Fr, 1. März 2024

„Entwicklung der Mannschaften hat oberste Priorität"

Interview mit Alemannia-Jugendleiter Reiner Plaßhenrich

Seit gut einem Jahr ist er wieder zurück im Verein: Ex-Alemannia-Profi Reiner Plaßhenrich hat mit Beginn des Jahres 2023 seine Tätigkeit als Leiter des Nachwuchsbereichs bei den Schwarz-Gelben aufgenommen. Welche Herausforderungen ihn in dieser Position Tag für Tag erwarten, was ihn motiviert und welche Ziele er sich für die Zukunft gesetzt hat, das hat der 47-Jährige uns im Echo-Interview verraten. 

Reiner Plaßhenrich, erst einmal vorweg: Wenn du an Alemannia Aachen denkst, was geht dir da spontan durch den Kopf?

Die Alemannia ist der größte Verein in der Region. Klar, wir haben in der Vergangenheit viele Erfolge gefeiert, an die wir uns auch alle gerne zurückerinnern, aber im Prinzip ist das Schnee von gestern. Entscheidend ist das Hier und Jetzt und wir müssen viel Arbeit investieren, damit der Verein irgendwann wieder da hinkommt, wo er einmal war.

Du hast bei der Alemannia bereits viele Aufgaben übernommen, warst Spieler, Nachwuchsleiter und -trainer, hast aber auch die erste Mannschaft betreut. Gab es einen Abschnitt oder einen Moment, der dir da am meisten in Erinnerung geblieben ist?

Da bringt jede Situation ihre eigene Geschichte mit. Es ist schwierig, etwas herauszupicken. Jede Position, die ich bekleidet habe, hat ihren eigenen Anreiz gehabt. Mit Blick auf meine erste Zeit in der Jugendarbeit muss ich sagen: Von den Strukturen, die ich damals als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums mit aufgebaut habe und nutzen konnte, ist leider nicht mehr viel übriggeblieben. Deswegen fängt man da jetzt ungefähr wieder bei null an.

Wer oder was hat dich denn dazu bewogen, den Posten als Nachwuchsleiter zu übernehmen und diese schwere Aufgabe, die du beschreibst, anzugehen?

Ich habe nie ausgeschlossen, irgendwann wieder für Alemannia zu arbeiten. Dementsprechend ging es auch recht schnell, als unser Geschäftsführer Sascha Eller mich kontaktiert hat und wir über ein neuerliches Engagement von mir gesprochen haben. Während der Gespräche war für mich schnell klar, dass ich wieder richtig Lust darauf habe, etwas für die Alemannia zu machen.

Gibt es konkret etwas, was du mit deinem Team seit deinem Amtsantritt schon verändern oder bewirken konntest?

Ich muss sagen, dass ich mich gerade in meinem ersten halben Jahr kaum mit Fußball beschäftigen konnte. Da ging es viel um Strukturierungsmaßnahmen, die ich angehen musste. Da ich nicht nur für die Jugendabteilung, sondern auch für die Fußball-Akademie zuständig bin, habe ich mich zum Beispiel auch um die Bildungszugabe der StädteRegion gekümmert, die unsere Angebote für Schülerinnen und Schüler fördert. Zudem bin ich auch in die Schulen und Kitas hineingegangen, um dort auf unsere Fußballcamps und unsere Jugend aufmerksam zu machen. 

Wie können wir uns darüber hinaus deine Aufgaben als Leiter der Jugend vorstellen? Mit wem stehst du in engem Austausch?

Unser oberstes Ziel als Nachwuchsabteilung besteht darin, unsere Mannschaften mit Blick auf die Juniorenmannschaften von Bundes- oder Zweitligisten weiter konkurrenzfähig zu machen. Das bedeutet, dass mein Team und ich dafür sorgen möchten, dass wir in den Trainerstäben die nötige Qualität haben. Dies impliziert auch, dass wir eine gute Bindung zwischen Trainer und Mannschaft aufbauen wollen. Zudem möchten wir natürlich so viele Spieler wie möglich an die Erste Mannschaft heranführen und ihnen somit innerhalb ihres Ausbildungsvereins eine Perspektive aufzeigen.

In engem Austausch stehe ich mit meiner rechten Hand, Yannik Böhr (stellvertretender Leiter des Nachwuchsbereichs, Anm. d. Red.). Der ist auch mit viel Enthusiasmus dabei und investiert eine Menge Zeit in die Arbeit bei der Alemannia, obwohl er nur einen Teilzeit-Job hat. Das ist auch eine Sache, die ich in Zukunft gerne ändern möchte, denn auch im Strukturbereich ist es wichtig, Talente, wie Yannik, zu binden. Bekanntermaßen wird gute Arbeit schnell auch von anderen gesehen. Wenn wir vernünftige Jugendarbeit machen wollen, brauchen wir Kontinuität und können es uns nicht leisten, immer wieder von vorne anzufangen. Wir brauchen ein voll ausreizbares Team, das sich ausschließlich auf die eigene Arbeit konzentrieren kann. Denn wenn wir vernünftige Jugendarbeit machen wollen, muss auch immer jemand da sein, der sich um die Belange der Jugend kümmert.

Du sprichst das Ziel Konkurrenzfähigkeit an. Damit geht höchstwahrscheinlich auch einher, dass die Alemannia in Zukunft wieder über ein Nachwuchsleistungszentrum verfügen möchte, richtig?

Ich sage mal so: Wir arbeiten darauf hin. Wir, das heißt auch die Trainerteams der Jugendmannschaften, dokumentieren laufend unsere Fortschritte, die wir vorweisen müssen, um die Voraussetzungen für ein NLZ zu erfüllen. Dazu muss man aber auch sagen, dass seit einer kürzlichen DFB-Reform nur Vereine ein NLZ anmelden können, deren U17 und U19 zusammen mindestens fünf Jahre am Stück in einer Junioren-Bundesliga gespielt haben. Das bedeutet, eines der beiden Teams muss während dieser Frist auf jeden Fall erstklassig sein. Diese Marke müssen wir erst noch erreichen.

Da seid ihr auf einem guten Weg, denn die U19 der Alemannia spielt als Aufsteiger in der Bundesliga bisher eine solide Runde, die U17 ist aktuell oben in der Mittelrheinliga mit dabei. Wie bewertest du die Entwicklung dieser beiden, aber auch der jüngeren Jugendteams aktuell?

Die Entwicklung der Mannschaften hat oberste Priorität. Wir versuchen, die Intensität im Training und im Spiel stetig zu erhöhen, das geht bei den ganz Kleinen los. Wir müssen das, was die Alemannia schon immer ausgezeichnet hat, nämlich dass Fußball gearbeitet wird, auch in unsere Jugendarbeit implementieren. Was die oberen Jugendteams betrifft, muss unser Anspruch wie schon gesagt sein, jeweils in der höchsten Liga zu spielen. Dieser Zustand stellt für die Jungs auch die beste Ausgangssituation dar, um bestmöglich auf die jeweils neue Altersklasse vorbereitet zu sein und ein Top-Niveau zu erreichen.

Kommen wir noch einmal auf dich persönlich zurück: Was motiviert dich für deine tägliche Arbeit? Brauchst du überhaupt Motivation von außen?

Ich würde sagen, Motivation habe ich genug. Wer mich kennt, weiß, dass ich schon immer ein Arbeiter gewesen bin und immer selbst mit anpacke. Das sieht man zum Beispiel auch an den Grundschul- oder Jugendturnieren, die ich gemeinsam mit Yannik organisiert habe. Da haben wir wieder einmal gemerkt: Bei Alemannia lernst du alles. Du sitzt nicht nur am Schreibtisch, sondern musst auch richtig zupacken. Denn die zahlenmäßige Power, die wir früher mal im Verein hatten, die ist heute so nicht mehr gegeben. Wir sind als Leiter der Jugend gerade nur zu zweit, das ist absolut kein Zuckerschlecken. Es gibt außerdem noch zahlreiche Punkte, die wir verbessern müssen. Die Aufwertung der materiellen und personellen Infrastruktur ist da so eine Sache. Wir brauchen geeignete Plätze für die Jugend, wir brauchen einen Kraftraum, wir brauchen Videoanalysesysteme, wir brauchen mehr Sponsoren für den Nachwuchs. Zudem – das habe ich schon erwähnt – brauchen wir gut ausgebildete Trainer. Dazu gehört beispielsweise auch ein Mentaltrainer, der den Jungs den Druck nimmt, der durch Schule und Fußball auf ihnen lastet. Auch so etwas wie ein eigener Social-Media-Auftritt für den Nachwuchsbereich würde uns weiter professionalisieren. Diese vielen Aufgaben motivieren mich Tag für Tag.

Wagen wir zu guter Letzt einen Schwenk zurück zur Ersten Mannschaft, die du in der laufenden Saison auch für zwei Spiele interimsweise gecoacht hast. Inwieweit verfolgst du das Team und spielt das in deinem Arbeitsalltag eine Rolle?

Ich verfolge es, aber für mich geht es um die Jugend. Klar muss man festhalten, dass es der große Wunsch aller inklusive mir ist, dass die Erste Mannschaft jetzt aufsteigt, da irgendwo auch alles mit ihr steht und fällt. Je erfolgreicher die sind, desto mehr profitieren auch wir mit der größten Jugendabteilung in der Region davon. Aber für mich gibt es in meinem Job aktuell genug zu tun, um mich damit groß zu beschäftigen. Die Stellschrauben, an denen es zu drehen gilt, die habe ich ja bereits angesprochen.

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