Bis auf die beiden „Langzeitverletzten“ Stephan Straub und Thomas Hengen stehen Coach Dieter Hecking für das Spiel am Montagabend bei Dynamo Dresden alle Spieler zur Verfügung. „Für mich als Trainer ist das natürlich ein positiver Zustand, das haben wir in dieser Saison noch nicht gehabt“, bemerkt der Übungsleiter.
„Alle sind fit, alle konnten das Programm der letzten Tage absolvieren“, beschreibt Hecking die erfreuliche Situation auf dem Personalsektor. Vor allem die Rekonvaleszenten konnten speziell durch die Einheiten im Trainingslager in Hoenderloo wieder auf einen Stand mit ihren Kollegen gebracht werden. Seit Donnerstag ist sogar Stephan Straub wieder im regelmäßigen Mannschaftstraining, auch wenn dem Keeper nach der langen Pause noch einiges an Belastungsfähigkeit fehlt. Geduld ist angesagt.
Nach dem Trainingslager, dem 9:0-Testspielerfolg in Alsdorf und zwei freien Tagen setzte Hecking das Programm in der vergangenen Woche mit intensivem Training fort. Am Donnerstagnachmittag durften sich einige Spieler schonen und blieben zur Behandlung in der Kabine. „Ob sich die Arbeit ausgezahlt hat, wissen wir erst am Montag“, sagt Hecking. Die Mannschaft soll an die Leistung beim letzten Auswärtsauftritt in Rostock anknüpfen. „Durch das Ergebnis ist ein wenig untergegangen, dass wir dort ein gutes Spiel gemacht haben“, erklärt der Coach. Die Marschroute hat Hecking auch schon parat: Kompakt stehen und in der Vorwärtsbewegung die Chancen konsequent ausnutzen. In den vergangenen beiden Partien mussten die Alemannen stets frühen Rückständen hinterher laufen. Das zu verhindern, dürfte für Dresden eine der vorrangigsten Aufgaben sein.
Aus Dresden ist zu vernehmen, dass Joshua Kennedy und Mariusz Kukielka wegen ihrer Verletzungen nicht auflaufen können. Dynamo hat nach dem Erfolg in der Münchener Allianz-Arena das Anfangstempo nicht ganz halten können. „Da hat jeder gedacht, sie starten durch. Aber sie sind dann nicht mehr richtig in Tritt gekommen“, analysiert Hecking die Situation des Gegners. Auch wenn der Gegner nicht mit der breitesten Brust aufläuft, wissen die Aachener doch, was sie erwartet. So war die Stimmung im Rudolf-Harbig-Stadion bei der 0:2-Niederlage im Frühjahr schon bemerkenswert, obwohl wegen einer DFB-Strafe nur die Sitzplätze verkauft werden durften. Diesmal werden auch die Stehränge im Rund gefüllt sein. „Da muss ich als Spieler wissen, was auf mich zukommt. Die Jungs müssen kühlen Kopf bewahren“, weiß Hecking um die Rolle des Publikums in Dresden.
Für den von vielen Beobachtern vermuteten aufkommenden „Ost-Komplex“ der Alemannia hat Thomas Stehle eine ganz einfache Lösung parat. „Jetzt haben wir drei Mal im Osten verloren, da kann es doch gar nicht sein, dass wir das vierte Spiel auch noch verlieren“, sagt der Innenverteidiger, der bisher alle Begegnungen der Saison absolviert hat. Ein Alemanne dürfte bei der Reise nach Dresden in jedem Fall ein gutes Gefühl haben. Keeper Marcus Hesse kehrt am Sonntag in seine Heimatstadt zurück, auch wenn er noch nie für Dynamo gespielt hat. Der ehemalige Jugendnationaltorwart ist seit über vier Jahren in Aachen und sitzt am Montag auf der Bank.
Wie üblich reist die Mannschaft gleich nach dem Spiel per Bus zurück nach Aachen, um die kurze Zeit bis zum Heimspiel am Freitag optimal zu nutzen. Diesmal soll die Busfahrt allerdings etwas vergnügter werden als zuletzt. Die Alemannen haben sich fest vorgenommen, mindestens einen Punkt an Bord zu haben.
Dieter Hecking zum System
Dieter Hecking zu Dresden
Alexander Klitzpera zu Dresden
Erik Meijer zu Dresden
Thomas Stehle zum Druck
Thomas Stehle zum Spiel
Willi Landgraf zu Dresden
Willi Landgraf zum Spiel
SG Dynamo Dresden: Beuchel, Brinkmann, Cagara, Fröhlich, Kresic, Langen, Ludwig, Oppitz, Oswald, Vorbeck, Wawrzyczek / Trainer: Christoph Franke
Alemannia Aachen: Casper, Landgraf, Meijer, Nicht, Noll, Pinto, Rösler, Schlaudraff, Sichone, Stehle, Sukalo / Trainer: Dieter Hecking
0:1 Jan Schlaudraff (34.), 1:1 Witold Wawrzyczek (36.), 1:2 Sascha Rösler (51.), 1:3 Jan Schlaudraff (78.)
Thomas Stehle (39.), Karsten Oswald (41.), Karsten Oswald (66.), Marco Vorbeck (69.), Ansgar Brinkmann (72.), Dennis Cagara (84.), Tomislav Stanic (85.)
4 / 9
1 / 3
Peter Gagelmann, Kleve, Preuß
16.135 (davon ca. 120 aus Aachen)
Bewölkt, 14 Grad
Die Dresdener haben derzeit viel zu feiern: Ende des Monats wird die restaurierte Frauenkirche eröffnet, nächstes Jahr steht die 800-Jahr-Feier an. Am Montagabend gab es für den örtlichen Zweitligisten allerdings nichts zu jubeln. Die Alemannia entführte die drei Punkte aus dem Rudolf-Harbig-Stadion.
Beide Teams steckten vor dem Spiel in einer ähnlichen Situation. Nach diversen Rückschlägen sollte die Begegnung zeigen, in welche Richtung es geht. Abgesehen von einer Dresdener Chance für Marco Vorbeck nach neun Minuten zeigte aber von Beginn an nur ein Team, dass es unbedingt gewillt war, einen Sprung nach vorne zu machen. Die Alemannia kontrollierte das Geschehen. Und das, obwohl kurz vor dem Anpfiff Reiner Plaßhenrich mit einer Zerrung im linken Oberschenkel passen musste. Für ihn rückte Emil Noll in die Startelf, der in den folgenden 90 Minuten seine beste Saisonleistung ablieferte. Allerdings auf einer ungewohnten Position im halblinken Mittelfeld, da Mirko Casper die Rolle in der Viererkette ohne Probleme ausfüllte.
Kurzum: die Alemannia stand kompakt und sorgte selbst für die Offensivakzente. Drei Ecken von Sergio Pinto sorgten für Gefahr. Erst scheiterte Sukalo an Kresic, kurz darauf jagte Erik Meijer einen Ball knapp am Tor vorbei, dann setzte der Kapitän einen Kopfball knapp drüber. In der 33. Minute platzierte der aufgerückte Casper einen noch leicht abgefälschten Rechtsschuss am Pfosten. Eine Minute später lief die Sache besser. Aus knapp 18 Metern feuerte Jan Schlaudraff die Kugel zur erlösenden Führung in den Torwinkel.
Selten hat man erlebt, dass zwei Traumtore in 180 Sekunden fallen. Die 16.135 Zuschauer im Rudolf-Harbig-Stadion kamen am Montag in den Genuss. Witold Wawrzyczek fiel nach einer kerzengeraden Kopfballabwehr rund 32 Meter vor dem Tor nichts Besseres ein, als den Ball ins Netz zu hämmern. Selbst Alemannia-Keeper Kristian Nicht hatte einen solchen Schuss selten erlebt: „Der Ball war nicht nur hart, sondern hat sich auch noch nach links gedreht“, erklärte er. Auch Coach Dieter Hecking lobte: „Kompliment an beide Schützen.“
Trotz deutlichen Übergewichts ging die Alemannia also mit einem Unentschieden in die Kabine. „Wir wussten selber nicht, warum“, sagte Sascha Rösler. Der Stürmer änderte aber kurz nach der Pause selbst die Situation. Goran Sukalo, am Montag stark im zentralen defensiven Mittelfeld, brachte den Ball nach innen. Rösler brachte die Kugel unter Kontrolle und legte ihn per Drehschuss an Kresic vorbei ins Tor. Beinahe hätte der Blondschopf erhöht, als er eine Abwehr von Kresic per Heber nur um Zentimeter am Tor vorbei legte.
Ab der 66. Minute mussten die unterlegenen Hausherren mit zehn Spielern weitermachen. Karsten Oswald packte bereits vorbelastet die Grätsche aus und wurde von Peter Gagelmann zum Duschen geschickt. Der Schiedsrichter zog sich von da an den Unmut des Dresdeners Publikums zu, weil er vor allem eins machte: Er pfiff die Partie konsequent zu Ende. Spielerisch machte in der Schlussphase nur noch eine Mannschaft von sich reden. Die Alemannia scheitere bei diversen Kontergelegenheiten, ehe Jan Schlaudraff in der 78. Minute auf seine unnachahmliche Art die Entscheidung herbeiführte. Sergio Pinto, unermüdlicher Arbeiter im halbrechten Mittelfeld, legte auf. Schlaudraff machte sich in Windeseile auf und davon, um vor dem Tor auch noch eiskalt über Kresic hinweg zu vollstrecken.
Peter Gagelmann sorgte mit der völlig berechtigten Roten Karte für den eingewechselten Stanic wegen eines „Scheibenwischers“ dafür, dass er in nächster Zeit keine Chance hat, Ehrenbürger von Dresden zu werden. Wie man ein Team wirklich unterstützt, bewiesen die mitgereisten Aachener Fans. Sie feierten die Mannschaft noch beim Auslaufen und musste beim Verlassen des Stadions sogar noch von der Polizei vor den Dresdener Fans geschützt werden. Währenddessen begann die Analyse des Spiels, die recht eindeutig ausfiel. „Alemannia hat hier völlig verdient gewonnen“, musste Dynamo-Coach Christoph Franke eingestehen. Ansgar Brinkmann bekannte fair: „Das hatte auch nichts mit den Schiedsrichterentscheidungen zu tun.“
Für Willi Landgraf war es Zweitligaspiel Nummer 499. Am Freitag geht es gegen die Offenbacher Kickers. Nicht nur ein schweres Spiel, wie Landgraf erklärte, sondern möglicherweise das 500. Spiel für den Aachener Routinier. „Wenn nichts dazwischen kommt, ist das wahrscheinlich“, sagte Hecking.