Fußball Innsbruck: u.a. Stettner (Tor) – Melichar, Schuller, Muigg, Sagmeister, Pockstaller, Fischer, Franzelin
Alemannia Aachen: Hennes – Walchenbach, X. Baurmann – Laumen, J. Wesché, Schroeder – Vogeno, Büsges, H. Wollgarten, Altenkamp, Cl. Baurmann
0:1 Wesché, 1:1 Pockstaller, 1:2 Baurmann, 2:2 Franzelin, 3:2 Franzelin, 3:3 Wesché
Schlemmer
(an der Klosterkaserne)
8. Tag
Sonntag Morgen erwachten wir in Innsbruck, dem Endziel unserer Reise. Doch möchte ich bezweifeln, dass Innsbruck Endziel war, ich glaube, wir sind uns einig, wenn wir München als solchen ansehen. 9 Uhr war es bereits als wir das rechte oder linke Bein zuerst aus den Federn jagen, sicherlich nicht zu spät nach 4tägigem Marsch für müde Anfänger im Bergklettern. Da das Spiel auf 10 1/2 Uhr angesetzt war, und der Platz nahe beim Hotel lag, konnten wir uns gleich in unsere Ligauniform werfen, was uns allerdings etwas sonderbar vorkam aber recht angenehm war. Das gute und reichliche Frühstück, übrigens das beste, welches wir in Tirol vorgesetzt bekamen, liess lange auf sich warten. Wir grollten schon darüber, der eine still, der andere laut. Als aber endlich Resi erschien, beruhigten sich die Gemüter mit einem Schlage. Um der Mannschaft und der Resi nicht unrecht zu tun, muss ich aber bemerken, dass Resi heute morgen durch "Hundert" lief. Ich erblickte darin allseits ein gutes Zeichen und führte die Mannschaft nach Vertilgung einer Unmenge von Broten (à 3 Pfg.) mit grossen Hoffnungen zum Platz.
Da ich nicht im voraus wusste, dass mir die Berichterstattung obliegen sollte, habe ich mir den Spielverlauf nicht eingeprägt und lasse daher den Bericht einer Innsbrucker Tageszeitung folgen. Diese schreibt:
Die Gäste aus Aachen rechtfertigten den guten Ruf, der ihnen vorausging, sie erwiesen sich als eine sehr gute, faire Mannschaft. Die Innsbrucker lieferten das schönste Spiel, das wir seit langem von ihnen gesehen. Der Gralwächter spielte sehr schwach. Der erste Erfolg der Gäste hätte unbedingt verhindert werden müssen, beim 2. und 3. Gral stand er falsch. Die Backs spielten recht brav. Mit der Halfreihe konnte man durchweg zufrieden sein. In der Stürmerreihe fielen die Flügel etwas ab. Auf dem Linksverbindungsposten spielte nach langer Zeit wieder Franzelin, der glänzend spielte und der einzig ist, der sich mit Fischer ganz versteht. Man sah zwischen diesen beiden prächtige Kombinationszüge; Rechtsinnen spielte recht fleissig.
Bei den Gästen fiel vor allem der sichere Gralwächter auf, der oft schwere Arbeit zu verrichten hatte, dann der Centrehalf, der rechte Verteidiger, der allerdings gegen Franzelin einen schweren Stand hatte und die linke Angriffsseite. Nach Spielbeginn finden sich die Heimischen und bedrängen die Gäste hart, allmählich wird das Spiel offen. Wesche schiesst auf gut Glück von grosser Distanz. – 1. Gral für Aachen. Innsbruck spielt unverdrossen weiter, bis der Rechtsinnen ausgleicht. Ein Schuss des linken Gästeflügels stellt das Spiel auf 1:2, womit es in die Pause geht. In der 2. Halbzeit spielt der Innensturm von Innsbruck noch besser. Hennes zeigt sich von der besten Seite. Ein Durchbruch Franzelins führt zum ausgleichenden Treffer. Das Tempo wird immer schneller, bei einem Angriff auf das Gästetor entwindet Franzelin den am Boden liegenden Hennes den Ball und Innsbruck führt 3:2. Nach einer Ecke stellt Wesche durch prächtigen Kopfstoos das Endresultat her.
Es war eines der schönsten Spiele, die bisher in Innsbruck gesehen wurden. Der Schiedsrichter leitete das Spiel nach seinem besten Können, jedoch übersah er beiderseites manche Abseitsstellung.
Diesem möchte ich noch hinzufügen, dass unsere Mannschaft im ganzen zufriedenstellend gespielt hat, nur die Stürmerreihe war wiedermal nicht auf der Höhe, wie gerne würde ich sagen "Diesmal auf der Höhe". Cl. Baurmann konnte sich den Bodenverhältnissen nicht anpassen, fast jede Vorlage blieb wertlos, weil er jedesmal über den Ball stolperte. Seine schönen Flankenläufe, Schneiden und Zentern vermisste man heute vollständig. Wirklich schade, genügend Eifer zeigte er, aber es wollte nun einmal nicht recht. Altenkamp war ein wenig besser, viel zu langsam in Bewegung und Kombination und dazu keinen einzigen Schuss, wie weniger Bombenschuss auf das schwach besetzte Tor. Wollgarten war recht schwach heute. Er trug wohl die Hauptschuld, dass während des ganzen Spieles nur Spuren von Kombination aufkamen. Ein grosser Fehler von ihm ist es, dass er meint, als vierter Läufer fungieren zu müssen, denn mit schlecht abgewehrten Bällen der gegnerischen Verteidigung ist mehr anzufangen als mit schönen Flanken und Vorlagen!?! Ein noch grösserer Fehler ist, dass er zuviel dribbelt und dabei durchweg vergisst, dass seine Nebenleute ganz verzweifelt in günstiger Stellung stehend auf eine gute Vorlage warten. Dass seine Spielweise auf das Spiel der Nebenleute entsprechend einwirkt ist selbstverständlich. Büsges war auch nicht der Alte, auch von ihm, der doch schiessen kann, sah man keinen einzigen Schuss. Ihm möchte ich raten, etwas mehr Abwechslung in sein Zuspiel zu bringen, denn Annehmen des Balles und abgeben zur Mitte ist immer dasselbe, zudem will der Aussenstürmer auch Bälle haben. Etwas mehr Beweglichkeit könnte nicht schaden, denn diese besitzt er nicht trotz seiner Schnelligkeit auf grader Strecke. Vogeno war sehr eifrig trotz seiner wenige Tage vorher erlittenen Verletzungen. Doch der Eifer kann nicht den Mangel völlig ersetzen. Einwandfreies Treten in schwierigen Lagen muss man von jedem Spieler verlangen können. Dann schnelle Flankenläufe, Schneiden und tadelloses Zentern. Ihm möchte ich das eifrigste Training empfehlen, vieles lässt sich dabei herausholen. Schröder war recht gut, auf ihn setze ich grosse Hoffnungen. Laumen hat sich von Spiel zu Spiel gebessert, nur muss die Flanke besser gedeckt werden.
Die beiden Verteidiger waren energisch und eifrig, manche Stürmerreihe wird bei ihnen harten Widerstand finden. Das Angreifen darf allerdings nicht unfair ausarten, lieber Xaver, und das Hinwerfen vor dem Tore möchte ich dir abraten; beides ist zu gefährlich.
Hennes konnte trotz seines schönen Spieles einen, wenn nicht zwei Bälle halten. So furchtbar viel Arbeit, wie im Bereicht angegeben, hatte er nicht zu verrichten.
Nach dem Spiel gingen wir zum Hotel, wo wir unsere Habseligkeiten packten, zu Mittag speisten und gegen 3 Uhr wieder schwer bepackt 9 Mann hoch nach München segelten. Der Abschied von den Innsbruckern war recht herzlich und es tat uns leid, das schöne Städtchen verlassen zu müssen. Auf unserer Fahrt, die schnell verlief, sahen wir noch die schneebedeckten Gipfel des Kaisergebirges, die unsere zurückgebliebenen Alpinisten in den kommenden Tagen ersteigen wollten. Leid tat es jedem von uns, dass wir das schöne Land Tirol mit seinen Bergen und Tälern, den schön gelegenen, properen Dörfchen mit ihren freundlichen Bewohnern Lebewohl sagen mussten.
In München kamen wir gegen 7 Uhr an und wurden zu unserer grössten Freude von einigen Herren und Damen herzlich empfangen. Wir zogen dann zum Augustiner, den wir noch nicht besucht hatten, und verlebten im Kreise der Münchener noch recht gemütliche Stunden. Nur recht schwer konnten wir uns trennen und langten gegen 2 1/2 Uhr vor dem roten Hahn an. Hier wurde zum letzten Male Abschied genommen, worauf wir unsere Zimmer aufsuchten und bald, da es keinen Budenzauber gab, in tiefem Schlaf lagen.
Ich sage der Mannscahft Lebe wohl und wünsche ihr von Herzen das denkbar Beste.
(Nachrichtenblatt des F.C. Alemannia, Aachen e.V. / No. 7; Juli 1914)
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