Für die vielen Fans der Schwarz-Gelben hatte Cheftrainer Dieter Hecking gleich zu Beginn der Pressekonferenz zum Spiel bei der SpVgg. Unterhaching beruhigende Worte. "Alle Spieler sind gesund, alle sind fit und haben die kleine Pause gut überstanden."

So wird unser Coach also auch am vierten Spieltag wieder die Qual der Wahl haben, zumal Stürmer Jens Scharping inzwi-schen in dieser Woche auch wieder das Training auf-genommen hatte. Dass das letzte Spiel gegen den KSC sehr erfolgreich absolviert wurde, macht es dem Trainer einfach oder auch schwer, je nachdem wie es sehen will. Den Kader für München, der am Samstag in die bayerische Landeshauptstadt fliegen wird, wird
Dieter Hecking jedenfalls wie gewohnt erst nach dem Abschlusstraining bekannt geben.

Der erste Saisonerfolg der Hachinger in Ahlen am letzten Spieltag ist Warnung genug für die Alemannia. "Ich muss vor dem Gastspiel in Haching warnen, das wird kein leichtes Spiel. Ich hoffe nicht, dass es die Pause aus dem Rhythmus gebracht hat", so der Coach. Auf der anderen Seite war Dieter Hecking auch ein wenig froh über die Länderspielpause, konnte doch die gesamte Mannschaft Kraft tanken für die anstehenden schweren Wochen mit sieben Spielen in 23 Tagen.

Aus Unterhaching haben die Verantwortlichen am Tivoli Optimismus vernommen für die Heimpartie gegen Alemannia. "Das wäre schön", sagte Dieter Hecking dazu, "das würde bedeuten, dass die Hachinger mitspielen werden und sich nicht nur in die Defensive zurückziehen." Keine Sorgen hat Trainer Hecking, dass eventuell schon der UEFA Pokal in den Köpfen der Spieler spukt. "Da kann ich alle beruhigen", meinte Kai Michalke, einer der stärksten Spieler beim letzten Heimsieg und einer der Gesetzten für Sonntag. "Wir konzentrieren uns nur auf Unterhaching, für mich und bestimmt auch für meine Kollegen hat die Punkterunde Priorität. Über Island unterhalten wir uns erst ab Montag." Auch unser Mittelfeldspieler will an die guten Leistungen der letzten Wochen anknüpfen. "Wir werden nicht auf einen Punkt spielen, sondern wollen in Unterhaching gewinnen." Kai Michalke hat gute Erinnerungen an den kommenden Gegner, erzielte er doch im Hinspiel seinen ersten Saisontreffer für die Schwarz-Gelben.

Am Beispiel Kai Michalke kann man auch die Leistungs-dichte im Aachener Kader in dieser Saison aufzeigen. "Ich hatte die Vorbereitung gut angefangen, bin dann aber in der zweiten Hälfte in ein körper-liches Tief gefallen. Und bei der Leistungsdichte kann es dann schnell einmal passieren, dass man nicht mehr zu den ersten Elf gehört." Kai Michalke spielte dann ja auch am ersten Spieltag sogar in der U23 Amateurmannschaft. "Das habe ich aber gar nicht dramatisch gesehen, wie es vielleicht andere dargestellt haben. Ich war dankbar für den Einsatz und konnte Spielpraxis sammeln. Jetzt geht meine Formkurve wieder nach oben und ich glaube, das konnte man gegen den KSC auch sehen."

Am Samstag bricht der Alemannia-Tross wie gewohnt auf und wird sich am Nachmittag das Spiel der Bayern gegen Bielefeld im Olympiastadion anschauen. "Meine Spieler sollen da mit offenen Augen zusehen, denn da ist immer etwas dabei, was wir auch in unserem Spiel umsetzen können", so Dieter Hecking. Am Sonntag dann ist die Ausrichtung klar. "Wir fahren nicht nach Unterhaching, nur um zuzuschauen, was der Gegner so macht. Die positive Resonanz auf unsere zuletzt gezeigten Leistungen muss weiter Ansporn für uns sein. Unsere Maxime muss sein, dass wir unser Spiel durchbringen wollen. Wir haben uns Respekt bei den Gegnern erarbeitet und wir wollen möglichst mit drei Punkten aus Unterhaching zurückkehren. Wenn wir an die guten Leistungen der letzten Wochen anknüpfen, werden wir dann auch mit einem guten Ergebnis erfolgreich in die nächsten schweren Wochen starten können. Für uns gibt es da nur die Flucht nach vorne."

Keine Überraschungen gab es bei den Aufstellungen. Beide Trainer stellten ihr Team nach Motto "never change a winning team" auf. Der wiedergenesene Jens Scharping nahm also zunächst auf der Bank Platz, wo erstmals auch Ivan Petrovic zu sehen war, der sich langsam an den Kader herantastet.

Das Geschehen vor einer spärlichen Kulisse blieb zu Spielbeginn überschaubar und erst nach einer halben Stunde sahen die Zuschauer im Sportpark die erste richtige Torchance. Ein Befreiungsschlag aus der Aachener Abwehr wurde an der Mittellinie direkt wieder zurückgeköpft und die gerade aufrückende Abwehr der Schwarz-Gelben war "ausgespielt". Der Ex-Lübecker Silvio Adzic übersah aber in der Mitte seine mitgelaufenen Stürmer und scheiterte mit seinem Schuss an Torwart Stephan Straub. Fast im Gegenzug dann auch die erste Chance für die Gäste aus der Kaiserstadt. Sergio Pinto konnte sich auf dem rechten Flügel durchsetzen, flankte scharf in die Mitte und dort verpasste Kai Michalke mit einer Grätsche nur ganz knapp. Kurz vor dem Halbzeitpfiff des jüngsten deutschen Bundesligaschiedsrichters Dr. Drees gab es dann noch einmal Freistoß für Alemannia. Kai Michalke flankte in die Mitte, Stefan Blank verpasste zwar mit dem Kopf, doch der aufgerückte Moses Sichone - heute nicht so souverän wie sonst - konnte das Leder noch einmal in die Mitte bringen. Sergio Pinto stand an der Strafraumgrenze goldrichtig, doch er traf den Ball nicht richtig und sein Schuss ging einen Meter am rechten Pfosten vorbei.

Beide Mannschaften kamen unverändert aus der Pause und auch unverändert war auch das Geschehen auf dem Rasen. Unterhaching war spielbestimmend, versagte aber im Abschluss. So wie zum Beispiel Marcel Schied in der 51. Minute. Nach einer der zahlreichen Eckbälle von Francisco Copado rückte die Alemannia Abwehr zu langsam aus dem eigenen Strafraum heraus und der wieder hereingegebene Ball landete beim völlig freistehenden Neuzugang vom VfL Osnabrück. Doch auch in dieser Szene war Stephan Straub nicht zu bezwingen und konnte zur Ecke abwehren. Unser Keeper wurde zum wichtigsten Spieler an diesem verregneten Nachmittag und hatte zusätzlich auch etwas Glück, als wenige Minuten später Ivica Majstorovic in die Mitte flankte, dort aber gleich zwei Hachinger knapp verpassten.

Nach der 1.(!) Alemannia-Ecke in der 58. Minute wechselte "Geburtstags-kind" Dieter Hecking dann zum ersten Mal aus. Florian Bruns kam für Kai Michalke und es sollte ein geglückter Wechsel werden. Keine zehn Minuten später erzielte unser Neuzugang aus Berlin die glückliche Führung. Stephan Straub hatte von Boden abgestos-sen, der eher unauffällige Erik Meijer ein Kopfballduell gewonnen und Florian Bruns geschickt im Laufduell abgewartet bis sich sein Gegenspieler Ivica Majstorovic mit seinem Keeper Philipp Heerwagen so uneins über die Abwehrtechnik waren bis "Flo" mehr oder weniger ungehindert ins leere Tor einschieben konnte. Ein bisschen stellte der Führungstreffer der Schwarz-Gelben den Spielverlauf schon auf den Kopf, denn zu diesem Zeitpunkt lautete das Eckballverhältnis immerhin 15 : 1 für die Gastgeber. "Wir haben siebzig Minuten nicht gut gespielt und konnten uns bei Stephan Straub bedanken, dass wir überhaupt noch in der Partie waren", war sich Trainer Hecking bewusst, "doch ein Spiel dauert eben neunzig Minuten."

Das Wechselfieber brach aus. Beide Trainer reagier-ten auf die überraschende Führung - die Wettquoten bei betandwin auf einen Alemannia-Sieg waren bis dahin immer mehr gestiegen - und Dennis Brinkmann verstärkte in der Schlussviertelstunde die Abwehrarbeit. Ex-Welt-meister Andy Brehme ("Wir haben das Spiel neunzig Minuten beherrscht, aber aus den vielen klaren Torchancen kein Tor erzielt") brachte den Brasilianer Elton da Costa und den Italiener Angelo Vaccaro. Doch auch das nutzte nichts. Die Entscheidung fiel auf der anderen Seite und wieder nutzte Florian Bruns einen schweren Abwehrfehler der Münchener Vorstädter, die bereits nach erkämpftem Ballbesitz wieder in der Vor-wärtsbewegung waren. Florian Bruns konnte Ivica Majstorovic den Ball abluchsen und in die Mitte passen. Dort war Sergio Pinto an der Strafraumgrenze völlig frei und überlegt schoss die Leihgabe vom FC Schalke zum 0:2 ein. Völlig losgelöst und befreit jubelte Sergio Pinto vor der Gästekurve mit den gut 250 mitgereisten Alemannia-Fans über seinen ersten Treffer im Profifußball überhaupt.

Mit dem ersten Auswärtssieg der Saison machte unsere Mannschaft den besten Saisonstart seit dem Wiederaufstieg perfekt und kletterte in der Tabelle auf den dritten Rang. Die schweren kommenden Wochen begannen mit einem Sieg, wenn er auch etwas glücklich zustande kam. Das wird aber schon morgen keinen mehr interessieren, denn jetzt gilt alle Konzentration dem ersten Auftritt der Alemannia im UEFA Pokal gegen FH Hafnarfjördur, die heute mit einem 4:1 gegen Fram Reykjavik (zweifacher Torschütz Allan Borgvardt) den vorletzten Schritt Richtung isländische Meisterschaft absolvierten.