Alemannia Aachen: Hennes – Walchenbach, X. Baurmann – Schroeder, Laumen, Meyers – Vogeno, H. Wollgarten, T. Boeven, Altenkamp, Cl. Baurmann
1:0 Baurmann, 2:0 Altenkamp, 2:1, 2:2, 2:3, 2:4, 3:4 Altenkamp, 4:4 Altenkamp
(auf dem Sportplatz Tivoli)
Für die Weihnachtstage hatten wir den traditionellen Besuch von auswärts. Am 26. spielte der Amsterdamsche F.C. gegen folgende Mannschaft: [...]
Unfreundliches Wetter begrüsst uns. Ein scharfer Wind geht über den Platz, den sich Alemannia für die erste Hälfte zum Gegner wählt. In der ersten Viertelstunde liegt Schwarzgelb vorne. Wir erzielen denn auch schon bald einen Eckstoss, der von Vogeno brillant getreten und von Cl. Baurmann in die Torecke gedreht wird. Wieder vergeht nur kurze Zeit, bis ein Versehen der holländischen Verteidigung uns zu einem weiteren Erfolg verhilft. Das Bein Altenkamps weist diesmal dem Ball den Weg ins Netz.
Nun aber wendet sich das Blättchen. Amsterdam kommt in Front; freilich haperts hier und da noch mit dem Schuss. Doch schliesslich sieht der Linksaussen Hollands sein konsequentes Abseitsstehen durch ein unzweideutiges Abseitstor belohnt. Schwimm schien den Ball für aussichtslos zu halten und regte sich nicht von der Stelle. Bald darauf bekommt er Gelegenheit, seinen Fehler wieder gut zu machen: einen Mordsschuss aus nächster Nähe hält er meisterhaft. Aber von dieser Zeit ab geht bis zur Pause an unserm Tor alles verkehrt. Ein Effetball dreht sich Hennes aus der Hand und fällt hart hinter der Linie ins Tor. Einen weiteren scharfen Schuss muss er durch Ausrutschen beim Hinwerfen passieren lassen. Ein viertes wunderbares Kombinationstor, für unsern Torwart unhaltbar, beschliesst den Reigen und so müssen wir mit einem Stand von 4:2 gegen uns in die Pause.
Für die zweite Hälfte haben wir den Wind im Rücken, der den Unserigen neuen Mut einbläst. Aber das Glück lässt uns noch eine Weile zappeln, bis endlich Wollgarten einen langen Ball diagonal zur rechten Flanke schickt, Vogeno geht in scharfem Tempo durch, gibt zu Altenkamp und dieser knallt unhaltbar zwischen die Pfähle. Bravo! Alemannia lässt nicht locker, obschon sie für einige Zeit auf ihr Tor zurückgeworfen wird. Unsere beiden Aussenstürmer versuchen immer wieder auf der Linie durchzubrechen. Holland ist in Not und wird hart am Strafraum unfair. Cl. Baurmann schiesst beim Freistoss mit Ruhe und Schärfe, doch ein Bein ist im Weg, der Ball kommt zurück: Altenkamp haut ihn ins Mal. 4:4. Man merkt, jetzt geht's um die Wurst; aber die Verteidigung beider Mannschaft ist eifersüchtig auf der Hut und verhindert ein Ende mit Sieg und Niederlage.
Die holländische Mannschaft hinterliess den denkbar besten Eindruck. Feines Spiel, gute differenzierte Technik und feine Kombination wirbt stets Freunde. So tat es und leid, dass unsere Amsterdamer Freunde schon so bald nach dem Spiel sich von uns trennten.
Unsere Elf bot bei weitem nicht das einheitliche Bild, wie die Mannschaft der Holländer.
Hennes im Tor war heute nicht gerade vom Glück verfolgt, was aber nicht allein auf die Rechnung von Situationsstücken, sondern zum Teil auch auf sein eigenes Conto zu setzen ist. Verschiedene Bravourstückchen liessen natürlich doch "die Schwimm" in ihm erkennen. Wenn nicht aus der Aufstellung hervorging, dass Walchenbach Verteidigier spielte, aus dem Spielverlauf hätte es der gewiegteste Fussballer nicht herausbringen können. X. Baurmann war gut. Die Schärfe seines Spiels hat sich glücklicherweise gemildert. Aber auf den Stürmer spielen tut weder er, noch sein Nachbar. Schröder hatte gegen den schnellen gegnerischen Aussenstürmer ein schweres Stückchen Arbeit, aber er hat sich famos aus der Affäre gezogen. Ich würde ihm raten, etwas mehr auf taktische Stellung zu achten, er kann sich dadurch ein gut Teil überflüssigen Hin- und Herlaufens sparen. Laumen ist, wenn auch ausdauernd, doch entschieden zu langsam. Plötzliches Anhalten im Lauf, schneller Start, Kurvenlaufen etc. sind ihm gänzlich unbekannt. Hier kann nur systematisches Training abhelfen.
Gewunder habe ich mich über den Neuling der Ersten, Meyers. Er hat anscheinend sehr gutes Material und Selbstbewusstsein genug, um auch in der ersten Mannschaft sein Können voll zur Geltung zu bringen. Hoffentlich verleitet ihn das nicht zu übertriebener Selbständigkeit im Spiel. Bei Vogeno freut den Zuschauer immer der Eifer und die behende Beweglichkeit. Wie wärs, wenn er sich auch einmal nach einem Centreschlag im Laufen umsähe. Wollgarten spielte ohne jeden Ernst und ohne Zielstrebigkeit. Die Talente, die er besitzt, hatte er anscheinend für dieses Spiel vergraben. T. Boeven hätte ich Verschiedenes über sein Spiel zu sagen, aber es gibt eine Interesselosigkeit, die die lauteste Kritik zum Schweigen bringt. Altenkamp war wohl der beste aus der Stürmerreihe, stets war er zur Stelle, wenns zum Klappen kam an Gegners Tor. Mit seinem linken Nebenmanne versteht es sich gut; aber gerade in diesem Punkte ist noch viel, wenn auch nicht verbesserungsbedürftig, so doch verbesserungsmöglich. Cl. Baurmann muss noch genauer das Täuschen des Gegners studieren, um in kritischen Situationen seinen feindlichen Läufer einmal umgehen zu können. Seine Flankenläufe und Centreschläge gefallen mir bedeutend besser als früher.
(Nachrichtenblatt des F.C. Alemannia, Aachen e.V. / No. 1; Januar 1914)
Diese Seite nutzt Cookies für Google-Analytics. Sie können Cookies akzeptieren oder ablehnen und Ihre Entscheidung jederzeit ändern.