Alle am Tivoli stehen noch unter den sensationellen Eindrücken von Mittwoch und den köstlichen Folgen. Alle? Nein, unsere Mannschaft muss das jetzt so schnell wie möglich aus den Köpfen bekommen.
"Berlin, das ist ganz toll, aber nun hat uns der Alltag wieder." Jörg Berger sprach es heute auf der Abschluss-PK vor dem Spiel in Unterhaching aus. "Jetzt wird erst einmal wieder Eintopf serviert. Aber wenn alle ganz brav sind und immer alles aufessen, dann wird uns vielleicht auch noch ein zweites Mal ein Galamenu serviert." Gemeint ist jetzt aber nicht das Endspiel, das vom Termin her noch ganz weit weg ist, sondern der letzte Spieltag in Karlsruhe. "Der größte Saison-erfolg wäre ein Auf-stieg, nicht das Endspiel."
Der Alemannia Coach legt hiermit noch einmal die Prioritäten offen dar. "Der Aufstieg wäre ein Erfolg, den wir mindestens 34 x genießen dürften, das Pokalendspiel - so schön es auch ist - ist nur eine Momentaufnahme." Auch nach dem Pokalspiel wurde die Abläufe genauso wenig geändert wie vor der Mittwochpartie. "Wir haben uns auf Gladbach nicht anders vorbereitet wie auf unsere Punktspielgegner und wir werden uns auch jetzt nicht anders vorbereiten." Das heißt mit anderen Worten: Heute wurde trainiert, morgen erfolgt die Anreise nach München.
Genaus wenig haben sich aber auch die personellen Probleme geändert. Neben den Verletzungen von Quido Lanzaat (Leiste) und Dennis Brinkmann (Reha nach OP) fallen jetzt am Sonntag auch noch Willi Landgraf und Stefan Blank jeweils wegen ihrer fünften Gelben aus. "Von unserer üblichen Viererkette ist gerade einmal noch einer übrig", sagte Jörg Berger, "und es ist für Alexander Klitzpera auch nicht einfach, sich auf immer neue Nebenleute einzustellen."
Doch der Coach der Schwarz-Gelben hofft auf die Spieler aus der zweiten Reihe, die jetzt eine Chance bekommen werden. "Die Spieler, die jetzt nachrücken, sind gefordert, wie ein Kai Michalke, der seine Chance auch genutzt hat, als er sie bekam. Unterhaching ist spielerisch eine starke Mannschaft und eigentlich besser als es ihr jetziger Tabellenstand." Dem kann der angesprochene Kai Michalke, der im Hinspiel seinen ersten Treffer für Schwarz-gelb erzielte, nur zustimmen. "Das war beim ersten Spiel keine leichte Aufgabe. Lange hatte es Unentschieden gestanden, bevor wir kurz vor der Pause in Führung gingen. Zum Schluss klappte dann alles und wir sind ein bisschen über uns hinausgewachsen." Unser Mittelfeldspieler hofft nach den zwei Siegen zuletzt, dass "wir noch rechtzeitig die Kurve bekommen haben. Wir haben gut gekämpft und jetzt hoffe ich, dass wir auch noch spielerisch zulegen können." Denn über eins sind sich alle am Tivoli einig und Kai Michalke spricht es aus: "Wir können uns nur dann oben festsetzen, wenn wir auch auswärts punkten. Ich würde gerne wie schon im Hinspiel ein Tor erzielen, aber viel wichtiger wäre ein Erfolg der Mannschaft, egal, wer ein Tor schießt."
Dazu ist es aber nötig, dass nicht wieder die teilweise haarsträubenden Fehler der Vergangenheit gemacht werden. Jörg Berger sieht das auch unabhängig von einzelnen Spielern. "Ganz egal wer spielt, die Mannschaft muss Mut haben und neunzig Minuten ohne Fehler spielen. Vor allem unsere individuellen Abwehrfehler haben uns immer unter Druck gesetzt." Unsere eigentlich immer sehr offensiv ausgerichtete Mannschaft muss kompakt stehen, dann gibt es beim bayerischen Aufsteiger Chancen etwas zu holen. Mit im Kader werden Marcus Hesse als zweiter Torwart sein - Dirk Memmersheim fällt mit Magen-Darm-Problemen krank aus -, sowie Michel Kniat aus der U19 und auch Thierry Bayock.
Saison ein Auf und Ab
Einen tollen Start legte der Aufsteiger zu Beginn der Saison hin, gewann die ersten vier Spiele in Serie und blieb bis zum 5. Spieltag Tabellenführer. Manch einer am Sport-park träumte schon wieder vom großen Bundesligafußball, wo die Spielvereinigung schon einmal für zwei Jahre spielte.
Die Realität holte die Hachinger aber schnell ein. Als Neunter schloss man genau in der Mitte der Tabelle die Hinrunde ab, zeigte allerdings mehr als einmal die attraktivere Art und Weise der 2. Bundesliga. Mit 13 Toren (von 26 insgesamt erzielten) stellte der Aufsteiger mit Francico Copado den besten Schützen der Liga. Doch genau der stärkste Trumpf ist auch eines der Probleme des Aufsteigers. Läuft es bei dem 1,71 m kleinen Spanier nicht, wurde selten gewonnen.
Trainer Wolfgang Frank und die sportlich Verantwortlichen hatten diese Schwäche erkannt und verpflichteten in der Winterpause Charles Akonnor (vom VfL Wolfsburg) und liehen vom 1. FC Köln Sebastian Helbig aus. Doch der gewünschte Entlastungs-effekt für "Paco" Copado trat bisher noch nicht ein. Nach den Siegen gegen Greuther Fürth und in Duisburg blieb die Spvgg. Unterhaching zuletzt fümfmal ohne eigenes Tor und holte nur zwei Punkte. Das darf am nächsten Sonntag im Sportpark auch ruhig so bleiben.
Bilanz
Zum vierten Mal treffen beide Vereine seit dem Wiederaufstieg der Alemannia in der 2. Bundesliga aufeinander. In den beiden Heimspielen konnten die Schwarz-Gelben als Sieger vom Platz gehen. Auswärts steht eine 0:2-Niederlage in der Statistik. Im Hinspiel gab es den bisher höchsten Saisonsieg. Pflipsen, Blank, Meijer, Grlic und Michalke trafen beim 5:1 im Oktober 2003.
SpVgg Unterhaching: Stolzenberg - Bucher (46. Custos), Loose, Aygün, Lust - Zimmermann (63. Römer), Omodiagbe (74. Seifert), Sukalo, da Costa - Copado, Helbig / Trainer: Wolfgang Frank
Alemannia Aachen: Ewertz, Grlic, Klitzpera, Krontiris, Mbwando, Meijer, Michalke, Paulus, Pflipsen, Straub, van der Luer / Trainer: Jörg Berger
0:1 Emmanuel Krontiris (38.), 1:1 Necat Aygün (88.)
Necat Aygün (62.), Francisco Copado (62.), Fabian Ewertz (67.)
7 / 1
3 / 1
Holger Henschel
6.300 (davon ca. 300 aus Aachen)
Regen, 7°
Im Abwehrbereich musste wegen der Gelbsperren von Willi Landgraf und Stefan Blank wieder einmal umgestellt werde. Jörg Berger entschied sich für Frank Paulus auf der rechten und Fabian Ewertz auf der linken Seite. Im Zentrum spielte neben Alexander Klitzpera George Mbwando. Kurzfristig mussten dann beide Mannschaften auch noch zwei grippebedingte Ausfälle verkraften. Auf Seiten der Gastgeber fehlte Charles Akonnor, bei der Alemannia Cristian Fiel. Für ihn rutschte Eric van der Luer in die Startformation.
Mit Spielbeginn setzte im Münchener Vorort strömender Regen beiden Mannschaften zu, sodass es in der Anfangsphase erst einmal darauf ankam, sich auf die Platz-verhältnisse einzustellen. Der Gastgeber, der zuvor in fünf Spielen torlos geblieben war, hatte zunächst etwas mehr vom Spiel, ohne sich allerdings eine richtige Torchance zu erarbeiten. Einen Ansatz von Gefahr gab es nur, wenn Darlington Omodiagbe die Einwürfe in Höhe der Strafraumgrenze von links und rechts vor das Aachener Tor warf. Unsere Mannschaft beschränkte sich darauf, das Spiel und den Gegner zu beobachten und in Anbetracht der zahlreichen Umstellungen erst einmal möglichst keine Fehler zu machen.
Bereits nach gut zwanzig Minuten hatte Jörg Berger aber genug gesehen und wechselte das erste Mal aus. Frank Paulus verließ den Platz, Edwin Bediako kam ins Team und besetzte den linken Part in der Innenverteidigung. George Mbwando, seit Mittwoch einer der bekanntesten Alemannia Kicker rückte auf die rechte Außenverteidi-gerposition. Lag es jetzt alleine an dieser Umstel-lung? Auf jeden Fall lief das Spiel der Schwarz-Gelben jetzt besser und vor allem auch in Richtung Gästetor. Zunächst aber hatten die Hachinger eine Torchance, nach einem der schon erwähnten Einwürfe. Ein Kopfball von Sebastian Helbig auf das Tor von Stephan Straub war für unseren Keeper aber kein größeres Problem.
Dann aber war "Alemannia-Time" im Sportpark. Fast im Gegenzug der gerade erwähnten Szene setzte Emmanuel Krontiris seinen Kapitän Karlheinz Pflipsen gekonnt in Szene, dessen Flachschuss aber konnte Schlussmann Marcus Stolzenberg in seinem ersten Zweitligaeinsatz an den Außenpfosten lenken (22.). In der 28. Minute hatten die Schwarz-Gelben sich richtig etwas einfallen lassen. Anstelle eines Gewaltschusses aus gut fünfundzwanzig Metern zeigten Grlic, Michalke & Co. einen feinen Freistoßtrick, der Heber von Kai Michalke ging aber Zentimeter über das Tor der Gastgeber.
Zehn Minuten später fiel die inzwischen verdiente Führung für Alemannia. Nach einem abgewehrten Freistoß von Emu Krontiris konnte Karlheinz Pflipsen das Leder wieder in den Strafraum lupfen, die Hachinger bekamen den Ball nicht aus der Gefahrenzone und nach einigen "Karambolagen" lag das nasse Leder auf dem Fuß von "Emu" Krontiris und der konnte kaum noch anders, als den Ball im gegenerischen Tor unterzubringen.
So ging es unter der Leitung des jungen und sehr guten Schiedsrichters Holger Henschel aus Braunschweig in die Pause und Jörg Berger wechselte bereits das zweite Mal. Für Eric van der Luer kam Bachirou Salou ins Spiel, ging in die Spitze und Emmanuel Krontiris zog sich eine Position zurück auf halblinks. Nach gut einer Stunde musste dann auch Ivo Grlic nach einem Foul von Sebastian Helbig mit einer Schultereckverletzung vom Platz. Ivo hatte es zwar noch einmal nach einer ersten Behandlung versucht, musste dann aber nach wenigen Minuten doch aufgeben. Mit Daniel Gomez kam die letzte Einwechseloption. Kaum fünf Minuten später waren die Schwarz-Gelben nur noch zu zehnt. Kapitän Kalla Pflipsen hatte Probleme am Gesäßmuskelansatz und musste aus der Partie. Der Muskel hatte zugemacht und als Vorsichtsmaßnahme (Schutz vor Zerrung oder Riss) blieb leider keine andere Wahl.
Der Rest des Spiels - immerhin über zwanzig Minuten - wurde zu einer reinen Abwehrschlacht. Kaum noch einer der Schwarz-Gelben spielte auf der Position, die er am Anfang des Spiels eingenom-men hatte. Erik Meijer spielte schon längst neben Alex Klitzpera in der Abwehrkette und alle holten das Letzte aus sich heraus. Nach vorne ging jetzt gar nichts mehr und es ging nur noch darum, die Führung irgendwie ins Ziel zu retten.
Der Druck der Hachinger wurde immer größer, es gab kaum eine Minute zum Verschnaufen. Ecke um Ecke, Flanke um Flanke segelte in der Öcher Strafraum. Die Abwehr hielt, bis zwei Minuten vor Schluss, da köpfte Necat Ayguen eine Flanke doch noch zum Ausgleich ins Tor.
Sportdirektor Jörg Schmadtke fand das Ergebnis o.k. unter "Anbetracht, dass wir gut zwanzig Minuten in Unterzahl gespielt haben." Unser Sportdirektor wünschte sich vor allem etwas mehr Zeit zur Regeneration für verletzte oder angeschlagene Spieler, doch diese Zeit hat die Alemannia in der Phase der Saison nicht.
Das war ein turbulentes Spiel heute, denn einiges ist auf unserer Seite passiert. Wir mussten ohne vier antreten und bekamen in der Anfangsphase keine Ruhe ins Spiel. Das war aber auch kein Wunder, wenn man sich einmal die Zusammenstellung der Mannschaft ansieht. In der Phase als wir noch komplett waren, hatten wir in der ersten Halbzeit auch die Chancen höher in Führung zu gehen. In der zweiten Halbzeit wollte ich mit der Auswechslung ein Zeichen setzen. Zweimal hatten wir in den letzten Wochen eine Halbzeitführung verspielt. Heute wollte ich auf das 2:0 spielen. Die zwei Verletzungen machten uns dann einen Strich durch die Rechnung. Die Mannschaft hat aber Moral gezeigt und großartig gefightet. Zum Schluss muss man mit dem einen Punkt zufrieden sein. Der bringt uns zwar eigentlich nicht richtig weiter, das Spiel wirft uns aber auch nicht um. Es sind noch Spieltage genug da, um oben anzugreifen.
Wir waren gut vorbereitet, wussten auch von den Personalsorgen der Aachener. Aachen war am Anfang etwas passiv und wir haben uns nach gutem Beginn einschläfern lassen. Dann hat Aachen gezeigt, dass sie doch eine klasse Mannschaft ist. In Überzahl haben wir uns dann sehr bemüht und haben zahlreiche Eckbälle erzielt. Aber auch in der Phase hat der Gegner sehr gut gekämpft und gezeigt, dass er sehr gute Leute in seinen Reihen hat. Dann haben wir doch noch das Tor gemacht und zum Schluss muss man damit zufrieden sein.