UEFA-Pokal Gruppenphase - Saison 2004/2005 - 4. Spieltag - Donnerstag 02.12.2004  - 20:45 Uhr
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Zenit St. Petersburg

Sie wurden als letztes Team der Gruppe H zugelost, gelten allerdings als der Geheimfavorit dieser Gruppe: Zenit St. Petersburg.

Die Mannschaft von Trainer Vlastimil Petrzela qualifizierte sich für den UEFA-Cup durch einen zweiten Platz in der abgelaufenen Spielzeit. Drei Punkte Rückstand hatte Zenit am Ende auf ZSKA Moskau, konnte sich aber über die Teilnahme am europäischen Fußball und den Gewinn des russischen Pokals freuen. Zuletzt spielte Zenit 2002/2003 im UEFA-Cup, verlor damals in der 1. Runde gegen die Grasshopper aus Zürich.

Seit zwei Jahren ist der Tscheche Petrzela Trainer der Petersburger. Die jüngsten Erfolge sind eng mit seinem Namen verbunden und kamen selbst für die Verantwortlichen des Vereins überraschend. Denn Petrzela stellte ein komplett neues Team zusammen, gespickt mit vielen jungen Talenten. Zur Europameisterschaft in Portugal in diesem Sommer reisten gleich vier Akteure. Unter ihnen auch der derzeitige Star der Petersburger und des gesamten russischen Fußballs: Alexander Kerzhakov. Der 21-jährige Mittelstürmer sorgt bei Zenit für die nötigen Tore. Kerzhakov, Arshavin und Bystrov sind allesamt in der Nationalmannschaft Russlands zu finden und gelten als die Schlüsselspieler der Petersburger. Im Kader von Zenit St. Petersburg stehen neben vierzehn Russen auch fünf Tschechen, zwei Ukrainer und zwei Slovaken und je ein Rumäne, Litauer, Bosnier, Serbe und Mazedonier. Petrzelas Handschrift ist dabei unverkennbar.

Neben dem ambitionierten Fußballverein bietet St. Petersburg noch vieles mehr. Das Zentrum der Stadt ist in barock-klassizistischem Stil erbaut und ist bekannt unter dem Namen "Venedig des Nordens". Zar Peter der Große hatte im Jahr 1703 während des 20-jährigen Großen Nordischen Krieges die schwedische Festungen Nyenschanz und Landskrona erobert und erbaute auf einer benachbarten Flussinsel das erste Bauwerk des heutigen St. Petersburg, die Peter- und Paul- Festung. St. Petersburg sollte nach dem Vorbild der westlichen Hauptstädte gebaut werden und hatte einen direkten Zugang zur Ostsee. 1924 wurde St. Petersburg nach dem Tod Lenins in Leningrad umbenannt. 1991 wurde Leningrad per Volksentscheid wieder zu St. Petersburg. Kind dieser Stadt ist auch der derzeitige Präsident Russlands Vladimir Putin.

1716 erhielt Zar Peter der Große von Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. als Geschenk das legendäre Bernsteinzimmer. 1941 wurde die Kostbarkeit von der deutschen Wehrmacht aus St. Petersburg gebracht, und das Original gilt bis heute als verschollen. Seit 1979 arbeiteten russische Experten an einer Rekonstruktion des Bernsteinzimmers. Pünktlich zum 300. Geburtstag der Stadt wurde das Zimmer fertig gestellt, von Präsident Putin und dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder feierlich der Weltöffentlichkeit präsentiert. Seitdem zieht das Bernsteinzimmer Besucher der Stadt in den Katharinenpalast von Zarskoje Selo, um sich dieses Kunstwerk anzuschauen.

Sportliches Aushängeschild der Stadt ist von je her Zenit gewesen. Herz und Seele der Petersburger Fußballfans hängen treu an den Farben Blau und Weiß. So wie sich St. Petersburg als Gegenpol zu Moskau versteht, so gelten auch Zenit und ZSKA Moskau als härteste Konkurrenten.

Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Pinto, Michalke, Meijer, Rolfes, Plaßhenrich, Fiel, Brinkmann, Sichone, Klitzpera, Blank, Straub / Trainer: Dieter Hecking

Zenit St. Petersburg: Malafeev Chirita Vjestica Skrtel Mares Bystrov Denisov (46. Gorshkov) Radimov Sirl (84. Flachbart) Arshavin (74. Hartig) Kerzhakov / Trainer: Vlastimil Petrzela

Tore

1:0 Erik Meijer (25.), 1:1 Vladislav Radimov (38.), 1:2 Gorshkov (76.), 2:2 Stefan Blank (89.)

Verwarnungen

  Sirl (35.),   Moses Sichone (37.),   Denisov (45.),   Sergio Pinto (71.),   Chirita (89.),   Sergio Pinto (90.)

Ecken

9 / 2

Abseits

1 / 5

Schiedsrichter:

Sorin Corpodean

Zuschauer:

25.300 (davon ca. 600 aus St. Petersburg; in Köln)

Wetter:

bedeckt, 0°

Dramatisches Spiel endet 2:2 - Entscheidung vertagt

Cheftrainer Dieter Hecking hatte wie erwartet die gleiche Formation aufgeboten wie beim Kantersieg gegen den TSV 1860 München. Reiner Plaßhenrich war also rechtzeitig wieder fit geworden. Die Kulisse war beeindruckend, über 25000 Zuschauer waren ins RheinEnergieStadion gepilgert und sorgten für die größte Heimspielkulisse der letzten Jahrzehnte. Mit der Südtribüne als schwarz-gelbe Wand im Rücken spielte Alemannia zunächst auf das andere Tor als noch gegen Lille. Und es ging los wie die Feuerwehr.

Alemannia hatte sich vorgenommen, den Gegner aus der 1. russischen Liga von Beginn an unter Druck zu setzen. Das Vorhaben gelang, und zwar besser als sich das wohl vorher jeder gedacht hatte. Der FC Zenit St. Petersburg - von einer stattlichen Anzahl Fans begleitet - war sichtlich beeindruckt und fand sich zunächst auf dem Platz gar nicht zurecht. Bereits in der 4. Minute traf Cristian Fiel nach einer Michalke-Flanke nur die Latte. Nur eine Minute später rutschte Sergio Pinto über den Ball und traf ihn drei Meter vor dem Tor nicht richtig. Wieder war es eine Flanke von Kai Michalke gewesen, der zunächst wieder auf dem rechten Flügel begann. St. Petersburg kam kaum zum Luftholen und erst nach 22 Minuten strich ein Kopfball von Vladimir Bystrov knapp am Pfosten vorbei. Es war die erste Szene für den Gast im Aachener Strafraum.

Die längst verdiente Führung fiel in Minute 25. Sergio Pinto spielte von rechts einen weiten Ball über die gesamte russische Deckung genau in den Lauf von Erik Meijer, der eiskalt vollstreckte. Alemannia spielte weiter nach vorne und während Gästetrainer Vlastimil Petrzela oftmals nur noch ungläubig den Kopf schüttelte, wurden die Teammitglieder auf seiner Einwechselbank immer kleiner. In der 33. Minute legte Stefan Blank nach einer Flanke von links einen Kopfball auf Moses Sichone zurück, doch der traf aus gut zehn Metern nur das Lattenkreuz.

Das Spiel war fantastisch. Erfrischende Kombinationen wechselten mit taktisch geschicktem Stellungsspiel und der Gegner kam kaum zum Luftholen, da die Abwehr der Schwarz-Gelben alles im Griff hatte und immer wieder schnell den Ballbesitz zurück eroberte. Nur in wenigen Situationen konnte man erkennen, wie der FC Zenit gegen Athen hatte so hoch gewinnen können und warum man auch Sevilla am Rande einer Niederlage hatte. Nur die Chancenverwertung der Alemannia ließ zu wünschen übrig, denn nach einer guten halben Stunde hätte die Partie schon entschieden sein müssen. Wie so oft sollte sich das rächen. Gerade als Erik Meijer verletzt am Spielfeldrand behandelt werden musste, eroberte der Gast in Überzahl den Ball im Mittelfeld, spielte einen Steilpass auf den schnellen Aleksander Kerzhakov, der kurz vor der Torauslinie von Moses Sichone zu Fall gebracht wurde. Der rumänische Schiedsrichter Sorin Corpodean entschied auf Strafstoß, den Spielführer Vladislav Radimov sicher verwandelte.

Hektisch wurde es dann noch kurz vor der Pause, als Igor Denisov nach einer Tätlichkeit an Sergio Pinto nach Rücksprache mit den SR-Assistenten (nur) die Gelbe Karte sah. Mit 1:1 ging es in die Pause, ein Witz vom Spielverlauf her. Selten blöde hatte unsere Mannschaft eine völlig verdiente Führung in einer der stärksten Spielhälften in dieser Saison überhaupt aus der Hand gegeben.

Auch nach der Pause war unsere Mannschaft zunächst spielbestimmend, hatte hochkarätige Chancen zum Beispiel durch Stefan Blank (Kopfball an den Außenpfosten, 51.) und Cristian Fiel (Drehstoß über das Tor nach Blank-Einwurf, 60.). Im weiteren Laufe der zweiten Hälfte wurde das Spiel dann allerdings etwas ausgeglichener und der FC Zenit zeigte mit seinen kleinen schnellen Spielern einige gefährliche Konteransätze. Die Führung für den Gast resultierte aber wieder aus einer Standardsituation. Radimov flankte einen Freistoß von rechts in den Strafraum und der zur Halbzeit eingewechselte Alexander Gorshkov nickte ziemlich unbedrängt zum 1:2 ein.

Doch unsere Mannschaft steckte nicht auf und forcierte jetzt noch einmal das Tempo. Neben Willi Landgraf schickte Dieter Hecking mit Chris Iwelumo und Daniel Gomez zwei weitere Stürmer auf den Platz. Und was kaum noch einer für möglich gehalten hatte, gelang tatsächlich. In der 89. Minute entschied der Referee aus Rumänien nach einer ziemlich unübersichtlichen Situation im Gästestrafraum auch hier auf Elfmeter. Stefan Blank ließ sich diese Chance nicht nehmen und zerstörte den Traum des FC Zenit St. Petersburg, bereits mit diesem Spiel die Qualifikation für die nächste Runde zu schaffen. Allerdings war noch lange nicht Schluss, denn die elende Zeitschinderei der Gäste wurde nachgespielt und in den letzten Minuten versuchten beide Teams noch, den Siegtreffer zu erzielen. Doch nun war es einfach zu hektisch auf dem Platz, Foul reihte sich an Foul und mehr als einmal gerieten Spieler, Trainer und der 4. Offizielle aneinander. Leidtragender war Sergio Pinto, der in der Nachspielzeit mit der Ampelkarte vom Platz musste und damit den Schlusspunkt unter eine Begegnung setzte, die man so schnell sicher nicht vergessen wird. Heute hatte eine stimmungsvolle Kulisse tatsächlich europäischen Spitzenfußball gesehen.

Die Rechnung für Alemannia ist nun nach diesem Spiel ebenso einfach, wie die Ausführung schwer werden wird. Um in die nächste Runde einzuziehen, müssen die Schwarz-Gelben in vierzehn Tagen bei AEK Athen gewinnen. Ein Sieg und Alemannia überwintert im UEFA Cup, alle anderen Ergebnisse würden das Aus bedeuten.

Die aktuelle Tabelle:
1. FC Sevilla 3 2 1 0 6:3 +3 7
2. OSC Lille 3 2 0 1 4:3 +1 6
3. Zenit St. Petersburg 4 1 2 1 9:6 +3 5
4. Alemannia Aachen 3 1 1 1 3:4 -1 4
5. AEK Athen 3 0 0 3 4:10 -6 0

Zum Spiel

Wir haben im Vorfeld darüber gesprochen, dass wir ein gutes Spiel machen und erfolgreich sein wollen. Ich glaube, das Erste ist absolut eingetroffen. Alemannia Aachen hat ein hervorragendes Spiel gemacht, nicht nur gekämpft, sondern Fußball gespielt und den Tabellenvierten der russischen Liga in der ersten Halbzeit an die Wand gespielt. Geärgert hat mich der Elfmeter, weil ich da ein klares Foulspiel an Dennis Brinkmann an der Mittellinie gesehen habe, wodurch es dann zu der Kontersituation erst gekommen ist. Aber wenn der Elfmeter nicht gepfiffen wird, haben sie große Schwierigkeiten hier einen Punkt mitzunehmen. Natürlich haben wir auch gewusst, dass wir immer wieder bei Kontern auf der Hut sein müssen. Aber wenn man international in die nächste Runde reinkommen will, dann muss man auch ein Risiko eingehen. Wir sind sehr hohes Risiko gegangen, weil wir immer gegen Arshavin und Kerzhakov hinten eins gegen eins gestanden haben bzw. zwei gegen zwei. Aber ich denke, man hat gesehen, dass das fast aufgegangen wäre. Nach hinten raus bin ich der Meinung, dass wir natürlich nach dem 1:2 ein bisschen die Köpfe haben hängen lassen, weil die Mannschaft gedacht hat: "Oh Scheiße, jetzt haben wir so ein Riesenspiel gemacht und wir werden dafür nicht belohnt. Sie ist dann doch belohnt worden durch einen Elfmeter in der 90. Minute, der für mich absolut verdient war. Wie er zustande gekommen ist, die Szene habe ich auch noch nicht gesehen. Ich denke, wenn der Schiedsrichter pfeift, war es ein Elfmeter. Aber das war mehr als gerecht, dass wir den Ausgleich noch gemacht haben. Es bewahrt uns natürlich alle Möglichkeiten in Athen, die Gruppe zu überstehen, sprich in die nächste Runde einzuziehen. Und das kann ich jetzt schon versprechen: Wir fahren nach Athen, ganz klar, um zu gewinnen, um dann als Gruppendritter oder sogar Gruppenzweiter in die nächste Runde einzuziehen.

Vlastimil Petrzela

Das war kein Spiel. Es erinnerte mich eher an einen Boxkampf. Ich brauche jetzt erst einmal etwas Zeit, diesen Abend zu verdauen. Wir haben eine tolle Saison gespielt. Aber das war heute kein würdiger Abschluss für diese Saison. Zum Spiel zwischen Athen und Aachen möchte ich mich nicht äußern.

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