Testspiele - Saison 1909/1910 - 7. Spieltag - Montag 28.03.1910  - 15:00 Uhr
3
(1)
1
(1)

Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Laumen – M. Breuer, Riechert – J. Boeven, Roolf, H. Wollgarten – Katterbach, T. Boeven, J. Wesché, Rex, Essers

Tore

1:0 Boeven, 1:1, 2:1 Rex, 3:1 Rex

Schiedsrichter:

Marum (Köln)

Zuschauer:

1.500 (auf dem Sportplatz Tivoli)

28.3.1910: Alemannia Aachen - Walthamstow Avenue 3:1

Statt der seit einigen Jahren üblichen Osterreise, die ja diesmal durch die Neujahrsreise nach Norddeutschland vorweggenommen worden war, veranstalteten wir Ostermontag ein internationales Spiel auf unserem Platze. Unser Gegner war der Walhamstiw Avenue F.C., dessen Name in London guten Klang hat, wenn sein Träger auch nicht gerade zu den besten Amateurvereinen der englischen Hauptstadt zählt. Ich bin überzeugt, dass dieser Verein unter günstigen Verhältnissen, etwa auf eigenem Platz mit vollständiger Mannschaft spielend, ausgezeichnetes leistet; so wie wir ihn hier sahen, durch Reise, Ersatz und die vorhergehenden Spiele geschwächt, schien er mir den besseren unserer Ligamannschaften nicht gewachsen zu sein. Ob die Zuschauer, deren Geschmack durch Verbandsspiele wie gegen Duisburger S.V. und Kölner F.C., durch Aussenverbandsspiele wie gegen Hannover 96 und Karlsruhe, durch internationale Spiele wie gegen Daring-Brüssel, Dordrecht und vor allem Bradford City veredelt sein muss, durch so einfache und doch teure Kost, wie sie ihnen Ostermontag auf Tivoli aufgetischt wurde, noch gereizt werden können, möchte ich bezweifeln. Der Teil des Publikums, der hoch befriedigt ist, wenn Alemannia nur gewinnt, schwindet von Spiel zu Spiel. Bei den Ligaspielen, wo uns ja der Verein (Gegner) gestellt wird, nehmen die Zuschauer gelegentlich ein unterlegenes Spiel der Fremden mit in den Kauf wenn nur die Punkte gewonnen werden; sobald wir uns aber den Gegner selbst wählen können, und erst recht bei besonderen Gelegenheiten will das Publikum von der Auswärtigen hervorragende Leistungen sehen. Gelingt es unserer Mannschaft, sich dem überlegenen Spiel der Gegner gegenüber gut zu halten, dann ist man allerseits befriedigt (siehe Bradford City). Selbstverständlich ist es nur selten möglich, solche Gegner ohne ungeheure Kosten zu bekommen; wo sich aber die Gelegenheit bietet, da sollten wir zufassen, auch schon im Interesse unserer Spieler, die ja bei einem solchen Spiel eine Menge lernen können.

Der Besuch einer englischen Mannschaft hatte, wie voraus zusehen, mächtig gezogen und da das Wetter einfach ideal war, konnten wir die zweithöchste Besucherzahl seit Bestehen unseres Vereins verzeichnen. Über 1.500 Zuschauer hatten sich eingefunden, um Alemannia gegen London kämpfen und, wie man wohl allgemein erwartete, verlieren zu sehen.

Unsere Spieler beginnen mit der schlechteren Seite den Kampf und lassen sich, wohl infolge der Aufregung, anfangs zurückdrängen. Bei einigen gut eingeleiteten Angriffen zeigen die Engländer, dass ihr Schussvermögen das unserer Stürmer durchaus nicht überragt. Laumen hält einige aus kurzer Entfernung ungenau gegebene Bälle ausgezeichnet. Auch einige Eckbälle, die sonderbarerweise weit zurück ins Feld zurückgegeben werden, bringen Walthamstow keinen Erfolg. Inzwischen hat sich auch unser Angriffsspiel etwas abgeklärt; T. Boeven schickt einen hohen Ball auf die Querlatte; J. Wesche schiesst aus schwieriger Lage knapp daneben. Einige ziemlich harmlose Geschichten befördert der englische Torwart weit ins Feld zurück; die meisten Angriffe endigen bei den Verteidigern. Diese sind im allgemeinen äusserst sicher; als aber einmal der linke einen Schuss T. Boevens unglücklich berührt, sitzt das erste Tor, für den Wächter unhaltbar. Nicht lange danach finden auch die Angriffe der Gäste den verdienten Lohn. Riechert bringt vor dem Tor einen Ball nicht weit genug weg, die Mitte der Engländer setzt nach und drückt den Ball ins Tor. Dann kommt bei höchstens geringer Überlegenheit Walthamstows mit 1:1 die Pause.

Nach dem Wechseln macht das Spiel der Engländer zeitweilig einen ziemlich schlappen Eindruck, während unsere Mannschaft überlegen wird. Dennoch dauert es etwa eine Viertelstunde, bis das zweite Tor für uns fällt, eine schöne Leistung unserer beiden besten Stürmer: Wesche umgeht einen Gegner und spielt an dem zweiten vorbei schräg nach vorne, Rex läuft vor und schiesst aus etwa 15 m flach in die linke Ecke. Danach wird das Spiel lebhafter unter anhaltender Überlegenheit Alemannias. Unsere linke Flanke greigt, von Wollgarten vorzüglich unterstützt, wiederholt geschickt an; endlich schiesst Rex einen Flankenball von Essers zwei Meter vor dem linken Pfosten stehend ein, damit ist das Spiel endgültig entschieden; man erwartet höchstens noch ein viertes Tor für uns, ohne zu befürchten, dass London aufholen würde. Es bleibt jedoch bei dem ganz berechtigten Ergebnis 3:1.

Die Engländer waren schnell am Ball, stoppten gut, täuschten zum Teil recht geschickt durch plötzliches Anhalten des Balles und gaben im allgemeinen genau ab. Gelegentlich spielten sie hoch und gaben so beiden Parteien Gelegenheit gutes Kopfspiel zu zeigen. Der Torwächter fing sicher und beförderte die Bälle ruhig und wuchtig fort. Mit den beiden Verteidigern, deren Ballabnehmen und Treten vorzüglich war, stellte er den besten Teil der Mannschaft dar. Die Aussenläufer waren schwächer als der Mittelläufer, der Angriff u. Verteidigung gleich gut bedachte. Ihr Spiel war nicht immer sicher und z.T. zu hoch. Dem Angriff der Engländer möchte man das Prädikat erteilen, womit unsere eigene Stürmerlinie so oft bedacht worden ist: gutes, flaches Zusammenspiel im Felde, rührende Hilflosigkeit vor dem Tor. Die Londoner schossen selten und auch dann meist noch schlecht. Den einzigen Erfolg brachte ihnen nicht ein Schuss, sondern der Ball wurde ins Netz gedrückt. Die Spielweise der Engländer war, wie erwartet, einwandfrei, nur gegen Schluss wurde die Verteidigung etwas robust!

Mit unserer Mannschaft konnte man im allgemeinen zufrieden sein. Wie auf der Gegenseite war die Verteidigung das beste. Laumen bot ein vorzügliches Spiel, einen glänzenden (hoffentlich aber nur vorläufigen) Abschluss seiner Laufbahn in der ersten Mannschaft Alemannias. Die Verteidiger entledigten sich ihrer besonders anfangs recht schwierigen Aufgabe sehr zufriedenstellend, sie ergänzten sich ausgezeichnet. Unsere Mittelreihe wies diesmal Vertreter der drei typischen Läuferarten auf. J. Boevens unermüdliches Zurückgehen entlastet angenehm die Verteidigung; sein Tritt ist leider immer noch nicht genau; am besten gelingen ihm die Bälle aus schwierigen Lagen. Roolf vernachlässigt über der Verteidigung durchaus nicht den Angriff; sein Abgeben ist wenig elegant aber genau; sein Kopfspiel stört häufig den feindlichen Angriff und unterstützt wirkungsvoll den unsrigen. Das beste Abgeben mit Fuss und Kopf bot entschieden Wollgarten, der als Läufer, falls es ihm nicht an Ausdauer gebricht, seine beste Stelle gefunden haben dürfte. Leider deckte er in der ersten Hälfte seinen Aussenstürmer nicht genug. Im Sturm nutzte Rex jede Gelegenheit zum Vorgehen gut aus; sein Zuspiel scharf am Mann vorbei fand selbst bei den Engländern nicht Seinesgleichen. – Nicht ganz so genau spielte Wesche, dessen Schuss auch lange nicht so sicher war wie sonst, beide waren die Motore des Angriffs; sie waren die einzigen, die immer dem Ball folgten. Essers bekam anfangs wenig zu tun; nachher entwickelte sich zwischen ihm, Rex und Wollgarten gelegentlich ein feines Zusammenspiel. Ich sähe ihn übrigens auch heute noch lieber als Läufer. Auf der rechten Flanke spielte für Wolff, der von all unseren bescheidenen Rechtsaussen noch immer der beste ist, Katterbach als Ersatz. Diesem verdarb die bei einem derartigen Spiel wohl erklärliche Aufregung das Spiel, sonst hätte er wohl nicht jeden Ball gleich weit weggegeben. Z. T. wurde ihm das Spiel durch T. Boeven erschwert, der viele Bälle dem Verteidiger vor die Füsse gab. Überhaupt enttäuschte mich Toni, den ich in ganz anderer Erinnerung hatte, ziemlich stark; von seinem energischen Draufgehen, das unseren Mannschaften manches Tor eingebracht hat, war fast nichts mehr vorhanden.

Herr Marum vom Kölner F.C. war ein guter Schiedsrichter, nur gelegentlich etwas scharf, sodass man manchmal nicht recht wusste, warum und für wen es eigentlich Freistoss gab. Immerhin aber ist es besonders bei einem internationalen Spiel vor so grossem Publikum, geratener zu streng als zu milde zu sein.

Fügen wir der Wissenschaft halber noch die Ergebnisse, die Walthamstow bisher gegen deutsche Vereine erzielt hat, hinzu: Gegen Preussen, Duisburg 0:0, gegen M.-Gladbach 2:2, gegen Düsseldorfer S.V. 5:1.

(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 8 ("7") / 16. April 1910)

Verwendung von Cookies

Diese Seite nutzt Cookies für Google-Analytics. Sie können Cookies akzeptieren oder ablehnen und Ihre Entscheidung jederzeit ändern.

Weitere Informationen erhalten Sie hier.

Ablehnen Akzeptieren

Einstellungen

Weitere Informationen erhalten Sie hier.

Ablehnen Akzeptieren
Cookie Einstellungen Historie

Historie

alles löschen Schließen