Alemannia Aachen: Hennes – M. Breuer, Emunds – Catteau, Roolf, Essers – K. Baurmann, Leussler, H. Wollgarten, J. Wesché, Rex
1:0, 2:0, 3:0, 4:0, 4:1 Breuer
Der Fussballspieler kennt keinen Sonntag. Gerade dann, wenn andere Leute ruhen oder ihrem Vergnügen nachgehen, beginnt seine Arbeitszeit. Hohe Feste bilden keine Ausnahme, sondern sind im Gegenteil Arbeitstage erster Ordnung. So pflegen denn besonders die beiden Feste, die von der weisen Mutter Natur aus Ende der Spielzeit gelegt worden sind, die wichtigsten Ergebnisse in unserem Sport zu zeitigen. An der Hochflut von Spielen, die wie alljährlich so auch diesmal zu Ostern den kontinentalen Sport überschwemmte, hat unser engeres Vaterland Rheinland mit einer starken Woge Anteil. Ueberraschend günstig sind diesmal die Ergebnisse für unsern Verband ausgefallen; neben einer stolzen Zahl prunkender Siege steht eine ganz geringe von schamhaften Niederlagen. In die letzgenannte Kategorie gehören leider auch die Spiele, deren Besprechung mir zunächst obliegt, die Spiele unserer ersten Mannschaft in Frankfurt und Cassel. Unglücklich und sehr vom Zufall beeinträchtigt waren sowohl die Vorgeschichte dieser Reise wie ihr sportliches Ergebnis. Einzig und allein den Offenbachern, unsern Gegnern von Weihnachten zuliebe, sollte die Reise diesmal unternommen werden. Es wurde uns übel gelohnt; kaum hatten wir in der Frankfurter Viktoria einen zweiten Gegner gefunden, da sagte Offenbach ab. Wir können von Glück sagen, dass es unserem ersten Schriftführer im letzten Augenblick noch gelang, den Casseler Fussball-Verein zu einem Spiel gegen uns zu bewegen. – Waren so wenigstens die Spiele bestimmt, so waren es noch lange nicht die Spieler. Was soll ich lange von unerquicklichen Dingen, wie Absagen, Aenderungen in der Aufstellung, Abdankungen u.s.w. sprechen; jeder sieht auf den ersten Blick, dass die nachstehende Mannschaft, die schliesslich die beiden Spiele austrug, wenig geeignet war, unseren Verein wirksam zu vertreten. [...]
Mochte aber immerhin der Mannschaft in sportlicher Hinsicht etwas fehlen, in Geselligkeit, gutem Einverständnis und froher Osterstimmung liess sie keinen Wunsch offen. Von Emil Brauer als einzigen Interessenten begleitet, fuhren wir Samstagnachmittag gegen 5 Uhr in bester Laune ab und gelangten nach einer von Essen, Trinken, Karten u.a. angenehm in der üblichen Weise verkürzten Fahrt um 11 Uhr abends in Frankfurt an. Hier wurden wir von einigen Herren der Frankfurter Viktoria, sowie von den Spielfreunden Gebr. Musolf in Emfang genommen. Nach kurzem Beisammensein suchten wir die diesbezüglichen Ruhestätten auf, wobei natürlich an kleinen Bosheiten allerhand geleistet wurde. – Am andern Morgen gingen wir unter Führung unserer freundlichen Gastgeber beizeiten an die Besichtigung der Stadt, die gewiss jedem von uns Neues und Interessantes bot. – Nachmittags um 4 begann auf dem sonst nicht üblen, aber diesmal steinharten Platz der Viktoria das Spiel [...]
In den ersten Minuten zeigt sich auf beiden Seiten wenig Tempo und Zusammenhang. Erst als nach einiger Zeit Viktorias Linksinnen eine Flanke von rechts aus 3 m Entfernung eingeschossen hat, wird das Spiel lebhafter. Unsere Stürmer haben viel Gelegenheit zum Schuss; sie benutzen sie auch häufiger und zeitiger als sonst; aber alles geht weit über die Stangen. Die Einheimischen sind dagegen glücklicher: noch zweimal sind ihre schnellen, kräftigen Angriff von Erfolg gekrönt; zunächst knallt wiederum der Linksinnen eine hohe Flanke unhaltbar ins Drahtnetz; später schliesst sich der Rechtsinnen mit einem scharfen Schuss an. So gehen wir, ohne irgendwie unterlegen gespielt zu haben, mit dem erdrückenden Ergebnis von 0:3 in die Pause. – Die zweite Hälfte sieht ein bedeutend zielbewussteres Spiel unserer Mannschaft, die sich endlich gefunden zu haben scheint. Im allgemeinen sind wir jetzt etwas mehr im Angriff als der Gegner; aber der Erfolg bleibt wiederum aus. Während es den Frankfurtern gelingt, durch gutes Zusammenspiel ihren Vorsprung zu vergrössern, bedarf es bei uns eines Elfmeters, um unserer Torlosigkeit abzuhelfen. Breuer tritt den Ball scharf und unhaltbar in die rechte untere Ecke. Noch einige gefährliche Angriffe Viktorias, wobei Schwimm sich in gutem Lichte zeigt, dann ist Schluss, und wir ziehen mit 1:4 und einem entsprechenden moralischen Jammer ab.
Herr Pohlenk von der Frankfurter Viktoria meinte nachher in seiner Rede, nicht Frankfurt sondern Aachen habe den Sieg verdient. Wie weit die Worte dieses liebenswürdigen und entgegenkommenden Herrn von blosser Höflichkeit beeinflusst waren, wage ich nicht anzudeuten. Immerhin glaube ich aber doch, dass 4:1 etwas starker Tabak war und nicht dem Spielverlauf entsprach. – Viktoria soll ausserdem, wir man mir sagte, eins ihrer allerbesten Spiele geliefert haben. Da sich von unserer Mannschaft eher das Gegenteil behaupten lässt, könnten also die Aussichten für das Rückspiel in Aachen erfreulicher sein. Doch nimm dir nichts vor, dann schlägt dir nichts fehl, sagt Reuter, und ich muss ihm, wenigstens was Fussballwettspiele angeht, unbedingt recht geben.
Nohc am gleichen Tage, abends um 8, traten wir die Weiterreise nach Cassel an. Weder unsern Gastfreunden noch uns selbst war der frühe Abschied von Frankfurt recht; aber das festgelegte Programm musste eingehalten werden.
(Nachrichtenblatt d. F.C. Alemannia, No. 9 / 1. Mai 1909)
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