Alemannia Aachen: Wirtz – M. Breuer, Emunds – J. Boeven, Roolf, Niessen – Engels, H. Wollgarten, J. Wesché, Cl. Baurmann, Altenkamp
1:0 Wesché, 2:0 Wesché, 2:1, 3:1 Baurmann, 4:1 Engels, 5:1 Wollgarten, 6:1 Wesché
Treffehn (Schalke)
(auf dem Sportplatz Tivoli)
Wir sind der I. Mannschaft von Spiel und Sport Schalke zu Danke verpflichtet, dass sie bereitwilligst für F.C. M.-Gladbach in die Breche sprang und unserer I. eine willkommene Gelegenheit bot, ihre Kräfte für die Ligakämpfe zu erproben. Die infolge zu geringer Reklame nur wenig zahlreich erschienenen Zuschauer hatten auf diese Weise eine kleine Entschädigung für den mit Spannung erwarteten Ligakampf gegen den "Favoriten". Andererseits ergab das Spiel auch weiteren Aufschluss über die Form unserer Mannschaft, die in der Aufstellung [...] dem Gegner ein stets überlegenes Spiel lieferte.
Schon gleich nach Anstoss sind unsere Stürmer vor Schalkes Tor, doch der Schuss geht vorbei. Das Spiel zeigt nun einen ziemlich gleichmässigen Verlauf: Angriff unserer Stürmer, grosse Wurstelei vor dem Tor, ab und zu ein "Schüsslein", hart daneben, hoch in die Luft oder in die Richtung auf "Alt-Tivoli" – unsere I. hatte nämlich die obere Seite – dazwischen auch mal ein Vorstoss von Schalke, bisweilen unter liebenswürdiger Assistenz unseres Mittelläufers, dann ein weiter Stoss eines unserer Verteidiger, und so wieder von vorne. Zur Abwechslung tritt Niessen den Ball mit voller Wucht auf Emunds, von dem er in die rechte Ecke unseres Tors prallen will, aber Wirtz fängt noch glücklich den aus diesem merkwürdigen "Zusammenspiel" entstehenden Schuss ab. Zeitweise wird das Spiel ganz auf Schalkes Hälfte verlegt, aber nichts will gelingen. Schon scheint es, als ob die erste Spielhälfte torlos ausgehen soll, da kann Wesche endlich einen Schuss anbringen.
Nach Seitenwechsel zeigt der Kampf zunächst das gleiche Bild, und schon bald kann Wesche Tor Nr. 2 buchen. Nun kommt etwas mehr Betrieb in Schalkes Angriff, auch das Interesse der Zuschauer wird reger. Das Spiel scheint ausgeglichener, ein scheller Lauf der rechten Flanke bringt Schalkes Stürmer vor unser Tor, Wirtz kann den von rechts geschossenen Drehball nicht fassen, der über ihn hinweg ins Tor springt. Dieser Erfolg spornt Schalke noch mehr an, und unsere Verteidigung erhält dadurch einige Arbeit, der sie sich aber gewachsen zeigt. Inzwischen kommt auch unser Angriff auf, Baurmann erhält den Ball, umgeht geschickt einen Verteidiger und schiesst plaziert in die linke Ecke. Schalke fällt jetzt ab, unsere Stürmer machen Angriff auf Angriff, von denen manche durch einen Pfiff des Schiedsrichters ein schnelles Ende finden. Wie er dann selbst meint wegen "Abseits"; das soll aber, wie glaubwürdig versichert wird, nicht immer gestimmt haben. Engels, Wollgarten und Wesche schiessen noch je ein Tor, wobei es bis zu dem "5 Minuten früher als erwartet" ertönenden Schlusspfiff bleibt.
Schalke stellt eine ausgeglichene Mannschaft, einige Leute sind äusserst schnell, im ganzen fehlt aber neben überlegterem Zusammenspiel noch viel an der Ballbehandlung. Die Spielweise schien manchmal etwas steif.
Es soll aber damit nicht gesagt sein, dass das Zusammenspiel unserer Stürmer überlegt war, in der ersten Spielhälfte nämlich konnte man häufig sehen, wie es nicht gemacht werden soll. Die Hauptschuld daran trägt Wesche, der manchmal in einer Weise spielt, als ob er überhautpt ausser den Aussenstürmern keine Nebenleute hätte. Gewiss ist es ganz schön, wenn man in bestechender Manier einen Gegner überspielt, aber der erste Grundsatz beim Angriff bleibt "Abgeben" und bei den Mittelstürmern auch noch "die Bälle richtig verteilen". Auch ein technisch noch so vollendetes Spiel kann ein Ausserachtllassen dieses Grundsatzes niemals ausgleichen, und wie sollen die Innenstürmer sich ein annehmbares Zusammenspiel aneignen, wenn gerade der Mittelstürmer dieses vernachlässigt auf Kosten der Wirksamkeit unseres Angriffs! Wesche kann sich auch einem Zusammenspiel einfügen, er hat's schon früher bewiesen, zeige er es drum auch fernerhin! Seine Nebenleute gaben sich redliche Mühe, in etwa ein Dreiinnenspiel anzubahnen, manchmal klappte es auch. Baurmann führte sich gut ein, sein Spiel lässt hoffen, dass er demnächst auch für die I. Mannschaft brauchbar wird. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie er sich bei einem Ligaspiel bewährt. Dasselbe gilt von Engels, dem eine grössere Schnelligkeit zu wünschen wäre; Spieltechnik zeigte er hinreichend. Falls für Wollgarten in der Läuferreihe Ersatz beschafft werden kann, würde ich ihn ganz gern wieder im Angriff sehen, wo er sich auch jetzt bewährte. Altenkamp bewies von neuem seine Zuverlässigkeit, zu loben ist stets sein genaues Abgeben.
In der Läuferreihe war Boeven der beste Mann, man kann ruhig sagen, wie immer. Niessen, der in der letzten Zeit seinen Posten mehrfach gewechselt hat, spielte nicht nachdrücklich genug. Er glaubt genug getan zu haben, wenn er dem Gegner mit einer gewiessen "Grandezza" den Ball abgenommen hat. Ich zweifle aber nicht, dass er sich noch einspielen wird, das Zeug dazu hat er. Es ist ja vielleicht nichts schwieriger als ein gutes Läuferspiel, das konnte man auch bei Roolf sehen. Seinem Spiel fehlte jede Ueberlegung, er arbeitete manchmal dem Gegner geradezu in die "Füsse". Ich muss annehmen, dass er entweder total ausser Form oder durch irgend etwas "gehandicapt" war.
Emunds, der die letzten Spiele für Riechert aufgestellt war, zeigte sich wiederum äusserst sicher und vor allem auch "draufgängerisch". Breuer scheint die militärische Uebung an seiner Form nichts geschadet zu haben, er kann auch noch "Dribbeln". Wirtz hatte im Tor wenig Arbeit, die er aber zur Zufriedenheit erledigte. Nur empfehle ich ihm, sich etwas auf "Effet" einzupauken.
Es fiel mir wieder auf, dass unsere Mannschaft die Eckstösse zeitweise schlecht tritt. Der Schiedsrichter wäre ganz gut gewesen, wenn er nicht manchmal irrtümlich "Abseits" gegeben hätte, als unsere Stürmer im Angriff waren.
(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 20 / 16. Oktober 1910)
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