchgezogen hätte“, fand der Trainer leichten Ansatz zur Kritik. Dafür überzeugte die Alemannia am kalten Montagabend in kämpferischer Hinsicht. Von Tabellenplatz 2 aus geht das Team jetzt das Heimspiel am 17. Spieltag gegen Wacker Burghausen an. Die Gäste sind extrem auswärtsstark. Nicht nur deshalb warnt Erik Meijer vor der Aufgabe am Sonntag: „Ich kann mich an ein Spiel gegen Burghausen erinnern, das sehr schwer war“, warnt der Kapitän mit Blick auf das Aufeinandertreffen im vergangenen Dezember. Übrigens: Beim Auslaufen feierten die Freiburger Fans doch noch ein paar aktuelle Spieler - allerdings die Aachener. Die hatten da schon mit dem eigenen Anhang den Sieg in der Aachener Kurve gebührend gefeiert.